Waisenjunge. Harald Skrobek

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Waisenjunge - Harald Skrobek страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Waisenjunge - Harald Skrobek

Скачать книгу

Jonny teilte mit ihm die Begeisterung für die Wälder, die Prärie und vor allem den Sternenhimmel.

      Jonny war ein Halbindianer. Von seiner Apachen-Mutter hatte er jedoch rein äußerlich nur das schwarze, kräftige Haar und den etwas dunkleren Teint geerbt. Die sich inzwischen in seinem Haar ausbreitenden grauen Strähnchen und die infolge des Aufenthalts im Freien ohnehin frische Gesichtsfarbe ließen ihn aber wie einen jener weißen Waldläufer und Trapper aussehen. Man musste schon um seine Herkunft wissen, um an ihm indianische Züge zu erkennen.

      Jonny wuchs bis zu seinem 15. Lebensjahr im Südwesten von Texas bei den Apachen auf. Er lernte dort vor allem Jagen und Kämpfen. Da Texas damals eine mexikanische Provinz war, lernte er neben seiner Muttersprache zunächst einige Brocken Spanisch, erst später die Sprache seines Vaters Englisch, eigentlich Texanisch. Alle Versuche mexikanischer Missionare, ihn zum Christen zu machen, schlugen fehl. Er glaubte immer noch an „Manitu“, den großen Geist des Universums. Wenn er neben Dave auf der endlosen Prärie unterwegs war, brachte er diesem zunächst seine Muttersprache dann sein gebrochenes Spanisch bei, um ihm schließlich auch von Manitu zu erzählen. Bei dem puritanisch-christlich indoktrinierten Dave lösten diese Erzählungen Gedanken aus, wie sie sein Gehirn schon immer vergeblich gesucht aber nie gefunden hatte.

      *

      Ihre Einheit überfiel jetzt vorwiegend feindliche Nachschub-Verbände, verlegte in gegnerischen Aufmarschgebieten Minen, sprengte weit im Norden Gleise sowie Eisenbahnen in die Luft. Ihr größter Coup war der Überfall auf ein Gefangenenlager in Ohio. Sie töteten die Wachmannschaft, befreiten über tausend gefangene Kammeraden und machten das Lager dem Erdboden gleich. Leider hatten sie dabei auch eigene Verluste zu beklagen; acht Mann darunter der Leutnant. Dave wurde ersatzweise zu seinem Nachfolger ernannt.

      Hatten die Armeen der Konföderierten, trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit bisher im Krieg die Initiative inne, änderte sich das nach der Niederlage von General R. E. Lee bei Gettysburg. Der Norden warf nun seine zahlenmäßige personelle und ausrüstungstechnische Überlegenheit ohne Rücksicht auf eigene Verluste erfolgreich in die Waagschale. Die Jäger wurden nun zu Gejagten.

      Daves Einheit operierte in West Virginia und versuchte den Nachschub der Unionstruppen zu stören. Beim Versuch eines Überfalls auf einen Bahnhof gerieten sie zum ersten Mal in einen Hinterhalt. Sie mussten fliehen, was die Pferde hergaben. Um den Verfolgern zu entgehen, verabredeten sie einen Treffpunkt und versuchten anschließend, einzeln zu entkommen. Dave schüttelte seine Verfolger ab und gelangte bei seiner Flucht über die Grenze nach Pennsylvania.

      Es wurde schon dunkel, als Dave auf einer ausgedehnten Waldlichtung eine kleine Farm entdeckte. Er näherte sich vorsichtig. Als er auf den Hof ritt, trat eine Frau aus der Eingangstür. Sie mochte Ende 30 sein, trug eine graue Kleidung und ein Graues Häubchen auf dem Kopf. ‚Typisch Quäkerin‘ kam es Dave in den Sinn. Sie schaute ihn misstrauisch an, erst recht seiner Uniform wegen. „Ich bin auf der Flucht“, sagte Dave einer inneren Eingebung folgend. Ihr Gesichtsausdruck entspannte sich. „Wir sind vor Gott alle gleich,“ sagte sie ein wenig salbungsvoll. „Wir Quäker kennen keine Feinde“, fügte sie hinzu.

      Sie rief etwas ins Haus hinein und es erschienen zwei junge Frauen. Sie sahen der Älteren ziemlich ähnlich, mochten 19 und 18 sein und trugen ebenfalls graue Kleider, allerdings andersfarbige Häubchen. ‚Ihre unverheirateten Töchter‘, fuhr es Dave durch den Kopf. Die Mutter gab den Töchtern Anweisung, Daves Pferd zu versorgen und bat ihn, ins Haus zu treten. Dave folgte erleichtert.

      Die Frauen waren gerade dabei, zu Abend zu essen. Ein karges Mahl! Die Mutter wies die jüngere Tochter an, Fleisch herbeizuschaffen, wohl um den Gast etwas Kräftiges aufzutischen. Sie benahmen sich ihm gegenüber ausgesprochen reserviert. Jede hielt den Blick gesengt, kein neugieriges und unnützes Wort. Das Mahl verlief hauptsächlich still und schweigend, so, als ob sie sich bei Gott entschuldigten, dass sie etwas von seinen Vorräten verzehrten.

