Schattenchance. Maya Shepherd

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Schattenchance - Maya Shepherd Dear Sister

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war ihre Suche nach ihm immer erfolglos geblieben. Zum Glück!

      Nachdem ich gesehen hatte, wie Charles Crawford in das Anwesen neben Dairine eingezogen war und sie mir auch noch das Gerücht aufgetischt hatte, er wolle für den Bürgermeisterposten kandidieren, ahnte ich nichts Gutes. Rhona steckte mit ihm unter einer Decke, war sozusagen seine rechte Hand. Nur weil sie Eliza schon einmal vor ihm gerettet hatte, musste das nicht bedeuten, dass wir uns auch in dieser Realität auf sie verlassen konnten. Ich vertraute ihr einfach nicht!

      Missmutig zog ich meine Schuhe ebenfalls aus und trat ins Wohnzimmer, wo meine Mutter auf der Couch saß.

      „Was macht Rhona denn schon wieder hier?“, murrte ich genervt und ließ mich neben ihr in das tiefe Polster plumpsen.

      „Das nenne ich doch mal eine herzliche Begrüßung“, ertönte die gefühlskalte Stimme meiner Tante aus dem Nichts und sie tauchte neben dem Kamin aus den Schatten auf. Dicht gefolgt von Eliza, die heute auch nicht in der Schule gewesen war.

      „Rhona meint, ich bin weit genug, um die Erinnerungskontrolle zu erlernen“, erzählte meine Schwester stolz, die ihre leibliche Mutter nach wie vor bei ihrem Namen nannte. Mum sagte sie nur zu Susan - unserer gemeinsamen Mutter. Dennoch bewunderte sie Rhona und sah zu ihr auf, wenn sie nicht gerade über sie schimpfte, weil sie sich weigerte, ihr den Namen ihres leiblichen Vaters zu nennen. Sie gab sich Mühe, die Schattenwandlerfähigkeiten zu beherrschen, um so endlich die Anerkennung von Rhona zu erlangen.

      Eliza wäre mit der Erinnerungskontrolle in der Lage, die Erinnerungen von Menschen aus dem Kurzzeitgedächtnis zu löschen. Sie könnte zum Beispiel dieses Gespräch für mich ungeschehen machen, sodass ich gar nicht wüsste, dass Rhona zu Besuch gewesen war. Es war irgendwie verrückt, sie über Erinnerungen reden zu hören, wenn sie selbst sich an ganze zwei Jahre ihres Lebens nicht erinnern konnte.

      „Wofür soll das gut sein?“, gab ich missmutig zurück. „Die Erinnerung eines Menschen sollte nur ihm gehören und nicht von jemand anderem gelöscht oder manipuliert werden können.“

      Eliza machte eine wegwerfende Handbewegung. „Du bist doch nur eifersüchtig, das ist alles.“

      Rhona ließ den Blick über mich gleiten, wann immer sie einen ansah, hatte man das Gefühl, unter Verdacht zu stehen, etwas verbrochen zu haben. „Warum so schlecht gelaunt?“, fragte sie. Wir hatten noch nie ein enges Verhältnis gehabt, aber früher hatte ich auch nicht gewusst, was ich nun wusste. Rhona war meine einzige Tante gewesen und alleine deshalb hatte ich ihr Sympathie entgegengebracht. Es weckte ihr Misstrauen, dass ich mich lautstark über ihre Anwesenheit beschwerte.

      Ich kam jedoch gar nicht zu Wort, da Eliza an meiner Stelle antwortete: „Sie hat ihren ersten festen Freund und wahrscheinlich direkt Streit mit ihm.“ Es verletzte mich, wie herablassend sie von mir redete. Die alte Eliza hätte niemals so von mir gesprochen. Sie hätte sich aufrichtig für mich gefreut und mich besorgt danach gefragt, was mir die Laune verdorben hatte.

      „Oh Winter, warum hast du nichts gesagt?“, rief meine Mutter bestürzt aus und legte mir eine Hand vertraulich auf den Oberschenkel. „Wie heißt er denn?“

      „Es ist Evan“, kam Eliza mir erneut zuvor. „Lucas‘ bester Freund.“ Sie sagte es, als würde ich Evan nur benutzen, um insgeheim doch noch an Lucas herankommen zu können. Durch die Zeitmalerei hatte ich nicht nur meinen Vater, Lucas und Aidan retten, sondern auch Eliza davor bewahren wollen, dass ihre Seele zerbrach, doch stattdessen war sie zu einem größeren Miststück als je zuvor geworden.

      Glücklicherweise ging unsere Mutter nicht weiter auf Eliza ein. „Lade ihn doch mal zu uns zum Essen ein“, schlug sie mir vor und lächelte mir dabei aufmunternd zu.

