Von den Göttern verlassen IV. Sabina S. Schneider

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Von den Göttern verlassen IV - Sabina S. Schneider

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sollte, als Fettfleck interpretiert. Die Buchstaben waren unbeständig und unregelmäßig, als hätte ein Kind, das gerade das Schreiben gelernt hatte, die Buchstaben K R E M hinzugefügt, um den Fettfleck wie einen Eintrag aussehen zu lassen.

      Es waren auch Schriften vorhanden, die Lucel nicht lesen konnte. Er seufzte leise und erntete einen bösen Blick von Selena.

      Dann konzentrierte sie sich wieder auf die Karte, als würde sie die Lösung für ihr Problem dort finden.

      „Wir müssen in den Norden, wenn wir nach Tarahalm wollen. Der türkise Kreis ist definitiv bei Tarahalm“, murmelte sie vor sich hin.

      Neun farbige Kreise waren im Gegensatz zu dem Rest fein säuberlich eingetragen. Neben dem türkisen befand sich ein kleinerer roter Punkt. Gelb und Lila waren im Senjyougebiet im Südwesten eingezeichnet, zusammen mit Orange und Grün. Warum mussten sich so viele an einem Ort aufhalten, vor allem bei denen, von denen er sich fernhalten sollte? Im Nordwesten, im Teffelofgebirge, befanden sich drei weitere: Braun, Grau und der schwarzer Punkt mit dem silbernen Kern.

      Auch tabu.

      Ihnen blieb nur der Norden.

      „Wir müssen in den Norden ... “, wiederholte Selena leise und ernst. Als würde diese Information ihnen helfen. Dass sie in den Norden mussten, war ihnen noch vor dem Tag der Abreise klar gewesen. Doch es brachte nichts, Selena in ihrem Tantrum zu stören.

      Dickköpfig starrte sie auf das Pergament. Als würde sie dort die Antworten auf alle Fragen des Universums finden.

      Lucel drehte sich weg und schloss die Augen. Ihr Problem bestand darin, dass sie nicht wussten, wo Norden lag. Da er sich sicher war, dass Selena dieses Problem durchaus nicht unbekannt war, zog er es vor, zu schweigen.

      Also rollte Lucel sich auf die Seite, genoss den Geruch nach Kiefern, Waldbeeren und Gras. Der Duft von weißen Maiglöckchen mischte sich in den Wald, wühlte ihn auf, obwohl er ihm so vertraut war. Vielleicht, weil er ihm so vertraut war? Lucel hatte nicht einmal protestiert, als Selena verkündet hat, dass sie ihn begleiten würde. Vater hatte sie nur dunkel angesehen und sich bis zum Schluss nicht von ihnen verabschiedet.

      Lucel seufzte.

      Weit waren sie nicht gekommen, als Selenas Pferd von einer kleinen Blindschleiche aufgeschreckt worden war und durchging.

      Es war panisch querfeldein in den Dunkelwald gelaufen und Lucel hatte Mühe gehabt, Selena einzuholen. Als sich Quiver beruhigt hatte, waren sie irgendwo im Nirgendwo. Um sie herum nur Bäume und weit und breit kein Anhaltspunkt, wo sich ein Weg befinden könnte. Die dichten Kronen ließen nur wenig Sonnenlicht durch und Selena musste sich sehr anstrengen, im Dämmerlicht etwas auf der Karte entziffern zu können.

      Lucel seufzte erneut, stand auf und kletterte geschickt auf einen Baum und sah der Sonne beim Untergehen zu.

      „Lucel! Was machst du da oben? Komm sofort herunter!“, rief Selena aufgeregt, war jedoch, noch während sie sprach, auch schon dabei, ihm nach zu klettern. Dank der Tunika und der Hose, die sie anstelle ihres Kleides trug, war sie geschwind neben Lucel und sie sahen gemeinsam der Sonne dabei zu, wie sie die Welt in ein wunderschönes Rosarot tauchte.

      „Wir müssen runter, solange wir noch etwas sehen können“, sagte Selena, während sie ihre Augen nicht von dem Schauspiel losreißen konnte.

      Lucel stieg als Erstes hinab und half Selena herunter.

      „Jetzt wissen wir, wo Westen ist und wenn wir bis morgen Mittag warten, auch wo Norden“, sagte Lucel und verlor die Balance, als Selena in freudig ansprang.