      Sie wiesen ihm einen Schlafplatz in der Scheune neben seinem Pferd an. Dave war mehr als müde. Er hatte sich gerade auf einem Bündel Heu bequem gemacht, als die Scheunentür leise aufging. Dave reagierte sofort und griff nach seinem Colt. Eine Frau im Nachthemd und gelöstem Haar näherte sich zögernd. Ihren Bewegungen nach musste es sich um die Mutter handeln. Dave mochte das gar nicht glauben, denn gerade sie hatte sich besonders prüde gegeben. Ohne ein Wort zu sagen, lege sie sich zu ihm. Sie zitterte vor Erregung und Begierde. Bei Dave wurden Erinnerungen wach, doch, sexuell ausgehungert wie er war, dachte er nicht weiter drüber nach. Angesichts ihres ungestümen Begehrens und seiner eigenen Erregung vergaß er glatt die raffinierten, von Prostituierten erlernten Praktiken. Er ließ sich einfach von seinen Gefühlen treiben. Die Frau, die unter ihm lag, entpuppte sich als heißer Vulkan. Sie bewegte sich ekstatisch und stöhnte so laut, dass Dave fürchtete, das Scheunendach käme herunter. Nach dem dritten Liebesakt fiel er ermattet in den Schlaf.

      Es sollte ein kurzer Schlaf werden. Er wurde wieder geweckt. Die Frau, die jetzt neben ihm lag, roch jünger und fühlte sich jünger an. Später begehrte auch noch ihre jüngere Schwester seine Männlichkeit. Zum Glück waren die Töchter leichter zufrieden zu stellen, als ihre Mutter.

      Als Dave aufwachte, stand die Sonne schon voll am Himmel. Das Frühstück verlief so schweigend wie das gestrige Abendessen. Keine der Frauen sah ihm ins Gesicht. Sie taten so, als ob in der Nacht nichts geschehen wäre. Allerdings, später fand er seinen Proviantbeutel prall gefüllt vor. Obenauf lagen drei Rosen.

      Dave taumelte auf sein Pferd. Er hatte Schwierigkeiten, wach zu bleiben und war froh, am Treffpunkt seine Kameraden wiederzusehen. Er traf als Letzter ein. Über seine nächtlichen Erlebnisse sagte er kein Wort.

      *

      Sie hielten Kriegsrat ab. Für eine Fortführung des Kampfes fehlte ihnen genügend Gewehr-Munition. Sprengstoff und Spreng-Minen hatten sie gar keine mehr. Angesichts dieser Tatsachen entschloss sich der Hauptmann schweren Herzens, die Gruppe aufzulösen. Die meisten Männer wollten sich in ihre Heimatstaaten Virginia, Nord und Süd Carolina durchschlagen, die Texaner, nämlich der Hauptmann und der Scout, zog es nach Texas. Den beiden schloss sich Dave an. Der Trupp durchquerte noch zusammen den Staat Ohio, an der Grenze zu Kentucky trennten sich ihre Wege. Dave gab den Kollegen ein Bündel Briefe an seine Mutter mit.

      Robin, Jonny und Dave folgten dem Ohio Fluss an dessen nördlichem Ufer flussabwärts. Sie gingen vorsichtig vor. Bevor sie einen Landstrich unter die Hufe nahmen, sondierten sie zunächst die Lage ausgiebig durch das Fernglas. An der Grenze zu Indiana schlugen sie die westliche Richtung ein. Sie überquerten den Wabash bei Vincennes. Hier in Illinois steuerten sie St. Louis an.

      Indiana und Illinois waren vom Krieg unberührte, wenig besiedelte Unions-Staaten. Sie genossen die friedliche, fruchtbare Landschaft. Direkt hinter Vincennes stießen sie auf einen mittelgroßen Planwagen. Er gehörte einem reisenden Händler. Der Mann mochte knapp 50 sein und machte trotz seines jovialen Gesichts einen resoluten, wehrhaften Eindruck. Er wurde von seinen beiden erwachsenen Söhnen, die beide aussahen wie der Vater, begleitet. Jeder der Drei hatte ein schussbereites Gewehr zur Hand und beäugte misstrauisch die heruntergekommenen Soldaten in Süduniformen. Erst als Robin ihnen mit der Offenheit eines texanischen Aristokraten erklärte, für sie sei der Krieg vorbei und sie seien auf dem Weg nach Texas, sicherten diese ihre Gewehre und entspannten sich.

      Beide Seiten kamen nach einer gemeinsamen Mahlzeit und einem kräftigen Schluck Whiskey überein, zusammen zu reisen. Der Händler führte vor allem Ausrüstung für Büffeljäger. Das bot den Südstaatlern die Gelegenheit, ihre Uniformen los zu werden und sich in Jäger zu verwandeln. Der Händler nahm ihre drei Henry-Gewehre samt Bajonett, das Kavallerie-Pferde-Zaumzeug und das, was er von den Uniformen noch für wiederverkaufsfähig hielt, in Zahlung. Sie erstanden zwei Bison-Büchsen samt Munition, zwei Bowie-Messer, drei komplette Kleider-Ausrüstungen sowie Pferde-Zaumzeuge, wie Bisonjäger sie trugen beziehungsweise führten.

Скачать книгу