Spaghetti extra scharf. Vera X

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Spaghetti extra scharf - Vera X

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bediente mich die Verkäuferin in der Damen-Wäscheabteilung. Wahrscheinlich hielt sie mich für einen aufmerksamen Liebhaber, der seiner Freundin zum Geburtstag die passenden Dessous schenken wollte. Ein richtig süßer Bengel. Sie konnte nicht ahnen, dass ich in Wirklichkeit ein böser Bube war, der gerade für seinen nächsten Raubzug die nötigen Utensilien zusammensuchte. Keiner, den Mütter als potentiellen Schwiegersohn in Erwägung ziehen würden. Eher taugte ich als Steilvorlage für Alpträume in einer von Sturm und Gewitter geschüttelten Nacht. Dabei schämte ich mich kein bisschen.

      Etwa einen Monat danach. Als ich am Morgen in den Spiegel sah, blickte mich daraus eine rotblonde Schönheit mit lockigem Kurzhaarschnitt an. Der beige Minirock passte gut zu der weißen Bluse mit dem Rüschenkragen. Ich hatte mir die üppige Beinbehaarung abrasiert. Um meine langen schlanken Beine hätte mich jede Frau beneiden können. Die rot lackierten Fußnägel machten sich gut in den perlenbesetzten Sandaletten. Bei meinen eins achtzig hätten hochhackige Schuhe albern ausgesehen. Und damit konnte ich nicht so schnell weglaufen. Aber ich sah auch so umwerfend aus. Von wegen, nichts gelernt.

      Noch einmal versuchte ich mich an dem femininen Gang, den ich in den letzten Tagen oft geübt hatte. Ich nahm eine große Umhängetasche und machte mich wieder auf den Weg zum Bahnhof.

      Es war nicht viel los an diesem Morgen. Außer mir saß nur noch ein junger Mann im Zugabteil. Ich ahnte schon, dass ich mit dem Ärger haben würde. Der Typ starrte dauernd zu mir herüber.

      Ich puderte mir die Nase, die vielleicht etwas zu spitz und zu lang geraten war. Man kann nicht alles haben. Im Rückspiegel beobachtete ich die lüsternen Blicke, die der Kerl in meine Richtung schickte. Unverschämtheit!

      Als ich in Untereschenbach aus dem Zug stieg, folgte er mir und versuchte tatsächlich, mich mit dummen Sprüchen anzumachen.

      „Na Süße, wie wär's mit einem Date? Mein Sternbild ist der Stier.“

      Und ich muss gleich kotzen, dachte ich. Am liebsten hätte ich dem Blödmann mein Knie in den Bauch gerammt. Aber eine Dame tut das nicht. Außerdem konnte ich gerade kein Aufsehen brauchen.

      Ich lief die Hauptstraße entlang, immer gefolgt von meinem Casanova. Am Marktplatz umrundeten wir zweimal den Brunnen mit der Figur, die genauso lächerlich aussah wie der Typ hinter mir. Dann traf ich eine Entscheidung. Ich lief hinüber zur Sparkasse und betrat den Schalterraum. Mein Casanova folgte mir auch dorthin und hörte nicht auf, mir unmoralische Angebote zu machen.

      Sein Gesichtsausdruck hätte nicht verblüffter aussehen können, als ich plötzlich aus der Tasche eine Pistole zog und sie auf ihn richtete. Die leicht gebräunte Gesichtsfarbe verblasste. Schade um die Zeit auf der Sonnenbank.

      Und diese Pistole war echt. Eine alte Armeewaffe, die ich von meinem Großvater geerbt hatte neben anderem altem Plunder. Die Spielzeugpistole besaß ja mittlerweile mein kleiner Neffe.

      Nie hätte ich gedacht, dass dieses alte Ding noch funktionieren könnte. Und dass die Pistole womöglich geladen war, kam mir erst recht nicht in den Sinn.

      Ich zielte auf meinen Verehrer und warf der Kassiererin eine Plastiktüte hin. Ein paar Stimmlagen höher herrschte ich sie an: „Das Geld her! Schnell! Sonst puste ich ihm das Hirn weg!“

      Viel war da allerdings nicht wegzupusten.

      Die Kassiererin legte bereitwillig Geldscheinbündel zusammen und reichte sie mir heraus.

      „Nur die Scheine? Oder auch die Münzen?“

      „Nur die Scheine, Dummerchen!“, piepste ich zurück.

      Eine Kundin betrat plötzlich den Schalterraum. Damit hätte ich eigentlich rechnen sollen. Ich muss wohl eine unvorsichtige Bewegung mit der Hand gemacht haben. Zum Glück riss ich dabei auch den Arm nach oben. Der Schuss traf die Deckenbeleuchtung und ein Konfettiregen aus Plastik prasselte auf meinen Kopf herunter.

