Das Ende der Clara. Helmut H. Schulz

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Das Ende der Clara - Helmut H. Schulz

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das mal bei einer Haffwoche an Oll-Grell hängengeblieben ist. Seither trägt er das gute Stück, gelegentlich wäscht er es unter der Pumpe aus.

      "Wir haben hier nämlich eine Besprechung", sagte Oll-Grell würdevoll. Da mussten wir auch noch dem Sektionsleiter den Fall vortragen, aber der sagte, für Regatten seien allein die Verbände zuständig, niemand sonst. "Privatleute dürfen es überhaupt nicht." "Johannsen ist schon ein Schlitzohr", sagte Oll-Grell. Is ooch keene Regatta nich, sondern man bloß ein Jux för de dummen Jongens."

      Der Sektionsleiter nahm uns alle mit in sein Büro zur weiteren Verhandlung der Sache und blätterte in seinen Akten, bis er den Steckbrief der »CANBERRA« gefunden hatte. In Kappeln soll sie erbaut worden sein, und zwar 1935 und immer mal den Besitzer gewechselt haben, war wie eine Hure von Hand zu Hand gegangen, aber offenbar dabei nicht schlechter geworden, sondern immer besser und feinfühliger.

      "Hört mal, ihr Jungens", sagte der Sektionsleiter ernst, "das gibt euch nur Ärger. Ist er Däne, dann muss er sie einklariert haben, woraus folgt, dass er sie auch wieder ausklarieren muss. Ist euch das einigermaßen klar? Nicht mal schenken könnte er euch sein Boot, es sei denn, ihr langt tief in die Tasche und legt einen gepfefferten Einfuhrzoll auf den Tisch des Staates. Es ist etwas faul im Staate Dänemark, Hände weg davon. Es hat auch keinen Sinn, ein so altes Boot zu kaufen. Bei jeder Wende rollen euch tausend Liter Wasser von einer auf die andere Seite." Er deutete rüber zur Wiese, wo die Solings standen. "Dort liegt die olympische Zukunft, Jungens!"

      "Jawoll", sagte Oll-Grell, "bei den Kübeln aus Plast auf der Schafweide. Die Ingenieure haben diesen Dingern irgendwie das Schwimmen beigebracht. Was seggst?"

      "Du halt den Sabbel", sagte der Sektionsleiter streng zu Oll-Grell.

      Eilig stimmten wir zu, obschon uns die Sache nicht weniger reizte, auch wenn sie oberfaul sein sollte. Wir dachten voller Liebe an die Prinzessein, aber von diesem Mädel wollten wir dem Sektionsleiter doch lieber nichts vertellen. Das war uns selber doch zu abenteuerlich. Wir fragten ihn, ob er wisse, wie man konsequent auf dem zweiten Platz bleiben könne. Er galt als bedeutender Taktiker, und gewerblicher Vermesser war er noch obendrein, neben seiner Arbeit im Klub. Und er tat uns auch den Gefallen und tippte allerhand auf seinem Taschenrechner herum, drehte an seinen verschiedenen Pappscheiben mit Zahlen und Peilungen, und dann sagte er, das müssten wir allerdings selber herausfinden, in der Praxis. Möglich sei es natürlich und vielleicht genauso schwer, wie als erster die Tonnen zu runden und diesen Platz auch zu halten. Er habe uns ja gerade beibringen wollen, den zweiten Platz wie das Feuer zu meiden, so weit wie möglich nach vorn zu segeln, aber es gebe eben zu wenig Talente. Denn wer auf dem ersten Platz liege, dem sei es kaum verwehrt, auch auf den zweiten reinzukommen. Er wollte noch wissen, ob es sich um olympische oder um andere Regeln handele, nach denen das Rennen ausgetragen werde. Also, kurz und gut, viel war mit ihm nicht anzufangen. Oll-Grell rief uns nach: "Johannsen is ein Schlitzohr."

      Mehr kam bei unserer Tour nicht heraus, als dass dieser Johannsen wirklich so hieß und Funker war und dass die »CANBERRA« mal einen großen Ruf gehabt hatte. Schon die Existenz dieser Dagmar war dagegen recht zweifelhaft. Ob sie die Tochter des Skippers war, wusste ja keiner ganz genau, er selber hatte es nicht ausdrücklich gesagt.

      Ich ging aber davon aus, dass es sich um seine Tochter handelte.

      4

      Wir saßen auf der Mole, kauten Grashalme und beobachteten die »CANBERRA«. Da kam diese Dagmar und winkte uns zu. Also standen wir auf, wischten uns die Hände an den Buxen ab und machten Shakehands mit dem schönen Kind.

      "Hallo, Papa über Bord gegangen?"

