Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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Hatte er ihn überhaupt einmal so ausgelassen erlebt?, wunderte Ordulf sich.

      Am darauffolgenden Tage kamen sie nach Londinium. Die Stadt schien noch bedeutend größer als Durovernum zu sein. Die Mauer, mehr als drei Mann hoch, umschloss eine unzählbare Menge steinerner Gebäude. Doch selbst Ordulf fiel auf, dass Londinium einmal für mehr Menschen gebaut worden war, als nun darin wohnten. Große Flächen im Inneren der grauen Mauern lagen brach oder waren mit den Trümmern verfallener Häuser bedeckt.

      Am meisten beeindruckt hatte ihn gleich bei ihrer Ankunft der Hafen. Dort lagen insgesamt drei der schlanken Naves lusoriae. So hatte Ceretic Vortimers Schiff bezeichnet. Nach ihrer Größe und dem niedrigen Freibord zu urteilen, waren sie nur für den Einsatz auf dem Fluss – der Thamesa, wie er inzwischen erfahren hatte – und allenfalls in Küstennähe gebaut. Doch trotz ihrer schlanken Linien waren nicht sie es, die Ordulfs Blick gefesselt hatten. Nicht weit von ihnen lagen die verrottenden Gerippe weiterer Schiffe im Schlick. Unter ihnen eines, welches Ceretic als Liburne bezeichnet hatte. Es musste einmal mehr als doppelt so groß wie die stattliche Heritog gewesen sein.

      Und noch etwas am Hafen hatte Ordulf den Atem stocken lassen: die Brücke. Nicht ein einfacher Holzsteg, wie er ihn aus Sachsen kannte. Nein, die Brücke ruhte auf mehreren Pfeilern inmitten des Flusses. Die Wassermassen schossen und tosten an den Pfeilern vorbei und hoch darüber spannten sich schier endlos lange steinerne Bögen, die eine dieser geraden Römerstraßen quer über den Strom trugen. Seitdem hatten sie mehrere Flüsse auf ähnlichen, wenn auch kleineren Brücken überquert. Es klang hohl, wenn die Hufe der Pferde auf die steinernen Straßen schlugen, doch sie scheuten nicht ein einziges Mal und auch Ordulf selbst nahm nicht das geringste Schwanken wahr.

      Fünf Tage nachdem sie Londinium durchquert hatten, befanden sie sich wieder auf einer der schier endlosen, geraden Römerstraßen. Die Sonne der letzten Tage hatte sich verzogen. Der Wind stand ihnen entgegen und Regen peitschte Ordulf ins Gesicht. Er fluchte leise unter dem Gewicht seiner Ausrüstung. Hengist und einige ausgesuchte Sachsen waren in Londinium mit Pferden versorgt worden. Für den Rest von ihnen hatte Vortigern lediglich drei Ochsenkarren bereitstellen lassen, viel zu wenig, um das gesamte Gepäck der hundertzweiundfünfzig Männer aufzunehmen. Auch Ceretic und Vortimer mitsamt seiner Eskorte waren selbstverständlich beritten. Daher sah Ordulf von ihnen nun auch nichts mehr. Sie hatten sich, sobald die ersten Tropfen vom Himmel fielen, nach Norden abgesetzt und würden vermutlich in einer trockenen Scheune auf sie warten. So hatte sich Ordulf den Kampf gegen die Pikten nicht vorgestellt.

      Wenigstens in Bezug auf die Nahrung hatte der Hochkönig Vortigern nicht zu viel versprochen. Jeden Abend, wenn die Sachsen hungrig und müde in den Scheunen eines Dorfes lagerten, sorgte Vortimer für ausreichend Fleisch, Brot, Bier und Feuerholz.

      „Ob wir bald auf diese verdammten Pikten treffen?“, fragte Ypwine Gerolf, der neben Thiadmar und Ordulf am Feuer saß, am Abend dieses Tages.

      Gerolf zerrte gerade mit beiden Händen an einem Stück Fleisch, in dem er sich festgebissen hatte. Schließlich ließ er von dem zähen Stück Schaf ab und wischte sich das Fett aus dem Bart. „Entweder Vortigerns Truppen haben sie schon ohne unsere Hilfe vertrieben oder sie kommen uns bald entgegen“, vermutete er und nahm einen neuen Anlauf, der widerspenstigen Keule beizukommen.

      Ordulf hörte schweigend zu, doch am Abend reinigte er sorgfältig seinen Sax und prüfte die Schärfe der Klinge. Wie würde er sich wohl in seiner ersten Schlacht schlagen?

      Früh am Morgen ging es weiter, die Kolonne der Sachsen zog sich über eine lange Strecke Weges hin, doch immerhin schien heute endlich die Sonne. Gegen Mittag geriet der Zug vorne plötzlich ins Stocken. Ordulf kniff die Augen zusammen, konnte den Grund aber nicht erkennen.

