Geheimauftrag für Sax (1). H. Georgy
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Das Kriegsschiff schob seinen Bug beinahe geräuschlos durch die quirlige See. Die beiden dieselelektrischen Motoren des CODLAG-Antriebes liefen gerade einmal auf Viertelkraft, und doch entging der 110 Mann starken Besatzung nicht die Energie, die in den bis zu 32000 Kilowatt Gesamt-Antriebsleistung steckte. Sie konnte das Schiff unter Zuschaltung der Gasturbine auf eine Geschwindigkeit von bis zu 28 Knoten – 52 Km/h – beschleunigen. Hätte es nicht seine Positionslichter eingeschaltet, wäre es mit seinem grauen Anstrich in der dunklen, verregneten Mainacht von etwas weiterer Entfernung her kaum wahrnehmbar gewesen.
Auf der Brücke standen neben Kapitän Frier der diensthabende Steuermann sowie der NATO-Beobachter Kensington von der britischen Marine. Trotz der unbeliebten „Hundewache“ – oder gerade deshalb - waren die verschiedenen Stühle der einzelnen Stationen voll besetzt: Radar, Sonar, Taktik, Waffen. Alle trugen die Arbeits-Uniformen der deutschen Bundesmarine, außer Kensington, der mit seinem geschniegelten Commander-Dress hervorstach. Er trug als einziger auch eine Kopfbedeckung auf der Brücke, sie wies ihn als britisches Mitglied des internationalen Kontingentes am Horn von Afrika aus.
Kensington und Frier waren verschiedener, wie sie nicht mehr sein konnten. Der deutsche Kapitän, dienstbeflissen, akkurat, direkt und förmlich, wirkte mit seinen achtundvierzig Jahren autoritärer als der britische Commander, der ihn an Lebensjahren übertraf. Frier war ungefähr einen Meter fünfundachtzig groß, eher schlank, trug einen braunen Kurzhaarschnitt und hatte leuchtend blaue Augen, die im Halbdunkel der Brücke wie Sterne funkelten. Sein bartloses Gesicht wies zahlreiche Furchen und harmlosere Narben auf, sie waren möglicherweise von einer Akne übriggeblieben – es war insgesamt sehr kantig und markant und ließ ihn lebenserfahren wirken, ohne ihn in irgendeiner Weise zu entstellen. Jene Kameraden, die ihn gut kannten, würden ihn als streng, aber korrekt und gutmütig bezeichnen, und das war er im Dienst ebenso wie als zweifacher Familienvater.
Commander Kensington war nur geringfügig kleiner als Frier, pflegte einen eher lockeren Umgang selbst mit den Mannschaftsdienstgraden und war alles andere als ein steifer Engländer. Er hatte während der vergangenen Tage seine Umgebung mit seinem britischem Humor aufgeheitert, der den Grund ihrer Anwesenheit in der Region etwas kaschierte, und schien dabei alles nicht so besonders ernst zu nehmen. Er hatte ein rundliches, recht rosiges Gesicht, das eines älteren Haudegens, der in den letzten Jahren reichlich gutes Essen und Bier konsumiert hatte und der nun möglicherweise unter einem beginnenden Bluthochdruck litt. Sein sorgfältig kurz zu recht getrimmter Vollbart war ebenso wie sein unter der Kopfbedeckung etwas hervor lugendes Haar grau, eine Art grau, die es erlangt, wenn die schwarze Farbe im Alter allmählich zurück geht, aber noch nicht ganz aufgegeben hat. Über sein Familienleben war den anderen an Bord nichts bekannt, er trug allerdings keinen Ehering.
Bei den übrigen Brückenoffizieren fiel zunächst ein recht kleiner Mann mit hellem, rotblonden Haar auf, der am Steuer stand, obwohl Sitzplätze für alle vorhanden gewesen wären; die anderen waren aber nicht minder präsent und ohne Zweifel sämtlich gestandene, erfahrene Marinesoldaten.
Für die Mission am Horn von Afrika waren mit Bedacht sehr gute Leute ausgewählt worden. Alle Anwesenden wirkten nun, in der Nacht, voll konzentriert, es herrschte genau die Art von Anspannung, die an Bord aller Kriegsschiffe der Welt herrscht, wenn man weiß, das jeden Moment etwas passieren kann. Es war keine Angst der Beteiligten zu spüren, nur professionelle, unablenkbare Einsatzbereitschaft und Aufmerksamkeit.
Wir haben ein Signal, Kapitän!“ meldete der „Phased-Array“-Radarbeobachter plötzlich. „Drei-Eins-Sieben Punkt Zwei-Null.“
Frier wurde sofort aufmerksam. Sein kantiges Gesicht zeigte Interesse, aber keine Besorgnis. Er hatte mit so etwas gerechnet.
