Die Macht des jungen Magiers. Yvonne Tschipke

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Die Macht des jungen Magiers - Yvonne Tschipke

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Angst, ich fresse dich schon nicht“, sagte der mittelgroße Mann, der nun vor mir stand, und lächelte mich freundlich an. „Hast du etwas gefunden, was dich interessiert?“ Er sah mich erwartungsvoll mit seinen dunkelbraunen, fast schwarzen Augen an, die mich an Mamas milchlosen Kaffee erinnerten.

      Ich nickte und zeigte auf das Tintenfass. Ich wäre gerne freundlicher gewesen, doch aus irgendeinem Grund ich brachte keinen Ton heraus.

      „Gute Wahl“, bemerkte der junge Mann. Während er bedächtig zum Regal schritt, sah ich mir den Typen etwas genauer an. Das halblange braune Haar hatte er sich mit einem Lederband im Nacken zusammen gebunden. Er trug eine Hose aus braunem Leinenstoff, dazu ein weißes Hemd mit weiten Ärmeln. Seine nackten Füße steckten in schwarzen altmodischen Lederschuhen. Vielleicht war das seine Arbeitskleidung, überlegte ich. In einem Laden wie diesem hier, wo es ganz so schien, als wäre die Zeit stehen geblieben, sah das eben viel besser aus, als Jeans, Turnschuhe und T-Shirt. Er mochte so Mitte zwanzig sein, überlegte ich weiter, so ganz genau konnte ich das bei den im Laden vorherrschenden Lichtverhältnissen nicht einschätzen.

      „Ist für meine Schwester“, sagte ich schließlich nach ein paar Minuten, um nicht den Anschein zu erwecken unhöflich zu sein.

      „Hm, hm“, brummelte der Mann nur. Er ging mit dem Tintenfass zum Verkaufstisch, zog einen Bogen graues Papier hervor und schlug das Fässchen behutsam darin ein.

      „Alma mag alte Dinge“, versuchte ich noch einmal ein Gespräch anzukurbeln.

      „Fünfzehn Euro“, sagte der junge Mann, schob das Päckchen über den Tisch und hielt erwartungsvoll die Hand auf. Ich kramte in meinem Rucksack nach der Geldbörse und zog schließlich einen Zwanziger heraus.

      Die Stirn des Mannes legte sich in Falten. Ich hatte absolut keine Ahnung, weshalb. War etwas nicht in Ordnung? „Was?“, fragte ich verdattert. „Der ist echt!“

      „Nun ja, wie soll ich es sagen“, meinte der Mann und kratzte sich im Nacken. „Es verlaufen sich nicht sehr viele Leute hierher in meinen Laden. Genau genommen bist du der Erste seit ein paar Tagen. Ich habe kein Wechselgeld.“

      Na, prima, schoss es mir durch den Kopf. Konnte er das denn nicht gleich sagen? „Und nun?“, fragte ich und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich brauchte dieses Geschenk. Ich hatte doch kein anderes und wusste, dass sich Alma darüber freuen würde.

      Der Mann dachte nach. „Ich hab`s“, rief er plötzlich und irgendwie sah er jetzt aus, wie ein kleiner Junge, der sich wie irre auf Weihnachten freut. „Ich könnte dir ... ich könnte dir etwas dazu geben.“ Er kam hinter dem Verkaufstisch hervor. „Warte – gleich finde ich etwas!“ Er schritt suchend durch die Regalreihen, griff nach etwas, murmelte vor sich hin, schüttelte den Kopf und ging weiter. Schließlich zog er aus einem der Regale ein Buch. Es war nicht das Bücherregal.

      Der Mann kam zu mir zurück und legte das Buch behutsam wie ein rohes Ei vor mich auf den Tisch. „Hier, das gebe ich dir dazu“, sagte er, sichtlich mit seiner Wahl zufrieden. Ich hob abwehrend die Hände. Einerseits, weil mir die fünf Euro Wechselgeld viel lieber gewesen wären. Andererseits, weil ich vermutete, dass dieses in schwarzes Leder gebundene Buch garantiert einiges mehr wert war. Schon das metallene Kreuz auf dem Deckel, das aussah, wie zwei übereinander gelegte Dolche, sah ziemlich antik aus. An seinen vier Enden waren grüne Glassteine aufgesetzt, die in diesem Moment, als der einzige Sonnenstrahl sie mit seinem Licht traf, zu funkeln begannen. Auch der goldfarbene Beschlag mit dem kleinen runden Schloss daran, war ganz sicher mehr wert als fünf Euro.

