Drei Lästerschwestern auf Borkum. Erich Hübener

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Drei Lästerschwestern auf Borkum - Erich Hübener

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Bärlein, wir lieben dich doch so wie du bist“, sagte Maria und nahm Erika in den Arm.

      Sie planten und plauderten, phantasierten und lachten. Aber schon gegen 21 Uhr zogen sich alle auf ihre Zimmer zurück. Der erste Tag war lang gewesen und sie hatten ja noch soooo viele Tage vor sich.

      Maria wollte noch etwas lesen. Der größte Teil ihres Gepäcks hatte aus Büchern bestanden. Sie begann mit dem Buch `Wind aus West mit starken Böen´ von Dora Held. Die Handlung spielte auf Sylt und Maria meinte, das könnte zusammenpassen, Insel zu Insel.

      Erika spielte ein bisschen mit ihrem Smartphone, wobei sie sich bei dem Gedanken ertappte zu Hause anrufen zu wollen und zu fragen, ob alles klappt. Aber sie beherzigte dann doch, was die Chefin bei der Begrüßung gesagt hatte und rief nicht an.

      Rebekka hatte sich auf den Balkon gesetzt und tat etwas, was sie sich schon lange vorgenommen hatte. Sie wollte ein Tagebuch schreiben. Dieses kleine rote Büchlein mit einem niedlichen kleinen goldenen Schloss hatte sie sich extra vorher zu diesem Zweck gekauft. Jetzt begann sie.

       Liebes Tagebuch, ich kann dir nicht versprechen, dass ich jeden Tag etwas schreiben werde, aber dir, und nur dir allein werde ich meine geheimsten Gefühle, Wünsche und Hoffnungen anvertrauen. Darum beginne ich auch mit den Menschen, die ich gleich am ersten Tag meines Aufenthaltes kennen – und schätzen gelernt habe. Da sind zuerst zwei meiner Leidensgenossinnen, Erika und Maria. Sie sind etwas älter als ich, aber sie scheinen sehr viel Spaß am Leben zu haben. Ich freue mich auf die nächsten Tage und Wochen mit ihnen. Aber das Tollste ist schon vorher passiert, auf der Fähre. Liebes Tagebuch, wenn es so etwas gibt wie Liebe auf den ersten Blick, dann hab ich mich heute, gleich am ersten Tag in einen jungen Mann verliebt, dem ich nur ganz kurz begegnet bin. Aber mein Herz jubelte und mein Magen hüpft vor Aufregung wenn ich an ihn denke. Ich weiß nicht, ob ich ihn jemals wiedersehen werde, ich hoffe es. Und vielleicht passiert ja dann noch mehr. Gute Nacht.

      Beim Frühstück am nächsten Morgen waren alle ganz aufgeregt. Sie hatten ihren detaillierten Therapieplan für die erste Woche mitgebracht.

      „Das fängt ja gut an“, sagte Erika, „oder besser gesagt, eigentlich gar nicht gut. Ich hab nachher gleich ein Gespräch beim Chefarzt und ich habe am Nachbartisch erfahren, dass das gar nicht so angenehm sein soll.“

      „Muss ich da auch hin?“, fragte Rebekka.

      „Ja, früher oder später ist jede von uns dran“, wusste Erika. „Was hast du denn für heute Vormittag drinstehen?“

      „Ich habe zwei Termine“, antwortete Rebekka, „einen bei Dr. Leist, dem Physiotherapeuten und danach Gruppentherapie. Weißt du, was das ist?“

      „Ja“, antwortete Maria, „das hab ich schon zur Genüge mitgemacht. Da sitzt man mit mehreren Leuten zusammen und muss unter Anleitung eines Therapeuten aus seinem Leben erzählen, so nach dem Muster, na, was haben wir denn für ein Problem? Und dann redet man darüber.“

      „Muss ich da alles erzählen?“, fragte Rebekka erschrocken.

      „Ja, natürlich, bis ins kleinste Detail“, behauptete Erika.

      „Nein, natürlich nicht. Du musst nur das erzählen, was du erzählen willst“, korrigierte Maria sie.

