Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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König Vortigern hat es befohlen.“

      Das beruhigte Ordulf einigermaßen.

      Ceretic sprach mit den Bewaffneten und bald winkte er seinen Begleitern: „Los, weiter, der Mann mit dem blonden Schnauzer hier wird uns zum Palast führen.“ Sie folgten dem Britannier durch den dunklen Torbogen. „Wir haben Glück“, fuhr Ceretic fort. „Vortigern hält sich tatsächlich in Durovernum auf.“

      Ordulf hörte nur halb zu. Die Welt endete nicht hinter der Mauer, wie er befürchtet hatte. Es war viel eher so, als begänne sie erst richtig. Auf den Straßen der Stadt herrschte reges Treiben und am Rande der rechtwinklig angelegten Gassen stand eine geradezu unglaubliche Anzahl Häuser. Manche aus Holz, andere, wie die Mauer, aus Stein erbaut. Selbst der gleichmütige Gerolf kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Er und Ordulf machten sich gegenseitig mit offenen Mündern auf immer neue Details aufmerksam. Bald führte Ceretic sie auf einen großen Hof. Hier waren die Steinhäuser häufiger und auch größer als direkt hinter der Stadtmauer.

      „So, ihr könnt absteigen. Ich werde euch jetzt vor den König führen“, bedeutete Ceretic den beiden, während er und der schweigsame Kleriker bereits zu Boden sprangen. Hilfreiche Hände nahmen den immer noch völlig benommenen Sachsen die Zügel aus der Hand. Automatisch stieg Ordulf vom Pferd und folgte den beiden Britanniern wie ein eingeschüchterter Hund in das größte der Gebäude.

      Im ersten Raum trafen sie auf weitere Bewaffnete. Die Männer trugen Helme, glänzende Rüstungen und seltsame große, ovale Schilde, einige wieder mit dem Kreuzsymbol darauf. Ein Mann mit einem prächtigen goldenen Helm und einem quer stehenden roten Helmbusch übernahm die Führung. Um sie herum redeten die Britannier laut durcheinander und gafften ebenso staunend zurück, wie die Sachsen sie anstarrten. Alle hielten respektvoll Abstand und niemand schien es zu wagen, sich den Fremden zu nähern. Schließlich öffnete sich vor ihnen eine weitere Tür. Beim Eintreten wurde Ordulf von der Pracht geblendet. Auf mehreren bronzenen Becken brannten Feuer, schwere Stoffe hingen an den Wänden. Der Fußboden war mit bunten Steinen belegt, die kunstvolle Muster bildeten, aber nicht wegrollten, wenn man mit den Füßen drauf trat.

      „Der Hochkönig Britanniens! Verbeugt euch vor ihm“, riss ihn Ceretics Stimme aus dem Staunen.

      Vor ihm, auf einer Art Hochsitz, saß ein großer Mann mit langem rotem Bart, den Ordulf bisher noch gar nicht bemerkt hatte. Ehrfürchtig beugte er Knie und Kopf vor dem Herrscher all dieser Pracht. Ceretic begann auf Britannisch zu sprechen. Anfangs unterbrach ihn der König einige Male mit einer tiefen Stimme, aber dann wurde es immer stiller um die vier.

      Ordulf nutzte die Zeit, um sich noch einmal gründlich umzusehen. Das Haar des Königs war an den Schläfen bereits ergraut und ein goldener Reif um seine Stirn unterstrich Würde und Macht. Er war in ein langes purpurfarbenes Gewand gehüllt. Neben ihm, aber deutlich niedriger, saß noch ein weiterer Mann. Er war klein und eigentlich nicht mehr als ein grauhaariger Greis mit einem silbernen Geschmeide auf dem Haupt. Ordulf erfuhr später von Ceretic, dass es sich um Vortigerns Vasallenkönig Gwyrangon, den Herrscher von Cantium und somit ihren eigentlichen Gastgeber in Durovernum handelte. Vortigern hielt sich mitunter gern in den Residenzen seiner Vasallenkönige auf, vor allem in Durovernum oder Lindum. Londinium, wo sich sein eigener Palast befand, war ihm zu aufmüpfig und Verulamium, die Hauptstadt seiner catuvellaunischen Vorväter, war inzwischen zu einem unbedeutenden Flecken verkommen.

      Um die beiden Herrscher herum standen weitere Wächter mit glänzenden Rüstungen und bunten Mänteln. Direkt unter sich entdeckte Ordulf das Bild zweier Vögel. Sie sahen so täuschend echt aus, dass er fast danach gegriffen hätte. Aber scheinbar bestanden auch sie, wie fast die ganze Stadt, aus totem Stein.