      „Dort kommen zwei Reiter auf uns zu“, rief schließlich jemand weiter vorn in der Kolonne. Dann entdeckte Ordulf sie auch.

      Zwei völlig verdreckte Reiter auf kleinen britannischen Pferdchen, denen der Schaum vor dem Maul stand.

      „Die müssen wichtige Nachrichten überbringen, wenn sie sich so beeilen“, mutmaßte Gerolf.

      Die sächsische Kolonne war inzwischen wieder dicht aufgeschlossen und Ordulf sah gespannt zwischen Hengist und den sich nähernden Britanniern hin und her. Die Reiter hielten direkt auf Vortimer zu und als sie ihn erreichten, entspann sich zwischen ihm, den beiden Fremden und Ceretic sofort ein aufgeregtes Gespräch. Ordulf verstand kein Wort und vermutlich ging es Hengist nicht besser.

      Endlich wandte sich Ceretic an den Sachsenfürsten. Horsa und Willerich rückten heran, um ebenfalls zu hören, was die Boten berichteten. Unter den Sachsen begannen derweil wilde Spekulationen zu kreisen.

      „Sie brauchen uns nicht mehr und wir sollen wieder umdrehen“, argwöhnte Thiadmar.

      „Vielleicht hat uns der Feind umgangen?“, vermutete Gerolf, doch da löste sich Hengist selbst aus der Gruppe der Reiter und trabte in die Mitte des Zuges, sodass ihn alle gut sehen und hören konnten.

      „Ich habe gute Nachrichten für euch“, rief er. „Die Pikten haben die Truppen des Hochkönigs in die Flucht geschlagen.“

      „Das sollen gute Nachrichten sein?“, brummte Ypwine. „Gute Nachrichten wären es, wenn wir zu der Insel vor der Thamesa-Mündung umkehren könnten. Ich hätte keine üble Lust, an dem Fleet, den ich dort entdeckt habe, einen Hof zu bauen.“

      Doch Hengist fuhr schon mit erhobener Stimme fort: „Vortigern wurde auf dem Marsch zu einer Stadt namens Eboracum von den Pikten überrascht. Seine Armee ist geschlagen und hat sich hinter den Mauern eines anderen Ortes verschanzt. Er befiehlt uns, schnellstens dorthin zu kommen. Es gibt also noch genug für uns zu tun.“

      „Das Ganze schmeckt mir nicht“, maulte Gerolf. „Sollen auch wir uns hinter Mauern verstecken? Unsere Schilde sind unsere Mauern. Wir werden dem Hochkönig zeigen, wozu Sachsens Krieger fähig sind.“

      Beifälliges Gemurmel antwortete dem alten Recken, doch da gab Hengist bereits das Zeichen zum Weitermarsch. Bald stieg Ordulf der Geruch von Feuer in die Nase. Als die Straße auf einem Höhenzug aus dem Wald trat, sahen sie am Horizont Rauchsäulen aufsteigen. Dort im Norden brannten Dörfer.

      „Ich dachte, der Hochkönig steht noch zwischen uns und dem Feind. Wieso brennen denn hier schon die Dörfer?“, wunderte sich Ypwine. „Hat Vortigern etwa auch diese Stadt nicht gehalten und sein Heer ist vollends aufgerieben worden?“

      „Seht nur dort rechts“, rief plötzlich eine Stimme, die Ordulf bekannt vorkam. Dann fiel ihm ein, wer das war. Kein anderer als der einäugige Halvor. Ordulf verfluchte seinen Hochmut. Er hätte nie und nimmer zustimmen sollen, als Horsa den Kerl verschonte. Sicher wartete der Ebbingemanne nur auf eine Gelegenheit zur Rache. Aber für solche Gedanken war es nun zu spät. Ordulf seufzte und blickte mit zusammengekniffenen Augen in die angegebene Richtung, aber erkennen konnte er nur den dunklen Wald. Thiadmar neben ihm schien etwas wahrzunehmen.

      „Da bewegt sich etwas“, rief auch er. „Sind das Reiter?“

      Halvors eines Auge schien besonders scharf zu sein. „Da sind gerade drei Reiter im Wald verschwunden“, behauptete er.

      „Wir verfolgen sie nicht“, befahl Hengist streng. „Sie sollen denken, wir wollten uns zusammen mit den Britanniern klammheimlich hinter den Mauern dieser Stadt verstecken.“

      Gerolf quittierte die Anweisung mit einem triumphierenden Schnaufen. „Ich wusste, dass Hengist sich nicht wie ein Feigling verkriecht“, frohlockte er.

      Da sah Ordulf, wie sich zwei Berittene

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