Denk mal!. Helmut H. Schulz

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Denk mal! - Helmut H. Schulz

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bespritzt mit Blut, stinkend nach Kot und Wein. Einem Schlächter ähnlicher als einem Menschen, näherte er sich dem Karsos. Letzterer sah, dass dieser Mensch nicht mehr Herr seiner Sinne war. Er versuchte, Simon zu entwaffnen, dieser führte einen schnellen Stoß mit dem Dolch nach Karsos.

      Simon, der Stumpfnasige, war der erste Tote dieser Nacht, er starb durch das Schwert des Karsos.

      Plötzlich, lautlos beinahe war Amon-Es da. Er sagte gar nichts, er stieß den Toten mit dem Fuß beiseite und befahl:

      "Rufe die Führer zusammen."

      Das geschah. Der Ägypter kniete auf seinem Fries, vollbrachte das Gebet an den Ewigen und Einzigen, indessen die Führer warteten.

      Amon-Es sagte:

      "Simon ist tot, Karsos hat ihn getötet, als er von Simon angegriffen wurde. Der Einzige und Ewige gebietet mir, Männer zu nehmen, zu töten, auszumerzen, Feuer in das Nest zu schmeißen, und diese Männer sollen heißen Zeugen des Erleuchteten.' Setzt Maske n auf, nehmt jeder zwei Schilde und nur das kurze Schwert."

      Großer König, Karsos berichtet.

      Die versammelten Führer taten, wie Amon-Es ihnen befohlen. Zusammen ergab das kaum einen Zug, aber wir waren zu allem entschlossen und uns der Todesgefahr wohl bewusst. Die Ledermasken über das Gesicht gezogen, die Paentulen abgeworfen, einen Schild auf dem Rücken, einen anderen in der Linken, gingen wir unter Führung des Ägypters, aus dem Zelt. Den Ersten, der ihm in den Weg trat, tötete der Ägypter mit einem einzigen Streich in den Hals. Der Mann stürzte ohne einen Laut. Mit gellenden Schreien rasten wir durch die Lagergassen, wüteten im Blutrausch; was nicht vor uns davonlief, töteten wir. Mann, Weib, Kind oder Tier. Die Leute waren überrascht, wehrlos, gelähmt vom Trinken, noch halb schlafend. Nicht ein Pfeil wurde für uns auf die Sehne gelegt, nicht ein einziger Stein geschleudert. Wir schlachteten, bis in die Nacht hinein, bis uns die Arme erlahmten. Dann sammelten wir uns am Halys, weit unterhalb des Lagers.

      Karsos sagte:

      "Herr, es ist gefährlich, ihnen Zeit zu lassen, sich zu besinnen, wir sind nur wenige, sie zählen nach Tausenden. Wenn sie nüchtern sind, werden sie sich ihres Verstandes bedienen, Wir sollten ins Lager zurückkehren und einige zu überreden suchen, sich uns anzuschließen."

      Amon-Es erwiderte:

      "So soll es geschehen, Karsos."

      Wir reinigten uns in den Wassern des Halys, entledigten uns der blutbespritzten Sachen, nahmen die Masken ab und gingen zurück ins Lager. Nur vereinzelt brannten Feuer, an denen Menschen saßen, stumm vor Schrecken, ratlos über das, was über sie hereingebrochen. Andere hatten, damit begonnen, die Toten zusammenzutragen.

      Ich ergriff einen dieser lebendigen Leichname und fragte:

      "Wo ist Simon, der Stumpfnasige?"

      Der Mensch wankte mit dem ganzen Oberkörper und stammelte:

      "Weiß nicht, gestern Nacht, heute Nacht, alles tot, die Unsterblichen, wehe uns."

      Da aus ihm nichts herauszukriegen war, ließ ich ihn los, und wir gingen zurück in das Zelt des Führers.

      Großer König, Karsos berichtet.

      Folgendes sagte Amon-Es, der Ägypter:

      "Es ist geschehen, was vorherbestimmt gewesen, wer wider mich ist, den will ich ausrotten, wer anders ist als ich, den werde ich töten. Beizeiten habe ich gesehen, dass sich bei einer gewissen Größe des Heeres keine Disziplin einhalten lässt, ohne das Mittel des Schreckens. Dem Menschen wohnt Schlechtes inne. Deshalb habe ich das Heer solange am Halys ruhen lassen, bis das Schlechte herauskam. Ab morgen werden wir ein anderes, ein besseres Heer haben und verlässlichere Führer. Nach dieser Blutnacht, die eine Grenze setzt zwischen uns und den anderen Gottheiten, steht uns die Versöhnung des Heeres in dem Ewigen und Einzigen bevor. Die heute für den Ewigen gestritten haben, die tragen ab jetzt den Namen Zeugen des Erleuchteten, ihre Namen bleiben geheim und Karsos wird sie führen. Er ist Grieche, ein Skeptiker und ein Mensch des Verstandes. Er wird solange treu zu dem Ewigen stehen, wie er seinen Nutzen findet. Es wird meiner Weisheit überlassen bleiben, den Zeitpunkt zu bestimmen, wo sein Interesse in einen Gegensatz zu dem des Ewigen gerät.