      Da hörte Ordulf wie Ceretic seinen Namen erwähnte und schaute auf. Der König blickte ihm forschend ins Gesicht. Ordulf fühlte sich seltsam, da er gar nicht verstand, was über ihn geredet wurde, aber der König nickte ihm zu, was ihn einigermaßen beruhigte. Dann winkte er Ceretic und der errötete. Er verbeugte sich nochmals und ging mit gesenktem Haupt auf Vortigern zu. Dieser ließ sich von einem Diener einen goldenen Torque reichen und gab ihn dann Ceretic weiter. Eilig befestigte der den Reif an seinem Hals. Ordulf beobachtete, wie Ceretic stolz den Kopf reckte. Offenbar war sein König zufrieden mit ihm.

      „Vortigern entbietet euch seinen Gruß. Er freut sich, dass Hengist euch übers Meer gebracht hat“, wandte sich Ceretic nun endlich in sächsischer Sprache Ordulf und Gerolf zu. „Als Zeichen seiner Wertschätzung will er euch etwas schenken. Tretet näher.“

      Ordulf und Gerolf sahen sich fragend an. Dann verbeugte sich Ordulf, wie er es gerade bei Ceretic gesehen hatte und ging langsam zu Vortigerns Thron. Gerolf folgte ungeschickt seinem Beispiel. Vortigern lachte leise über die verunglückte Verbeugung. Dann rief er etwas und ein weiterer Mann brachte ihm zwei silberne Armringe, jeder daumendick. Ordulfs Augen weiteten sich voll Begier. Und tatsächlich überreichte Vortigern ihm einen der Ringe. Ordulf wog das Silber in der Hand. Das war gut, sogar sehr gut! Zufrieden ließ er sich von Ceretic aus der Halle führen.

      Vor dem Gebäude warteten ihre Pferde. Allerdings nur drei.

      „Kommt der kleine Mann nicht mit uns?“, wunderte sich Ordulf.

      „Nein, Tallanus hat hier im Palast zu tun. Er dient dem, dem …“ Ceretic suchte nach einem passenden sächsischen Wort. „Dem großen Priester“, entschied er schließlich. Worte für Diakon oder Bischof gab es in der sächsischen Sprache einfach nicht. Ordulf ließ es dabei bewenden.

      Sie stiegen nicht auf, sondern führten die Pferde am Zügel über den großen Platz mit den steinernen Häusern. Zielstrebig bog Ceretic in eine der Straßen, die nach Westen zu führen schien. Es war Ordulf ein Rätsel, wie sich hier jemand orientieren konnte. Die Gassen sahen doch alle gleich aus mit ihren himmelhohen Häusern und dem steinernen Boden. Doch entgegen seiner Befürchtungen erreichten sie bald ein weiteres großes Gebäude, in dessen Hof ihnen wiederum ein Knecht die Zügel abnahm.

      „Wir müssen doch unsere Pferde versorgen. Sättel abnehmen und …“, protestierte Ordulf, als Ceretic ihn in Richtung einer großen Halle zog.

      „Dafür ist der Knecht da“, entgegnete Ceretic. „Ihr kommt jetzt mit mir. Wir haben zu feiern.“

      Widerstrebend ließ sich Ordulf von den Tieren wegziehen. Es war zwar nur ein ziemlich unansehnliches kleines Vieh, aber immerhin hatte es ihn brav von der Küste bis in die Stadt getragen.

      Sie betraten die Halle. An der einen Seite befand sich eine offene Feuerstelle und mehrere Mägde hantierten mit Schüsseln und Töpfen. Der Rest des Raumes wurde von langen Bänken und Tischen ausgefüllt, an die Ceretic sie nun führte. Ordulf sah sich neugierig um. Diese Halle sah ganz anders aus als die des Königs. Die Decke war niedrig und wurde von mehreren Balken gestützt. Die Menschen, überwiegend schnauzbärtige Männer in bunten Wollkleidern, schienen sich gar nicht zu beachten. Oft wandten sie einander den Rücken zu, während die einen müde ihr Bier schlürften und die anderen sich beim Würfelspiel oder trinken vergnügten. Sein Blick wanderte weiter und suchte nach dem Hochsitz. Doch er konnte ihn nicht entdecken. Da knallte eine der Mägde wortlos ein paar Becher vor sie hin. Ordulf fuhr erschrocken herum.

      „Wohnt hier ein Freund von dir?“, fragte er Ceretic verblüfft. „Und will er uns nicht in seiner Halle begrüßen?“

      „Nein, ich kenne den Wirt nicht“, erklärte Ceretic. „Dies ist ein Gasthof, hier bekommen Fremde Essen und Trinken und bezahlen dafür.“

      „Bezahlen?“ Nun mischte sich echte Empörung in Ordulfs Stimme. „Aber das Gastrecht ist doch heilig. Selbst die verdammten Friesen respektieren das“, protestierte er.

      Ceretic

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