Die Macht des jungen Magiers. Yvonne Tschipke

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Die Macht des jungen Magiers - Yvonne Tschipke

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Ich drehte meinen Kopf zur Seite und erkannte die Schatten einiger Personen, die die Dunkelheit der Nacht spärlich mit kleinen Laternen erhellten. Das Licht flackerte im Windzug und musste sich mächtig anstrengen, nicht ausgepustet zu werden.

      Warum benutzen die denn nicht einfach Taschenlampen, schoss es mir irrsinnigerweise durch den Kopf.

      „Antworte!“, herrschte mich der Mann noch einmal an.

      „Ich bin Nathanael de Boer“, antwortete ich diesmal wie aus der Pistole geschossen. Die Art und Weise wie der Kerl mich anblaffte, bescherte mir ein eigenartiges Gefühl in der Magengegend und ich beschloss, lieber kooperativ zu sein.

      „Und was hast du dich hier herum zu treiben? Nach Sonnenuntergang herrscht Ausgangssperre, das weißt du doch!“

      Ausgangssperre? War das so etwas Ähnliches wie Hausarrest?

      „Ich ... ich war wohl bewusstlos gewesen. Glaube ich jedenfalls. Ich mach mich auch gleich auf den Weg nach Hause. Ehrlich – versprochen.“

      Seit wann herrschte denn Ausgangssperre in der Nacht? Ich durchforstete mein Gehirn danach, ob meine Eltern mir davon erzählt hatten. Ich wollte schon los laufen, doch da packte mich eine feste Hand im Nacken und hielt mich zurück.

      „Das könnte dir so passen, Bürschchen. Du kommst jetzt erstmal mit zum Comissario – Nathanael de Boer!“, donnerte der Mann. Er schob mich vor sich her die Straße entlang. Es hatte keinen Zweck, mich dagegen zu wehren, er war natürlich viel stärker als ich. Die anderen Männer, die die Laternen trugen, folgten uns.

      Der Comissario war ein dicker Mann mit einem dichten schwarzen Bart im Gesicht. Die langen fettigen Haare hatte er sich zu einem Zopf im Nacken gebunden. Er trug eine schwarze Lederhose und ein weißes Hemd, das sich gefährlich um seinen prallen Bauch spannte. Ich hoffte, dass die kleinen Knöpfe nicht ihren Dienst versagen würden.

      Aus irgendeinem Grund musste ich gerade in diesem Augenblick auch an Oskas, den Trödelladenbesitzer, denken.

      „Wer bist du?“, fragte mich der Comissario und schritt vor mir auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.

      „Das habe ich denen doch schon gesagt“, erwiderte ich trotzig und wies mit dem Kopf hinter mich, wo die anderen Männer standen. Der Schlag, der mich von hinten an den Kopf traf, erinnerte mich allerdings daran, dass ich doch lieber kooperativ sein sollte. Die Augen des Mannes vor mir funkelten mich böse an.

      „Nathanael de Boer“, antwortete ich zaghaft.

      „Und woher kommst du, wenn ich fragen darf?“ Der Comissario blieb direkt vor mir stehen. Er schob sein fettes Gesicht dicht an meines heran. Sein Mundgeruch war eine Mischung aus Zwiebeln und bitterem Bier und ich drehte leicht angeekelt meinen Kopf zur Seite. „Ich wohne in der Stadt – Kramerstraße 8c“, antwortete ich und versuchte, durch den Mund zu atmen.

      Der Mann sah mich verwundert an. „Kra – mer – stra - ße ... 8 ...c ...? Hier in unserer Stadt?“ Er blickte die anderen hinter mir fragend an. „Wo soll das denn sein?“, zischte er und starrte mir zornig ins Gesicht.

      Die Kramerstraße war die zweitgrößte Straße in Bernburg. Und die wussten nicht, wo das war? Aber – ein Schaudern lief mir über den Rücken – was, wenn ich gar nicht in Bernburg war? Ich hatte natürlich absolut keinen blassen Schimmer, wie ich woanders hingekommen sein könnte.

      „Wie heißt Ihre Stadt denn?“, fragte ich vorsichtig. Der Comissario riss die Augen vor Verwunderung auf und zog die Augenbrauen weit nach oben. „Du weißt nicht, wie unsere Stadt heißt?“, fragte er. Ich schüttelte den Kopf. „Wenn ich nicht in Bernburg bin – wo dann?“, fragte ich unsicher.