      „Aber ich will doch gar nichts erzählen. Und schon gar nicht so vielen fremden Menschen. Was geht die meine Vergangenheit an.“

      „Ja, das ist ja gerade das Besondere daran. Du kennst die Leute nicht und sie dich auch nicht. Und du wirst sie höchstwahrscheinlich auch niemals wiedersehen. Es sei denn, du willst es. Aber das ist ein anderes Thema. Aber weil man sich nicht kennt, kann man ganz vorbehaltlos miteinander reden. So ist jedenfalls die Idee. Und das miteinander reden ist die Therapie. Reden statt sich abzukapseln.“

      „Und das soll helfen?“, fragte Rebekka.

      „Ja, manchmal schon.“

      „Und die anderen erzählen auch aus ihrem Leben?“

      „Ja, so ist es gedacht.“

      Rebekka schwieg, aber die Skepsis war ihr ins Gesicht geschrieben.

      „Und du, Erika? Was machst du noch?“

      „Ich beginne heute mit einem Yoga- Kurs zur Entspannung.“

      „So mit Füße hinterm Kopf verschränken“, spottete Maria. Und alle lachten als sie es sich bildlich vorstellten.

      „Ich hoffe nicht“, meinte Erika schließlich, „dafür bin ich nicht sportlich genug. Ich wäre mehr für leichte gymnastische Übungen, autogenes Training oder Meditation.“

      „Na dann euch allen viel Spaß“, beendete Maria die Runde und wollte sich gerade erheben.

      „Was machst du eigentlich?“, fragte Rebekka jetzt.

      „Ich bin bei meinem persönlichen Psychologen zum Vorgespräch. Er heißt Dr. Keimer und wird die gesamte Zeit für mich zuständig sein.“

      „Hoffentlich ist er sympathisch“, meinte Erika, „sonst könnten die sechs Wochen lang und anstrengend werden.“

      „Ich erzähl‘ es euch später.“

      Erika verspürte das Bedürfnis, die Stimmung ein bisschen aufzuhellen und sagte „Heute Nachmittag mischen wir Borkum auf und machen alles, was uns Spaß bringt, shoppen, Kaffee trinken, über andere Leute lästern…“

      „Genau, das machen wir. Wir sollen uns hier doch schließlich erholen“, ergänzte Maria.

      Die Frühstückstafel löste sich auf und alle gingen ihrer Wege.

      Am Mittagstisch war es erstaunlich ruhig. Selbst Erika, die eigentlich nie den Mund halten konnte, war nicht zum Plaudern aufgelegt. Außer „Wie war‘s bei dir?“ und „Ging so“ kam kein Gespräch zustande. Alle waren mit dem Essen beschäftigt. Es gab Hähnchenbrust, Erbsen- und Möhrengemüse und Petersilienkartoffeln.

      Und dann geschah doch noch etwas nicht Alltägliches. Es lag daran, dass Maria im Grunde Vegetarierin war. Nicht so extrem, ab und zu durfte es auch etwas Fleisch sein. Aber heute war ihr nun gerade nicht danach. Darum fragte sie: „Will jemand von euch meine Brust?“

      Rebekka und Erika sahen sich an und hatten beide gleichzeitig den selben Hintergedanken. Maria war wohl noch in Gedanken bei ihrem letzten Termin und merkte es nicht sofort. Sie setzte dem ganzen noch die Krone auf indem sie sagte: „Wieso? Die ist ganz zart.“

      Da war es bei Rebekka und Erika mit der Beherrschung vorbei. Rebekka prustete als erste los. Fast wäre ihr dabei der letzte Bissen aus dem Mund gefallen. Erika dagegen verschluckte sich so sehr, dass sie aufsprang und hinausrannte.

      Erst jetzt bemerkte Maria die „Zweideutigkeit“ ihres „Angebotes“, reagierte aber nicht darauf, sondern meinte trocken: „Na gut, esse ich sie eben selbst.“

      Als Erika zurückkam sagte sie „Also, Maria, beim Essen zukünftig bitte nicht solche Kalauer. Ich wäre ja fast gestorben.“

      Und Rebekka meinte „Hoffentlich gibt es in den nächsten Wochen nicht noch einmal Hähnchenbrust. Ich glaube, das halte

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