      Mein Casanova hatte sich in Erwartung eines leichteren Todes auf den Boden geworfen. Mädels gucken war vorläufig aus.

      Der Schreck war allen in die Glieder gefahren, einschließlich meiner Wenigkeit. Schnell packte ich die Plastiktüte mit dem Geld und rannte nach draußen. Durch die kleine Seitenstraße lief ich in einem Affenzahn zum Bahndamm. Hinter meinem Lieblingsbusch versteckt musste ich mich erst einmal beruhigen. Fast wäre ich bei dieser Aktion zum Mörder geworden. Tief Luft holen, Rudi. Ist noch mal gut gegangen.

      Bald hatte mein Blutdruck wieder zu sich gefunden und ich war wieder die alte coole Socke. Ich legte Minirock und Bluse ab. Die Herrenunterhose, die darunter zum Vorschein kam, stand in krassem Gegensatz zu dem Büstenhalter mit den üppigen Schaumstoffbrüsten. Der Verschluss machte Probleme. Das verdammte Ding klemmte, und ich hatte einige Mühe, mich daraus zu befreien. Frau zu sein war doch anstrengend. Für heute reichte es.

      Wie beim ersten Mal legte ich alle Sachen auf das Geld in der Plastiktüte. Die Plastiktüte verschwand in der Umhängetasche. Ich benahm mich bereits wie ein erfahrener Räuber. Übung macht halt aus einem Anfänger den Meister.

      Diesmal fuhr ich erst mit dem Bus nach Obereschenbach. Vom Fenster aus konnte ich bald die Polizeifahrzeuge sehen, die in entgegengesetzter Richtung mit Blaulicht in einem rasenden Tempo an uns vorbeifuhren. Sie hatten sogar einen Kleinbus mit zwei Schäferhunden mitgebracht.

      In einer Zeitschrift las ich einmal, dass Windhunde eine Höchstgeschwindigkeit von siebzig Stundenkilometern erreichen. Wahrscheinlich mit einem kräftigen Tritt in den Hintern. Aber das hier waren nur zwei vollgefressene Polizeihunde. Die konnte bestimmt niemand dazu bewegen, bis in den nächsten Ort hinter einem Bus herzuhechten. Ich fühlte mich sicher. Entspannt lehnte ich mich im Sitz zurück und genoss die malerische Aussicht.

      Erst am Spätnachmittag nahm ich den Zug nach Hause, nachdem ich noch Lebensmittel für das Abendessen eingekauft hatte. Zu meiner großen Freude führte mich der Weg zum Bahnhof an der Polizeidienststelle von Obereschenbach vorbei. Die Lösung ist oft zum Greifen nah.

      Wenn ich ehrlich bin, fühlte ich mich doch erleichtert, als ich wieder in meinen eigenen vier Wänden war. Diesmal holte ich sechzigtausend Deutsche Mark aus meiner Plastiktüte. Das übertraf meine Erwartungen. Immerhin stammte das Geld aus einer kleinen Sparkassenfiliale. Das musste ich erst einmal sacken lassen.

      Zur Feier des Tages machte ich mir mein Lieblingsessen: geröstetes Landbrot mit Tomaten, Mozzarella und viel Knoblauch. Dazu löffelte ich aus der Dose Ravioli in Tomatensoße. Einfach lecker.

      Hinterher betrank ich mich mit einer Flasche Wein und gratulierte mir selbst zu diesem gelungenen Raubzug. In Gedanken schmiedete ich Pläne für die Zukunft. Mich als Maskenbildner selbstständig zu machen, das war mein großer Traum. Mit der >Kohle< im Hintergrund als Rückversicherung konnte es vielleicht klappen. Ich befand mich wieder auf der Sonnenseite des Lebens. Was sollte da noch schiefgehen.

      Die Kleidungsstücke, die ich bei meinem Raubzug getragen hatte, warf ich wieder in die Mülltonne und legte das Geld hinter den losen Ziegelstein im Keller. Ich kam mir schon vor wie ein richtiger Bankier mit eigener Bank. Bei Bedarf würde ich mir selbst Kredit geben. Und zwar ohne große Formalitäten.

      Von der Pistole mochte ich mich nicht trennen. Immerhin hatte ich sie von meinem Großvater. Jetzt hing auch noch eine Geschichte daran, die ein glückliches Ende gefunden hatte.

      Am nächsten Tag bewunderte ich in der Zeitung das Foto einer schönen, großen Frau mit rotblonden Locken, das von der Überwachungskamera in der Sparkasse stammte. Sie zielte

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