Waisenjunge. Harald Skrobek

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Waisenjunge - Harald Skrobek

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gebrauchen zu können, darunter auch etwas Proviant, in einen Sack und verließ heimlich das elterliche Haus. In seiner Kammer hinterließ er folgenden Brief an seine Mutter:

      „Liebe Mutter,

       es tut mir leid, dass ich Dir das antue. Hoffentlich verzeihst Du mir!

      Vaters Wunsch, mich nach Yale zu schicken, um dort Theologie zu studieren, kann ich nicht erfüllen. Ich werde niemals ein solcher Theologe wie er. Ich kann nicht glauben, dass unser Leben allein aus Arbeiten und Beten bestehen soll und unser Gott zornig wird, wenn wir mal lachen und „unnütze“ Dinge tun.

       Ich will, solange ich jung bin, die tosende See und die unendliche Weite unseres Kontinents kennen lernen. Sucht mich nicht! Ich komme schon zurecht! Ich schreibe Euch sobald ich kann!

       Viele Grüße an Vater und meine Geschwister

       Dave“

      Er ging im Laufschritt zum Hafen. Dort stieg er frech in einen Kutter ein, der die halb besoffene Besatzung des Klippers Savannah an Bord brachte. Die Kutterbesatzung glaubte, er gehöre zur Besatzung des Klippers und umgekehrt. Keiner kümmerte sich um ihn. Es gelang ihm mühelos, unbemerkt an Bord des Klippers zu kommen, wo er sich im Laderaum hinter mehreren Waren-Ballen versteckte.

      Als es begann, hell zu werden, hörte er die Ankerkette rasseln, Segelsetz-Kommandos ertönten, und das Schiff setzte sich in Bewegung. Eine ganze Zeit später, als er sicher war, dass eine Umkehr nicht mehr in Frage kam, krabbelte er aus seinem Versteckt hervor.

      Der Bootsmann schleppte ihn sogleich zum Kapitän, der von der Mannschaft nur der Red Beart genannt wurde. Dieser schaute den blinden Passagier verblüfft aber angesichts seines angenehmen Äußeren interessiert an.

      „Von zu Hause weggelaufen? Hast wohl was angestellt? Wie heißt du?“

      Dave fuhr der Schalk in den Nacken. Er deutete den wohlwollenden Blick richtig und platzte fröhlich heraus:

      „Ich heiße Tom Blacksmith. Mein Vater wollte, dass ich meine Tante heirate. Dazu hatte ich keine Lust.“

      Der Skipper und der Bootsmann sahen sich an, dann mussten sie ob dieser Unverfrorenheit herzlich lachen. Red Beart erinnerte sich, dass er mit 15 auf ähnliche Art Schiffsjunge geworden war.

      „Also gut, Schiffsjunge Tom Blacksmith, willkommen an Bord! Der Bootsmann soll dir deine Koje zeigen und der Smutje dir etwas zu beißen geben, dann meldest du dich wieder bei mir. Meinst du übrigens, Blacksmith klinge glaubwürdiger? Also, wennschon falsch, dennschon falsch! Du heißt ab jetzt Tom Smith, und damit basta!“

      *

      Im Hause Andrews wurde Daves Abschiedsbrief unterschiedlich aufgenommen.

      Sarah versetzte er einen Stich; sie glaubte, ihr Herz würde aufhören zu schlagen. Tränen traten ihr ungehemmt in die Augen. Nach dem ersten Schock ruhiger geworden, musste sie sich aber eingestehen, dass sie seinen Weggang erahnt hatte. „Hoffentlich ergeht es dir gut, mein lieber Sohn“, stammelte sie immer wieder vor sich hin.

      Joshua fühlte sich in seinen Stolz verletzt. Hatte er nicht das Beste für seinen Sohn gewollt? Er schalt ihn, ein undankbarer, verbohrter Mensch zu sein. Er solle mal sehen, wie es ihm, dem unreifen Knaben in der Fremde ergehen wird. Schließlich kam seine Mutter ja auch reumütig in den Schutz der Familie zurück.

      Esther durfte ihre Gefühle als verlassene Geliebte nicht nach außen zeigen. Sie täuschte Migräne vor. Allein auf ihrem Zimmer musste sie sich allerdings eine Mitschuld an seiner „Flucht“ eingestehen. Sie weinte größtenteils aus gekränkter Eitelkeit.

