Computerdiktatur. Roy O'Finnigan

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Computerdiktatur - Roy O'Finnigan

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der Fahrt nach Berlin grübelt Sam die ununterbrochen darüber, was er falsch gemacht hat. Er sitzt mit Vilca und Paul in einem leicht gepanzerten, geländetauglichen PKW des Militärs und macht sich Vorwürfe. Was hatte er sich dabei eigentlich gedacht, einfach jemanden von der Cyberterror-Abwehr anzurufen und zu glauben, dass sie ihm alle Wünsche von den Augen ablesen und in ihren Kreis aufnehmen würden? Natürlich muss die Regierung Leute mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten unter ihre Kontrolle bringen. Er schimpft sich einen Idioten, weil er nicht vorher daran gedacht hatte.

      Schließlich reißt Vilca ihn aus seinen trüben Gedanken. Sie kennt ihn zu gut und weiß genau, was in seinem Kopf vor sich geht. »Mach Dir keine Vorwürfe. Früher oder später wären wir sowieso entdeckt worden.«

      »Wahrscheinlich«, bestätigt Sam. »Aber wir hätten uns Zeit lassen sollen, um uns besser vorzubereiten. Dann hätten wir eine Verhandlungsposition gehabt.«

      »Meinst du?«, fragt sie ihn. »Es ist doch klar, dass es mehr oder weniger so enden muss. Selbst ohne die Enteignung des Bunkers hätten sie darauf bestehen müssen, dass wir die Lebensmittel, unsere Computer und sonstige Ressourcen hergeben.«

      Sam wirft seiner Freundin einen dankbaren Blick zu, sagt aber nichts weiter. Seine Stimmung verdüstert sich umgekehrt proportional zur Entfernung vom Ziel. Er hat ein schlechtes Gefühl.

      In Berlin werden sie gleich auf die ihnen zugewiesenen Zimmer im Zentralgebäude des Geheimdienstkomplexes gebracht. Sam staunt über die Größe und luxuriöse Einrichtung. Vilca und er haben eine Suite bekommen und er nimmt an, dass das für Urs und Aya ebenso ist.

      Man hatte ihnen gesagt, dass es um 19 Uhr ein festliches Abendessen geben würde, und dass sie ihre Garderobe entsprechend des Anlasses auswählen sollen. Falls sie der Meinung sind, nicht über die geeignete Ausstattung zu verfügen, könne ihnen gerne geholfen werden, lässt man sie wissen. Sie haben also eine gute Stunde, um sich frisch zu machen.

      »Erst beschlagnahmen sie unseren Bunker und dann geben sie uns solche Zimmer«, sagt Sam zu Vilca, die sich im Bad auszieht, um zu duschen. Einen Moment lang sieht sie ihn nachdenklich an. »Ich nehme an, die wollen etwas von uns.«

      »Die haben doch schon alles«, erwidert Sam.

      »Wirklich?«, fragt Vilca und sieht ihn mit einem Du-weißt-genau-wovon-ich-spreche-Blick an, über den nur Frauen verfügen.

      Sam beschleicht eine dunkle Vorahnung. Wenn es das ist, was er befürchtet, befindet er sich in einer Zwickmühle. Dann fällt ihm auf, dass sie weder von Werner Hofer, noch von sonst jemand offiziell begrüßt wurden. Unwillkürlich beginnt er, sich Gedanken um mögliche Fluchtwege zu machen. Die Fenster ihrer Suite führen in einen Innenhof. Sie sind zwar nicht vergittert, aber selbst wenn es aus dem sechsten Stock nach unten schaffen, können sie von dem Innenhof aus nicht einfach aus dem Gebäude spazieren. Sie brauchen auf jeden Fall einen Plan, den sie auch noch untereinander abstimmen müssen.

      Ein Klopfen an der Tür unterbricht für einen kurzen Moment seine trüben Gedanken. Jemand bringt ein Bündel mit Abendgarderobe und legt es auf das Bett. Er beachtet den Boten kaum sondern gibt sich augenblicklich wieder seinen Grübeleien hin.

      »H-hm«, räuspert sich Vilca.

      »H-HMMMMMM«, wiederholt sie lauter.

      »Sam?«

      Erst jetzt reagiert der Erfinder. Überrascht stellt er fest, dass Vilca das Bad verlassen und eines der Kleider angezogen hat. Lasziv steht sie im Raum und nutzt den seitlichen Schlitz, um ihm einen exklusiven Blick auf ihre Beine zu gewähren. »Na, wie gefalle ich dir?«, fragt sie und zieht einen Schmollmund.

      »Sternchen, du siehst fantastisch aus. Neben dir verblasst selbst die Sonne. Vilca quittiert das Kompliment mit einem zufriedenen Lächeln. Der Erfinder fühlt sich ermutigt, nimmt sie in die Arme und blickt ihr tief in die Augen. Aber Vilca schüttelt den Kopf. »Hilf mir bitte mit den Haaren«, sagt sie.

