Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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nickte. Zumindest was sie betraf, waren die Verhältnisse damit klar. Mochten die Britannier ihre merkwürdigen Sitten behalten, er wusste, wem er für das Gastmahl seine Dankbarkeit schuldete.

      „Einen schönen Goldring hat dir der König geschenkt. Darf ich einmal schätzen, wie schwer er ist?“, fragte er daher höflich und streckte erwartungsvoll seine Hand aus.

      Ceretic nahm den Ring umständlich vom Hals, behielt ihn aber einen Moment und schaute ihn mit unverhohlenem Stolz an. „Ja, das Gold ist das eine“, erklärte er selbstzufrieden. „Aber wichtiger ist, was es bedeutet. Der König hat mich in den Ritterstand erhoben und in seinen Rat berufen!“ Nun endlich reichte Ceretic dem jungen Sachsen den goldenen Torque. „Und morgen reiten wir zurück zu Hengist. Im Norden gibt es Arbeit für uns.“

      Durovernum, Juni 441

      Ceretic

      Am nächsten Morgen suchte Ceretic Vortigern noch einmal auf. Die Sachsen hatten einigen Eindruck gemacht. Zu recht, denn beide überragten die einheimischen Krieger um Haupteslänge.

      „Du wirst die Heiden auf dem schnellsten Weg nach Londinium bringen“, begrüßte der Hochkönig seinen frischgebackenen Ritter ohne Umschweife.

      „Können wir Pferde bekommen?“, fragte Ceretic zurück.

      „150 Pferde? Nein, das ist ausgeschlossen. Vielleicht zehn, für dich und ihre Anführer. Wie hießen sie doch? Henkai und Ho-, Ho-, Howie?“

      „Hengist und Horsa“, nickte Ceretic bestätigend.

      „Aber“, fuhr der Hochkönig fort, „ich habe mir bereits etwas überlegt. Die Sachsen sollen die Thamesa hinaufrudern. Mein Sohn Vortimer wird euch auf einer Lusorie entgegenkommen und euch nach Londinium führen. Ich werde ihn anweisen, alles, was er an Pferden und Wagen finden kann, dort für euch bereitzustellen. Von Londinium aus werdet ihr so schnell ihr könnt nach Lindum aufbrechen, wo ich mit dem Rest des Heeres warte. Ich selbst breche schon morgen früh dorthin auf, gemeinsam mit meinen wichtigsten Ratgebern.“

      Ceretic sah ihn erstaunt an. Wieso diese Eile? Doch der Hochkönig schien seine Gedanken zu erraten. „Ich habe gestern glückliche Nachricht erhalten. Die Pikten haben den hohen Wall überschritten.“

      Ceretic sah seinen Herrn ungläubig an. „Glückliche Nachricht?“, entfuhr es ihm, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte. Er war entsetzt. Was außer einem toten Pikten konnte einen glücklich machen?

      Der König grinste breit. „Ahearn, der König von Elmet, hat die Krieger der nördlichen Reiche um sich geschart, sich aber nach einer verlorenen Schlacht hinter den Mauern von Eboracum verkrochen. Wenn ich sie aus der Notlage befreie, wird mich der ganze Norden als Hochkönig anerkennen. Nicht nur Elmet und Ebrauc, nein, auch die Herrscher von Rheged, Bryneich, Gododdin, bis hinauf zum hohen Steinwall, werden die Knie vor mir beugen. Also beeile dich, damit wir die Pikten nicht schon aufgerieben haben, bevor du mit den Sachsen nachkommst!“

      „Warte mit der Schlacht, bis ich die Sachsen heran gebracht habe, sie werden dich nicht enttäuschen“, versprach Ceretic.

      „Außerdem“, fuhr Vortigern fort, „wird es den halsstarrigen Londiniern guttun zu sehen, wer jetzt in meinem Dienst steht. Ihre Loyalität schwankt immer noch zwischen mir und diesem verdammten Ambrosius, als könnten sie sich zu jeder Gelegenheit aussuchen, wer ihnen besser passt. Und auch den Sachsen wird es gut tun, die Mauern Londiniums und seine Bauwerke zu bestaunen. Das wird diese Barbaren lehren sich darüber zu freuen, mir dienstbar zu sein. Ich bin der rechtmäßige rex britannorum!“

      Also fängt der schlaue Fuchs wieder einmal zwei Fliegen mit einer Klappe. Ceretic nickte anerkennend. Doch nun war Eile geboten. Innerhalb einer Stunde verließ er mit den beiden Sachsen das Nordtor Durovernums in Richtung Regulbium.