      Der Comissario setzte gerade zu einer Antwort an. Er öffnete den Mund, doch es kam kein Wort über seine Lippen. Irgendetwas schien seine Aufmerksamkeit gefangen zu haben. Er wies mit seinem kurzen dicken Zeigefinger auf mich und fragte: „Was hast du da?“ Ich sah an mir herunter. Jetzt erst wurde mir bewusst, dass ich ja noch das Päckchen mit dem Tintenfass und das Buch bei mir trug. Es war den anderen sicherlich entgangen und nur deshalb hatten sie es mir nicht sofort abgenommen.

      Ich hielt es dem Comissario ein Stück entgegen und nuschelte: „Geburtstagsgeschenke. Für meine Schwester Alma. Habe ich heute Nachmittag im Laden von Oskas gekauft.“

      Die kleinen schmalen Schweineaugen des Comissario wurden mit einem Mal kugelrund. „Hast du gerade Oskas gesagt? Oskas Galatani?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, wie der heißt. Ja, kann schon sein. Mein Freund hat mich dorthin geschickt“, antwortete ich fast beiläufig, aber schon sichtlich genervt. Weshalb wollte der das denn wissen und warum machte er dann so einen Aufstand deswegen? Und überhaupt – wo zum Geier war ich hier???

      Das Dröhnen in meinem Kopf hatte endlich ein wenig nachgelassen. Mit einem Mal konnte ich wieder einigermaßen klar denken. Verstohlen sah ich mich um. Ich befand mich in einem großen Raum. An der hohen Decke erkannte ich ein bunt bemaltes Kreuzgewölbe. Wow! Papa war ein absoluter Liebhaber alter Gemäuer. In jedem Urlaub schleppte er uns euphorisch durch Burgen und Kirchen und Schlösser. Garantiert wäre er voll begeistert von dem Kunststück hier. Die schmalen Fenster an den Wänden waren durch Sprossen in lauter kleine bunte Quadrate unterteilt. Im Raum befand sich ein breiter Tisch aus Holz, der mich sehr an Almas alten Schreibtisch erinnerte. Einige hohe antike Lehnstühle standen um ihn herum. An einer der fensterlosen Wände gab es ein Regal, das bis unter die Decke reichte. Es war vollgestopft mit Büchern, Schriftrollen und anderem Kram. Wieder musste ich an den kleinen Laden denken. Vorsichtig drehte ich mich um. Die Kerle, die mich hierher geschleppt hatten, trugen nicht nur genau die gleichen altertümlichen Klamotten wie der Comissario. An ihren Gürteln hingen Schwerter, echte Schwerter aus blankem Metall. Schnell drehte ich mich wieder um und fuhr mir mit einer Hand heftig über die Augen. Ich musste träumen. Ganz sicher! Ich war wohl noch immer bewusstlos! Dieses Mal hatten Tom und seine Halbaffen mich ganz sicher erwischt und windelweich geprügelt.

      „Was hast du mit Oskas Galatani zu schaffen?“, donnerte der Comissario. Ich zuckte zusammen, trat einen Schritt zurück und prallte dabei gegen den Bauch des Mannes, der hinter mir stand.

      „Ich habe gar nichts mit ihm zu schaffen“, motzte ich. Doch ich fühlte mich dabei nicht besonders wohl. Die wütende Stimme des Comissario hatte mich ziemlich eingeschüchtert. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, mein Mund war urplötzlich staubtrocken und die Zunge klebte mir am Gaumen. Ich fing an zu zittern und meine Hände waren schweißnass. Es waren die gleichen Symptome, die mich überfielen, wenn Tom und seine Clique mir mal wieder irgendwo in der Stadt aufgelauert hatten und hinter mir her waren. War das ein bescheuerter Traum! Ich musste schnellstmöglich aus ihm erwachen.

      „Woher kennst du ihn dann?“ Die Stimme des dicken Mannes war unverändert wütend und forderte eine Antwort.

      „Mein Freund Ben hat ihn mir empfohlen, also den Laden von diesem Oskas, meine ich. Weil ich ein Geschenk für meine Schwester gesucht habe“, antwortete ich schon fast panisch.

      Aufwachen, rief ich mir in Gedanken zu, ich wollte so schnell wie möglich aufwachen. Der Kerl machte mir Angst.

      „DU LÜGST!!!“ Der Comissario kam mit einem Satz, den ich ihm aufgrund seiner Leibesfülle überhaupt nicht zugetraut hatte, auf mich zu gesprungen. Er packte mich an meinem Shirt und rüttelte mich ordentlich durch. „Sag endlich die Wahrheit, du kleiner Betrüger!“

      Weil ich befürchtete, dass ich meine Geschenke fallen lassen würde, drückte ich sie ganz fest an meinen Körper. Ich spürte das metallene Kreuz mit seinen vier Glassteinen

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