Frequenzwechsel. Hans Patschke - Herausgeber Jürgen Ruszkowski
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Vor dem Mast unter deutscher Flagge – 1928
Angesichts der immer katastrophaler werdenden Arbeitslosigkeit in der deutschen Heimat war guter Rat für einen Job zwar ziemlich teuer, aber fast schien man auch jetzt wieder nur auf mich gewartet zu haben, denn nach relativ nur kurzer Landliegezeit wurde mir von der deutschen Heuerstelle der Vereinigten Reeder an den Vorsetzen in Hamburg eine Leichtmatrosenstelle auf dem deutschen Dampfschiff „MARGOT“ vermittelt. Weshalb kein anderer unter den vielen möglichen Bewerbern auf die MARGOT aufsteigen wollte und bei Zustimmung nach Harlingen / Holland per fremdbezahlter Bahnreise fahren sollte, ist mir wie damals so mancher Zufall unerklärlich. Leute mit mehr Erfahrung als ich witterten vielleicht bei diesem, dem Namen nach sonst unbekannten Kahn einen Haken, irgendeinen Typ von „never come back“-Schiff, zumal dieser seltsame Zossen in Hamburg sozusagen anonym von einem Korrespondenz-Reeder gemanaged wurde. Sei es darum wie auch immer, ich fand zumindest den Namen MARGOT schön und klangvoll und setzte mich, mit frommen Wünschen der Ein-Mann-Reederei ausgerüstet, am Morgen des 31.03.1928 erwartungsvoll in den Zug Richtung Groningen / Nordholland. Ziemlich spät abends traf ich in Harlingen ein und machte mich allsogleich auf die Suche nach meinem neuen Kahn. MARGOT fand ich dann auch glücklich und noch gerade ohne Vergrößerungsglas. Der erste Eindruck von diesem Sampan war nicht ausgesprochen ermutigend, zumal die mit ca. 700 BRT vermessene Schiffsdame MARGOT - tatsächlicher Eigner war oder waren der oder die Inhaber des großen Hamburger Nobel-Porzellan-Geschäfts Waitz / Neuer Wall - rein äußerlich ein ziemlicher Sonderling unter den üblichen Meerungeheuern war. Während des 1. Weltkrieges hatte man dieses Schiff in England als „submarine-catcher“ gebaut und verwendet. Merkmale derzeit: gleiches Aussehen des Schiffes vorn und achtern, damit auf die Schnelle niemand, also der böse Feind, erkennen konnte, in welche Richtung der Bursche eigentlich fahre, ferner mittschiffs gleichförmig hochbordig für Aufstellung von Geschützen, deren Vorhandensein durch Klappen getarnt wurde. Diese Klappen fielen, wenn in der Nähe ein deutsches U-Boot ahnungslos auftauchte, um den vermeintlichen Handelsfahrer zu kapern, also ein Prisenkommando auf ihn an Bord zu setzen. Das still liegende aufgetauchte U-Boot war dann für den ebenfalls stilliegenden Fänger ein lohnendes und sicheres Ziel für seine freistehenden Geschütze. Etliche deutsche U-Boote sind jedenfalls von diesen laut Kriegsrecht verbotenen U-Boot-Fallen (verboten 1864 und späteres Verbot 1906 in Genfer Konvention, einer internationalen Übereinkunft zur Humanisierung der Kriegsführung) versenkt worden. Das hier erwähnte aber nur so nebenbei, es sollte nur eine Erklärung zum Typ „Submarine-Catcher“ sein. Ein weiteres Kuriosum für MARGOT war ferner, dass sie drei Masten von etwa gleicher Höhe - wohl auch noch von ihrer Kriegsaufgabe her - besaß. Kurzum, der neue deutsche Eigner hatte dieses Vehikel nach dem Krieg vom Engländer gekauft und es dann wohl möglichst billig und so weit wie nötig zum kleinen Frachter umbauen lassen. Ansonsten zeigte sich dieser Eimer als gutes Seeschiff mit einer relativ starken Maschinenanlage im verlumpten Leib und primitiven Mannschaftsunterkünften für ein Dutzend people. Sein Einsatz dürfte im Übrigen recht einträglich gewesen sein, MARGOT lief in englischer Charter jede Woche die Tour Harlingen – Hull - Harlingen ab, stets voll beladen, hin mit Stückgut und Lebensmitteln - Butter, Fleisch, Käse etc. – zurück mit Kohle bis zur Halskrause. Die Bordverpflegung war gut, was etwa daran fehlte, wurde großzügig aus der Hinfracht entnommen, besser gesagt geklaut, wir waren eben eine eingeschworene Mannschaft, die dann und wann auch mal zwei oder drei junge englische Weibsen - natürlich außer Tarif und an sich strikt verboten - für die Dauer einer Rundreise mitnahm. Entsprach solch „blinder Passagier“ den Erwartungen der Seeleute, so blieb er gar zwei Rundreisen an Bord, länger auf keinen Fall, wir hatten dann die „Damen“ satt. Es war schon was los auf diesem „Huker“, ich war jedenfalls anfänglich perplex, als ich, vom ersten abendlichen Hull-Landgang heimkehrend, in meiner Koje, darauf unvorbereitet, ein völlig betrunkenes Mädchen in tiefem Schlaf liegend vorfand. In Holland, wo die girls moralisch blitzsauber waren, hatten wir jungen Kerle unsere „Angebetete“, in England, wer es wollte, die käufliche, gegebenenfalls gefährliche und darum nicht anzubetende Liebe. Nach meinen damals spärlichen Vergleichsmöglichkeiten schien es in Hull von leichten Mädchen geradezu zu wimmeln, ein Teil von ihnen außerdem geschlechtskrank zu sein - drei Männer von uns steckten sich innerhalb kurzer Zeit an‚ das bedenken- und rücksichtslose Handeln dieses Typs Frauen bereicherte jedenfalls beträchtlich meinen