      Gemeinsam flechten sie ein kompliziertes Muster. Sam hat seiner Freundin schon oft dabei geholfen. Als Dank erhält er einen dicken Kuss, mehr nicht. »Du hast noch elf Minuten, um dich fertigzumachen«, verkündete sie und zeigt in Richtung Dusche. Nur ungern trennt sich Sam von dem Anblick ihrer einzigartigen Frisur.

      Das Abendessen wird in einem Saal im Stil Ludwig des XIV serviert. An den Wänden hängen goldumrahmte Spiegel, von den Decken Kronleuchter und zu ihren Füßen liegt ein echtes Holzparkett. Es knarrt bei jedem Schritt so ehrwürdig, dass man ihm ein Alter von 400 Jahren gerne zugesteht. Die festliche Tafel ist für neun Personen gedeckt.

      Sam und Paul tragen einen klassischen Anzug so, wie es für einen solchen Anlass erwartet wird. Beide verzichteten auf optischen Applikationen. Im Gegensatz zu Urs halten sie von solchen Dingen nicht viel. Dieser stellt das Kontrastprogramm in einer umgekehrten Farbkombination und auffälligen Extras.

      Die Freunde müssen nicht lange warten, bis sie ihren Gastgeber kennenlernen. Er braucht sich nicht vorzustellen. Es ist einer der bekanntesten und beliebtesten Talkmaster des europäischen Fernsehens. Begleitet wird er von der spanischen Schauspielerin Marita Gomez und einer Dame mit brünetten Haaren in einem klassischen schwarzen Cocktailkleid. Alles an ihr ist so unauffällig, dass sie nur vom Geheimdienst sein kann. Festliche Anlässe scheinen nicht ihr Ding zu sein. Der Talkmaster stellt sie als Anna Schmidt vor.

      »Eigentlich hätte ich Werner Hofer erwartet«, kommt Sam ohne Umschweife zum Punkt.

      »Herr Hofer ist verhindert«, antwortet die Agentin. Dabei macht sie ein Gesicht, als hätte man sie gezwungen, einen halben Liter Lebertran zu trinken. »Er hat mich gebeten, ihn zu vertreten. Er wird so bald wie möglich nachkommen.«

      Sam will gerade etwas erwidern, als ihm Vilca die Hand auf den Arm legt und den Kopf schüttelt. »Nicht jetzt, Sam. Dafür ist später noch Zeit. Ich habe einen Bärenhunger und freue mich auf die Show. Mal sehen, was sie zu bieten haben.

      Schmidt nützt die Ablenkung und verdrückt sich an das andere Ende des Tisches. Sie überlässt die Bühne den Profis vom Showgeschäft.

      Mario und Marita versuchen überdreht, Stimmung zu machen. Sam riecht die faule Absicht dahinter tausend Meilen gegen den Wind. Im Gegensatz zu ihm scheinen seine Freunde die Aufmerksamkeit zu genießen. Er wirft einen kurzen Blick auf Paul, aber der hat nur Augen für Marita. Im Grunde hat Sam nichts gegen die Show, welche die Entertainer abziehen. Je mehr sie sich ins Zeug legen, umso misstrauischer wird er jedoch.

      Schließlich entschließt sich Vilca, ihren Freund aufzumuntern. »Jetzt mach nicht so ein Gesicht«, flüstert sie ihm ins Ohr. »Genieß die Show und das Essen. Wer weiß, wann wir so etwas noch einmal geboten bekommen. Egal wie das hier ausgeht. Nimm, was du kriegen kannst.«

      Sam weiß, dass seine Freundin recht hat, kann sich aber trotzdem nicht von seinen düsteren Gedanken lösen. In Kürze wird er eine Entscheidung treffen müssen, von der ihr Schicksal abhängt. Das verdirbt ihm den Appetit. Obwohl vor ihm ein Galadinner aufgefahren wird, das selbst vor dem EMP seinesgleichen gesucht hätte, kann er nichts davon genießen.

      Schmidt sitzt steif am Tisch und spricht fast gar nichts. Was letztendlich dazu führt, dass sie in Vergessenheit gerät. Sam entgeht aber nicht, dass sie ihn und seine Freunde aufmerksam beobachtet.

      Nach dem Essen beteiligt sich Vilca mit ein paar Liedern an dem Programm. Auf ihre unnachahmliche Art bringt sie schnell die Stimmung zum Kochen. Selbst Sam reißt sie damit aus seiner Trübsal. Je mehr Vilca die Aufmerksamkeit auf sich zieht, umso mehr verhärteten sich die Züge von Schmidt.

      Auf

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