      „Aber was machen wir solange?“, fragte Selena, als ihr Magen Lucel laut anknurrte.

      „Essen, schlaffen, essen?“, erwiderte Lucel mit einem verschmitzten Lächeln.

      „Wie macht man ein Feuer?“, fragte Selena und schaute ihn erwartungsvoll an.

      Lucel rieb sich den Kopf. Er hatte seinem Vater immer nur beim Feuermachen zugeschaut. Selbst entzündet hatte er noch nie eins. Wenn sie auch alles dabei hatten, was man auf Reisen brauchte und mehr, fehlte es ihnen am Essentiellen: dem Wissen.

      Selena runzelte wieder die Stirn, kramte in ihren Beuteln und holte triumphierend zwei Steine heraus, schlug sie so fest aneinander, dass Funken sprühten und wieder verlöschten. Aufgeregt sammelte Selena Gras, kleine Äste und Blätter.

      Nach etwa einer Stunde brannte ein kleines Feuer und verlosch nach wenigen Minuten. Nach der Hälfte der Zeit brannte ein neues Feuer und es gelang ihnen es so lange am Leben zu halten, bis sie ihr Abendmahl zu sich genommen hatten. Dann schliefen sie beide, in ihre Schlafsäcke gewickelt, ein.

      Ungläubig besah sich der Mann in den Schatten das Schauspiel. Ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, Wache zu halten, schliefen diese Kinder seelenruhig nicht einfach in der Wildnis, nein, im Dunkelwald. Hatte man ihnen denn nichts beigebracht? Selbst Feuermachen konnten sie nicht.

      Der Mann kratzte sich am Bart. Er erinnerte sich nicht daran, wann er sich das letzte Mal rasiert hatte. Gebadet hatte er auch schon länger nicht. Ein Weg, sich zumindest das Kleintier vom Leib zu halten. Seine Kleidung war zerrissen und dreckig, seine Schuhe hatte er vor Jahren weggeschmissen. Wann hatte er das letzte Mal mit einem Menschen gesprochen? Konnte er überhaupt noch sprechen? Als er es versuchte, kam nur ein Krächzen heraus.

      Vielleicht würde ein Schrecken am Morgen die beiden Jungspunde lehren, vorsichtiger zu sein ...

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      Lucel räkelte sich, als die ersten Sonnenstrahlen sein Gesicht berührten und öffnete schläfrig die Augen. Sein Rücken, der weiche Federbetten gewöhnt war, schmerzte ein wenig.

      Dann durchriss ein Schrei die Luft.

      Lucel sprang auf, sah sich überrascht um und entdeckte eine auf der Erde kniende Selena. Tränen des Entsetzen standen ihr in den Augen. Lucel eilte zu ihr und nahm sie in den Arm.

      „Hat dich ein Tier erschreckt?“, fragte Lucel verwundert, während er ihr übers Haar streichelte.

      Sie schüttelte den Kopf, versuchte mehrmals Luft in ihre Lungen zu bekommen, und heulte schließlich stammelnd los: „Pferde ... Gepäck ... alles weg!“

      „Quiver und Salop sind bestimmt nicht weit. Ein Tier hat sie sicher aufgeschreckt und sie haben sich losgerissen.“ Hatten sie die Pferde überhaupt angebunden? Lucel war sich nicht mehr sicher.

      „Von Tieren erschreckt? Ist das deine Antwort auf alle Probleme? Und das Gepäck? Haben sie das auch mitgenommen?“, rief Selena verärgert, schubste Lucel um und warf ihm einen giftigen Blick zu, als er leise erwiderte: „Möglich wäre es schon.“

      Selena lief mit tränennassen Wangen im Kreis herum, sank dann auf die Knie und heulte so laut, dass die Bäume erzitterten: „Wir werden sterben! Verhungern, verdursten. Von wilden Tieren zerfleischt werden. Ich will noch nicht sterben!“

      Ein verächtliches Schnauben kam aus den Bäumen und ihr Gepäck landete mit einem Plumps auf dem Boden. Ihm folgte ein menschenähnliches Wesen.

      Selena und Lucel starrten es verwundert an. Es öffnete seinen Mund und ein Krächzen kam heraus. Dann räusperte es sich und sprach mit heiser Stimme: „Ich

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