      „Wir haben keinen Streit“, stellte ich klar. Evan würde ich sicher nicht zum Essen einladen, wenn es sich irgendwie vermeiden ließe. Es reichte schon, dass ich meine Freunde belügen musste, da wollte ich meine Eltern nicht auch noch mit hineinziehen. Würde Rhona nun auch öfter in Wexford sein, wenn Charles hier in das Anwesen einzog und Bürgermeister werden wollte?

      „Wie lange bleibst du dieses Mal?“, wollte ich von Rhona wissen. Sie antwortete mir nicht direkt, sondern sah mich einen Moment bohrend an.

      „Ich habe beruflich in Wexford zu tun, deshalb bleibe ich dieses Mal länger. Warum fragst du? Möchtest du mich wieder loswerden?“

      „Du hast gar nichts erzählt“, wunderte sich nun auch unsere Mutter Susan. „Wo wohnst du denn?“

      „Ein Freund hat ein Anwesen direkt am Strand gekauft. Ich kann bei ihm wohnen“, erzählte Rhona. Sie sprach ohne jede Zweifel von Charles.

      „Dann muss er ja in der Nähe von Dairine wohnen“, schloss Eliza. „Stellst du mich ihm mal vor?“

      „Nein!“, entgegnete Rhona sofort. Sie warf Eliza einen scharfen Blick zu. „Das ist beruflich und es geht dich rein gar nichts an!“

      Eliza verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Gerade hast du gesagt, es wäre ein Freund.“

      „Ein beruflicher Freund.“

      „Was arbeitest du denn für ihn?“, wandte ich mich erneut an Rhona und sah mit Genugtuung, wie sie sich in die Enge getrieben fühlte.

      „Hört doch auf, sie auszufragen“, ergriff Susan unerwartet Partei für ihre jüngere Schwester. „Rhona hat als Anwältin eine Schweigepflicht und darf deshalb nicht zu sehr ins Detail gehen.“ Ich fragte mich, wie viel meine Mutter wusste. Oder war es eher so, dass sie lieber so wenig wie möglich über Rhonas Machenschaften wissen wollte? Rhona nutzte diese Gelegenheit zur Flucht.

      „Es ist spät, ich habe noch zu tun“, sagte sie und löste sich bereits wieder in Schatten auf. Sowohl Eliza als auch ich starrten misstrauisch auf den Fleck, an dem sie verschwunden war. Uns war beiden klar, dass sie etwas verschwieg. Nur, dass ich im Gegensatz zu Eliza wusste, was Rhona zu verheimlichen versuchte. Die Frage war nur warum. Wollte meine Tante Eliza schützen oder plante sie eher, ihr Blut zu benutzen, um sich selbst unsterblich zu machen? Es gab nichts, was ich ihr nicht zugetraut hätte, nicht nach allem, was passiert war.

      Nervös zupfte ich an meinem neuen Sportoberteil. Es bestand aus einem atmungsaktiven, enganliegenden Stoff – schwarz mit grauem Leopardenmuster. Ich hatte es mir erst gestern nach der Schule gekauft und dafür mehr gezahlt als für jedes andere Kleidungsstück in meinem gesamten Kleiderschrank. Dazu hatte ich mir noch eine graue Sporthose gegönnt. Eine gefühlte halbe Stunde hatte ich mich in der Umkleidekabine vor dem Spiegel hin und her gedreht, meinen Po begutachtet und sogar Turnübungen ausgeführt, um sicherzugehen, dass nichts rutschte oder sich unvorteilhafte Falten bildeten. Für ein paar neue Schuhe hatte mein Geld leider nicht mehr gereicht, sodass ich meine ausgetretenen weißen Turnschuhe weiterhin trug.

      Leider war ich nicht die Einzige, die sich für den neuen Sportlehrer in Schale geworfen hatte. Sämtliche Mädchen trugen anstatt weiter Schlabbershirts plötzlich enganliegende Sportkleidung, meist auch noch in leuchtenden Neonfarben. Der Spiegel in der Umkleide war begehrter als je zuvor gewesen, weil alle noch einmal ihre Frisur hatten überprüfen und ihr Make-up auffrischen müssen. Dairine hatte sich das ganze Schauspiel kopfschüttelnd angesehen und mich damit aufgezogen, dass ich mich auch noch daran beteiligte, dabei trug sie selbst auch ihre neusten Sportsachen.

      Liam selbst wirkte hingegen, als habe er wahllos in seine Kommode gegriffen und das angezogen, was ihm als Erstes in die Hand gekommen war: dunkelblaue Jogginghose und ein weißes T-Shirt. Dennoch sah er einfach unglaublich aus. Mein Herz flatterte, sobald ich ihn

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