„Wie schnell?“ fragte er.
„9 Knoten. Es werden mehr. Drei, … vier, … nein fünf Blips, Kapitän!“ korrigierte er sich selbst beinahe im Sekundenrhythmus.
„Jetzt geht’s los!“ meinte er beiläufig mit einem Seitenblick zu Kensington, der seinerseits ausgezeichnet Deutsch verstand und sprach.
Daneben sprach der Offizier außer Englisch auch noch Französisch, Flämisch, Serbokroatisch und einige Beduinen-Dialekte, was Frier zu der Annahme gebracht hatte, dass es sich bei dem Briten nicht um einen gewöhnlichen Commander ihrer Majestät handelte. Er hatte sich allerdings jedwede Bemerkung dazu verkniffen – seine Befehle hinsichtlich der Behandlung von Kensington waren eindeutig gewesen und Frier war nicht der Mensch, der Befehle hinterfragte, geschweige denn sich diesen wiedersetzte.
Am oberen Rand des in die Konsole eingelassenen Radarschirms waren jetzt deutlich fünf kleine Lichtblitze zu erkennen, jedes Mal, wenn das Radar die entsprechende Richtung abtastete.
„Kurs ändern!“ Er wiederholte die Richtung, die der Radaroffizier genannt hatte, mit einer kleinen Korrektur ostwärts, sodass sich ein Abfangkurs ergab unter der Voraussetzung, dass der kleine Konvoi weder Richtung noch Geschwindigkeit nennenswert änderte.
Der Rudergänger wiederholte die Zahlen. „Kurs liegt an, Kapitän“.
Der Kapitän drückte einen Knopf auf den weitläufigen Konsolen, was ihn über die Bordsprechanlage mit dem Funkraum verband. „Funker, verschlüsselte Nachricht an die Leitstelle. Wir haben Kontakt. Übermitteln sie unsere Koordinaten. Dann Funkstille. Wir wollen niemanden aufschrecken.“
Die Fregatte änderte den Kurs nach Nordosten. Am Heck wehte „Schwarz-Rot-Gold“ unter dem UN-Wimpel, doch das hatte hier fast keine Bedeutung.
Das UN-Mandat sah vor, im Gebiet der vielbefahrenen Wasserstraße durch den Golf von Aden nach Piraten zu suchen und diese daran zu hindern, Frachtschiffe zu kapern. Mit der politischen Erweiterung des Mandats im Rahmen der Operation „Atalanta“ vor zwei Jahren war die neu in Dienst gestellte „Baden-Württemberg“ nicht mehr darauf beschränkt, die Piraten durch bloße Präsenz zu vertreiben, sondern durfte auch nötigenfalls von ihrem ansehnlichen Waffenarsenal Gebrauch machen und Schnellboote mit Kommandos aussetzen, selbst um die Piraten auch noch an Land zu verfolgen.
„Dreiviertel Kraft voraus.“
„Dreiviertel, Kapitän!“ Die General Electric LM2500 Gasturbine war sogleich zugeschaltet und schien das Schiff aus dem Wasser zu heben.
Die Fregatte beschleunigte zusehends, bis sie beinahe 22 Knoten lief, und die Punkte auf dem Radarschirm kamen zügig näher zur Mitte. Sie bewegten sich dabei zugleich selbst auf einen sich von manchen weiteren abhebenden etwas größeren Punkt zu, der am oberen Rand des Schirms schon länger sichtbar gewesen war, und der nun zum rechten Ende hin zu verschwinden drohte.
Dieser Punkt gehörte, wie man auf der Brücke wusste, zu dem 120000-Tonnen-Frachter „Sherwood“, der unter maltesischer Flagge fuhr und angeblich in Marseille Maschinenteile für Quatar geladen hatte.
Seine wirkliche Fracht, so die Behauptung des britischen Geheimdienstes, bestand aus Gerätschaften, die man problemlos auch für den Bau einer Wiederaufbereitungsanlage von nuklearem Abfall verwenden konnte – und sie waren ziemlich sicher für Karachi in Pakistan bestimmt.
Die somalischen Piraten wussten das sicher nicht, sie waren lediglich darauf aus, das Schiff zu entern, um es dann gegen Lösegeldforderung der Reederei zurückzugeben. Hätten sie es gewusst, dann hätten sie möglicherweise ihre Finger davon gelassen, denn angesichts der Ladung würden sie mit erheblicher Gegenwehr der Besatzung rechnen müssen – vorausgesetzt, diese wusste überhaupt selbst, was sie da tatsächlich geladen hatte.
Eine knappe halbe Stunde lang pflügte die „Baden-Württemberg“