      "Er macht neue Zettel an", sagte sie, "und was heißt hier Papa? Für euch noch lange nicht Papa."

      "Zettel macht er an? Schon wieder? Und was steht drauf auf diesen Zetteln?"

      "Die Bitte um Meldung und der Termin des Starts."

      "Nun verklicker uns mal, Mädel," sagte Hinrichsen, "wie er sich die Sache denkt. Wie macht man es, um auf dem zwoten Platz zu bleiben? Dein Papa wird es dir verraten haben. Wir können schweigen, wir beide, der olle Wedderkopp hier und ich, Hinrichsen, sowieso."

      "Mal auf den Busch klopfen, was?", sagte sie. "So leicht ist die Prinzessin nicht zu haben und das halbe Königreich auch nicht. Strengt euch doch mal an."

      "Und wem gehört eure »CANBERRA« denn wirklich? Diesem Johannsen?"

      Auf dem Ohr aber war sie vollends taub, wir seufzten und sagten, es gehe nichts über gesprächige Frauen.

      "Schön," sagte sie, "es gibt nicht nur eine Lösung, ganz klar. Man kann sich abrackern, um hintennach zu bleiben. Das habt ihr ja schon rausbekommen, aber es gibt eine einzige ganz frische Lösung, die euch auch noch Spaß macht. Wenn er das Boot nicht jedem geben will, sondern dem Richtigen, muss er die Anwärter eben auf Herz und Nieren prüfen. Ihr seid Studenten, was?"

      "So fragt man Leute aus", sagte Hinrichsen. Er bot ihr einen Erfahrungsaustausch an, und vielleicht hätte er damit Erfolg gehabt. Daraus wurde dann aber nichts, der Skipper kam, begrüßte uns mit Handschlag, ließ sich von dieser Dagmar auf die stopplige Wange küssen und nahm sie mit. Auf unsere Frage, wie viele Meldungen er denn nun schon habe, erklärte er, vorläufig würden nur wir beide an den Start gehen. Niemand sonst habe sich gemeldet, aber mit zwei Meldungen wäre er ganz zufrieden, zumal er nur Gutes über uns gehört habe.

      "Da sehen Sie", sagte Hinrichsen. "Nichts kommt raus bei Ihrer Regatta. Sie ist Mist, Ihre Idee ist einfach Mist."

      "Ja, das weiß ich nun schon", sagte der Skipper, "Ihre Meinung haben Sie mir gesagt, und ich wiederhole euch, es gibt einen Weg zum Sieg und sogar einen knochen- und beinharten Weg. Und wer darauf kommt, der verdient die »CANBERRA« auch wahrhaftigen Gottes. Verkaufen kann ich sie jederzeit."

      "Können Sie", sagte Hinrichsen, "wir haben Nachforschungen angestellt. Sie war mal eine Größe, ein Stern erster Ordnung, heute ist sie ein bannig alter Kasten.

      "Sagt Ihnen der Ort Kappeln was, in Holstein?"

      "Kappeln? Wo soll das sein? Nie davon gehört."

      "Nun, mein Sohn", sagte der Skipper, "mit Gerede kriegt ihr mein Boot nicht, ihr Jungens. Sie ist noch immer eine piekfeine Yacht, eine große Schönheit auf den sieben Meeren, und sie braucht eine zarte und manchmal eine harte Hand, wie das bei Frauen so ist. Glaubt es mir, nicht jeder verdient sie."

      "Und sie gehört Ihnen?", fragte Hinrichsen.

      "Seh ich aus, als ob ich verschenke, was mir nicht gehört?", sagte er. "Bleibt es nun bei eurer Meldung oder was? Sonst ziehe ich einfach weiter."

      Wir nickten verdrossen und gingen auseinander. Was blieb denn auch übrig? Er war ein Erpresser, das war er ganz sicher, und er hatte uns an der Angel, das war auch klar.

      5

      In der Nacht vor dem Rennen schliefen wir wenig. Hinrichsen blätterte in einem Lehrbuch und sagte: "Hör zu, Alter! Ihre Funkanlage ist ausgefallen, die ganze E-Anlage ist zum Deibel gegangen, defekt, nichts funktioniert mehr, kein Strom, alle Chronometer an Bord sind stehen geblieben. Ihr Sextant ist über Bord gegangen, den zweiten haben sie verlegt. Da kommt ihnen der Alte und verlangt ein Mittagsbesteck."

      "Blödsinn. Der eine ist über Bord gefallen, der andere ist verlegt?"

      "Bitte", sagte Hinrichsen, "hier steht es, wenigstens so ungefähr, also muss es eine solche Situation schon gegeben haben.

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