      „Doch, nimm es. Ich brauche es nicht. Niemand anderes kann etwas damit anfangen“, beharrte der junge Mann darauf, dass ich das Buch annahm. Er sah mich dabei irgendwie komisch an. Gut, dachte ich, wenn er es unbedingt so will. Vielleicht – oder garantiert - würde sich Alma auch noch darüber freuen.

      Als ich den kleinen Laden mit seinem sonderbaren Verkäufer verließ, schallte über mir wieder die Glocke – unbarmherzig laut - doch dieses Mal war ich vorbereitet.

      Kapitel 2

      Mein Kopf hämmerte.

      Verdammt noch mal, was war passiert?

      Ich zog die Beine an und legte meinen dröhnenden Kopf auf die Knie. In mir drehte sich alles, einschließlich meines Magens. Beinahe so, als wäre ich gerade nach zehn Runden aus dem Kettenkarussell gestiegen. Doch das konnte nicht der Grund für mein augenblickliches Schwindelgefühl sein. Denn erstens war im Moment gar kein Jahrmarkt und zweitens hasste ich alles wie die Pest, das sich schneller drehte als das Bärchenmobile über dem Babybett unserer kleinen Nachbarin.

      Also, was war dann mit mir los?

      Langsam hob ich den Kopf ein wenig und öffnete die Augen, ganz in der Hoffnung, dass das Drehen im Kopf irgendwie aufhören würde. Doch alles was ich sah, war tiefste Dunkelheit, die sich um mich herum ausgebreitet hatte, wie eine alte kratzige Decke.

      Dunkelheit? Ich fragte mich, wann es Nacht geworden war. Und wie lange ich demzufolge schon hier saß.

      Ich hätte schwören können, dass es noch heller Tag gewesen war, als ich aus dem kleinen Trödelladen trat. Ich erinnerte mich genau daran, weil sich meine Augen erst wieder an das grelle Sonnenlicht draußen auf der Straße gewöhnen mussten.

      Aber wieso saß ich hier mitten in der Nacht auf der Straße herum? Und wo war ich überhaupt?

      „Tom!“, schoss mir die Erinnerung durch den Kopf. Das musste es sein. Gleich an der übernächsten Straßenecke war ich ihm und seinen vier Halbaffen begegnet. Breitbeinig und grinsend hatten sie sich mir in den Weg gestellt. Wie immer war ich ein willkommenes Opfer für die Kerle, deren einziger Zeitvertreib darin bestand, anderen das Leben zur Hölle zu machen. Ich bin zwar nicht stark, dafür aber schnell. Bis in die Hintergasse haben sie mich verfolgt. Eigentlich war ich mir ganz sicher, dass ich sie dort irgendwie abgehängt hatte. Doch so, wie es im Moment schien, war es anscheinend nicht so gewesen. Tom und seine Halbaffen hatten mich wohl doch erwischt und ordentlich ihren Spaß mit mir gehabt.

      Ich rieb mir die Schläfen fest mit den Fingern, doch das Hämmern in meinem Schädel ließ nicht nach. Ich musste wohl ziemlich fest mit dem Kopf auf dem Boden gelandet sein. Was, wenn ich blind war, kam es mir in den Sinn. Das würde zumindest die plötzliche Dunkelheit erklären! Ich hob den Kopf noch ein wenig höher und entdeckte erleichtert die vielen Millionen blinkenden Sterne am Himmel. Okay, blind war ich schon mal nicht.

      Ich lehnte mich mit dem Rücken fest gegen die Wand und schob mich nach oben, bis ich auf meinen Füßen stand. Nachdem ich mich noch einen Augenblick an der Mauer abgestützt hatte und darauf wartete, dass das Drehen in meinem Kopf aufhört, machte ich einen Schritt nach vorn. Ich hörte ein leises „Platsch“. Mist, ich stand knöcheltief mitten in einer Pfütze. Ich wunderte mich kurz, wo die her gekommen war. Es hatte schon seit drei Wochen nicht geregnet. Überall auf den Straßen und Wegen wirbelte beim kleinsten Luftzug grauer Staub auf. Die Wiesen verwandelten sich langsam aber sicher von einem satten Dunkel- in ein trockenes Hellgrün. Tja, und nun stand ich hier knöcheltief in einer Pfütze, die ich im Dunkeln nicht gesehen hatte. Das kalte Wasser drang mir durch die Schuhe und durchnässte meine Socken. Na prima, dachte ich resigniert, Mama würde mich ganz sicher wieder ein riesiges Ferkel nennen, das mit seinen vierzehn Jahren noch immer nicht aufpassen konnte, wohin es trat.

      In diesem Augenblick hörte ich Schritte. Sie kamen aus der Dunkelheit auf mich zu. Irgendwie bekam ich plötzlich das Gefühl, dass Mamas Gemecker sicher nicht mein einziges Problem sein würde.

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