      Morgen wird Folgendes geschehen; wir werden Steine auflesen und jedem Toten seinen Stein geben. Sammeln wir die Steine, zählen wir sie, so werden wir wissen, wie viel Menschen heute für den wahren Glauben gestorben sind. Dann nehme ich das Opfer vor, es wird mein erstes, zugleich mein 1etztes öffentliches 0pfer sein auf einem der Altäre der Abgötter. Dann werden wir das neue Gesetz verkünden, das der Polis des Erleuchteten. Jetzt legt euch zur Ruhe und stellt Wachen auf."

      Das Großer König, geschah am Halys. Wir zählten gegen eintausenzweihundert Tote. Niemand durfte sie bestatten, womit ihnen der Eintritt in das Totenreich verwehrt werden sollte. Amon-Es opferte einen weißen Stier, und erklärte die Götter für versöhnt. So wurde diese Blutnacht gesühnt.

      Für den Rest des Tages blieb das Heer sich selbst überlassen. Am folgenden Morgen, kurz vor dem Aufbruch, stellte sich alles auf, um die neue Botschaft zu empfangen, die Erklärung für das Unerklärbare, die große Lüge.

      Amon-Es sagte:

      "Furchtbares ist über uns hereingebrochen, und wir fragen uns, wie konnte es dazu kommen? Der Ewige zürnte uns schwer, weil wir sein Gesetz nicht hielten, sondern Abgötterei trieben. Er suchte uns heim, um uns an unsere Aufgabe zu erinnern, der Befreiung aller Menschen von Abgötterei. Ich habe heute seine Botschaft empfangen, sie lautet: 'Es gibt nur einen Ewigen und Einzigen, wer sich von mir abwendet, stirbt. Wer erwirbt mehr als er braucht, hält mein Gesetz nicht, er stirbt. Wer Unzucht treibt, sei es ein Mann mit einem Weibe, einem Knaben oder Tier, sei es ein Weib mit einem Mann, einer Frau oder einem Tier, der mein Gesetz, er stirbt. Aber ich will einen unter euch ausersehen, mit dem will ich sprechen, er ist größer als ihr, durch mich. Er ist der Prophet, ihm sollt ihr gehorchen, wie ihr mir gehorcht, denn er hält mein Gesetz! ·"

      Dann warf sich der falsche Priester nieder, um zu beten und das Heer tat es ihm nach. Auch Karsos kniete, ohne die Anwesenheit der Gottheit zu spüren.

      Großer König, so zogen wir weiter, um einige hundert Menschen ärmer, reicher um einige unmenschliche Gesetze und mit einem furchtbaren Vollstrecker im Nacken, zogen wir weiter ohne Götter, ohne Opfer und Altäre. Aber jählings schlug die Stimmung abermals um. Jetzt drängten sich viele zu den Zeugen des Erleuchteten. Listen mussten geführt werden, wer hier aufgenommen werden wollte, musste den Beweis erbringen, dass er das Gesetz hielt, was die übrigen nicht brauchten, noch nicht, manchem kam eine Ahnung, dass ihn Schlimmeres in Sesach erwarten würde, innerhalb einer festen Mauer, ohne einen Fluchtweg. So schleppte sich das Heer der Erlauchten weiter.

       5. Glykera oder was der Tyrann über die Liebe denkt

      Davon berichtet Karsos jetzt.

      Großer König, die Tage sind dahingegangen, auch unter einem Tyrannen herrscht nicht immer Schrecken, im Gegenteil. In letzter Zeit bildete sich ein Führungskorps aus; Offiziere, Feldherren, Beamte. Amon-Es, dem ungefähr weitere tausend Mann zugeführt wurden, beschäftigte sich nur noch mit der Führung des Heeres, soweit es das Ziel betrifft. An eine strikte Einhaltung des Gesetzes ist überhaupt nicht zu denken.

      Über Glykera gingen vielerlei Gerüchte um, niemand hatte die Geliebte des Tyrannen, wie ich ihn fortan nennen will, im

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