      Die jüngeren Geschwister merkten Daves Weggang erst richtig, als ihnen seine Fröhlichkeit, seine Albernheiten und Späße fehlten. Ihr Haus war leerer geworden.

      *

      Kapitän Red Beart hieß in Wirklichkeit William (Bill) McIntosh, war 38 Jahre alt, schottischer Abstammung, hatte eine untersetzte Figur, Hände so groß wie Bratpfannen und trug lange offene Haare und einen elegant gestutzten roten Bart. Als Tom alias Dave wieder vor ihm stand, saß er hinter seinem Schreibtisch, hatte Seekarten und Seemannsbesteck vor sich und einen Zirkel in der Hand.

      „Erzähl mal von dir. Wie alt bist du? Was hast du gelernt? Kannst du lesen, schreiben, rechnen? Etwas Handwerkliches? Deinen Händen nach zu urteilen, hast du dir noch nie die Finger schmutzig gemacht!“

      Dave merkte, dass es nun mit der Alberei vorbei war.

      „Ich bin 15 Jahre alt.“

      „Erst 15, der Größe nach zu urteilen, siehst du aus wie 17,“ wunderte sich der Skipper.

      „Ich habe Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt. Ich kann zeichnen und Flöte spielen.“

      „So, rechnen kannst du?“ – Der Skipper blickte kurz auf das Papier, auf dem Entfernungen und Zeiten ihrer Fahrt standen, und stellte Dave eine der Additionsaufgaben, die er eben selbst gelöst hatte. Er erwartete, dass dieser sich allein die vierstelligen Zahlen nicht werde merken können, geschweige denn fähig war, die Aufgabe im Kopf zu lösen. Als Dave ihm fast augenblicklich das Ergebnis nannte, war er sprachlos. Er begann zu ahnen, dass er es hier mit einem rohen Diamanten zu tun hatte.

      „Aber jetzt Spaß beiseite! Warum bist von zu Hause abgehauen?“

      Dave musste, so unter Druck gesetzt, mit der Wahrheit herauszurücken. Außerdem gefiel ihm der Kapitän und dessen Art zunehmend gut, so dass er hoffen konnte, Verständnis zu finden.

      „Mein Vater ist ein streng puritanischer Pastor. Er wollte mich nach Yale schicken, wo ich wie er Theologie studieren sollte. Ich mag nicht, mein Leben so freudlos wie er verbringen.“

      Red Beart gefiel der Junge immer besser. „Hm!“ kommentierte er nur!

      „Du sagtest vorhin, du könntest Flöte spielen. Hast du sie dabei?“

      Dave musste zu seiner Schlafkoje laufen, um die Flöte zu holen.

      „Spiel mal was vor,“ forderte der Skipper ihn auf.

      Dave spielte eine Melodie, die er im Hafen aufgeschnappt hatte. Der Skipper holte seinerseits eine Geige hervor und wiederholte Daves Melodie, dann spielten beide im Duett, wobei sie sich gegenseitig darin überboten, die Grundmelodie auszuschmücken.

      „Ich kann dir hier an Bord kein Zuckerschlecken versprechen. Du musst arbeiten wie die anderen 40 Mann auch, aber auf dein Rechentalent und dein Flötespielen, komme ich noch zurück. Melde dich beim Bootsmann mit einem schönen Gruß von mir und lass dir von ihm die einzelnen Stationen des Schiffs zeigen und erklären und dir von ihm einen Posten zuteilen“

      Aus der Tatsache, dass die Unterredung beim Skipper so lange gedauert hatte und beide zusammen Musik gemacht hatten, zog der Bootsmann die richtigen Schlüsse. Er führte Tom ohne innere Begeisterung, weil er schließlich noch anderes zu hatte, auf dem Schiff herum. Er teilte ihn vorerst dem Bordzimmermann zu.

      *

      Die Savannah war ein schnittiges, schnelles Segelschiff mit drei Masten. Sie hatte Tabak geladen und wollte diesen nach Bristol in England verfrachten. Sie segelte mit raumem Wind der Stärke 5 nach Nordwesten. Tom

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