      VIII. Den blauen Dämonen entgegen

      Londinium, Juni 441

      Ordulf

      Drei Tage später befand sich die kleine Flotte der Sachsen auf einem breiten Strom, der sich träge wie die Ælf dem Meer zuwälzte. Die Männer schwitzten, während sie die Schiffe mit der gerade erst einsetzenden Flut den Fluss hinaufruderten. Plötzlich tauchte vor ihnen ein Segel auf. Bisher hatten alle Boote vor den Langschiffen Reißaus genommen, aber bald erkannten sie, dass das Segel zu einem größeren Fahrzeug gehörte, das direkt auf sie zuhielt. Kurz bevor die Fremden auf Rufweite heran waren, holten sie plötzlich das Segel ein und legten den Mast um.

      „Sie wollen uns doch nicht etwa angreifen?“, staunte Gerolf.

      Doch die Fremden ließen ihr Schiff im gerade zwischen Flut und Ebbe stehenden Flusswasser dümpeln, anstelle es mit den Rudern auf Angriffsgeschwindigkeit zu bringen. Ordulf, der gerade zur Freiwache gehörte, betrachtete das Schiff mit zusammengekniffenen Augen.

      Es war lang und extrem schlank. Er zählte 15 Riemen auf der ihnen zugewandten Seite, die aber alle reglos im Wasser schwammen. Die Ruderer selbst wurden von ihren runden Schildern verdeckt, welche sie an der Bordwand aufgehängt hatten.

      Eine schlaue Idee, dachte Ordulf. Wie oft wurden nicht die Ruderer beim Angriff Ziel von Pfeil und Speer?

      Auch der Steven hatte eine seltsame Form. Er schwang sich nicht in einer eleganten Kurve aus dem Wasser, wie bei der Heritog oder der Heldir, sondern bildete dicht über der Wasserlinie eine Spitze aus. Ein Rammsporn. Ein einzelner Balken ragte darüber nach oben und lief in einem stilisierten Drachenkopf aus. So ein Schiff hatte Ordulf noch nie gesehen. Es wirkte wie eine Schlange auf dem Wasser und ihr Biss konnte für andere Schiffe vermutlich ebenso todbringend sein, wie der einer Kreuzotter für Kinder und Fohlen.

      Die fremden Riemen senkten sich ins Wasser. Das Schiff stoppte auf und ein Mann rief in der seltsam melodischen Sprache der Britannier zu ihnen hinüber. Ceretic übersetzte so laut, dass auch Ordulf alles verstehen konnte.

      „Das ist Vortimer, der Sohn des Hochkönigs. Er wird uns nach Londinium und dann weiter in den Norden gegen die Pikten führen.“

      Nun kniff auch Hengist die Augen zusammen, allerdings wegen der Sonne, die bereits ihren Zenit überschritten hatte, und nicht weil er so stumpfe Augen wie Ordulf gehabt hätte. Er hob die Hand zum Gruß. „Sag ihm, dass Hengist Witgissunu, seinen Gruß erwidert“, forderte er Ceretic auf und rief seiner Besatzung dann zu: „Wir wollen den Prinzen gebührend grüßen. Hoch Vortimer!“

      Dreimal schickten die Sachsen von ihren Ruderbänken ein donnerndes „Hoch Vortimer“ zu dem fremden Schiff hinüber.

      Am Abend, sie hatten die Schiffe beim Einsetzen der Ebbe ans schlammige Ufer gezogen, denn gegen den Strom gab es kaum ein Vorankommen, bemerkte Ordulf ein unheimliches Glimmen am nördlichen Horizont.

      „Die Lichter der großen Stadt“, erklärte Tavish auf mehrfache Nachfrage. Er tat sich immer noch schwer mit dem Sächsischen, Ordulf verstand ihn nur mit Mühe.

      Ein kräftiges Lachen lenkte Ordulfs Aufmerksamkeit von dem jungen Britannier und den Lichtern der Stadt ab. Vortimers britannische Besatzung lagerte abseits der Sachsen am Ufer des dunkel daliegenden Stromes. Fast wurden sie von den hängenden Weiden und Erlen verdeckt.

      Ordulf schlug gedankenverloren nach einer Mücke. Sein Blick glitt weiter am stillen Ufer entlang. Nur der Prinz selbst saß zusammen mit Hengist, Horsa, Willerich und Ceretic in der Runde der angeworbenen Sachsen. Vortimer schien nicht im Mindesten besorgt. Er erzählte eine Geschichte,

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