Namibia - Von der Weite der Landschaft zur Enge des Denkens. Helmut Lauschke
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Was im Pyramidenbau noch angenehm auffiel, waren die Teeküchen, auf jeder Etage eine, die etagenaufwärts größer und voller eingerichtet waren. Die Wände der Teeküchen waren bis zur sechsten Etage weiß gestrichen und von der siebenten Etage aufwärts mit teuren Kacheln ausgelegt. In den Teeküchen auf den beiden obersten Etagen hingen großformatige Fotos von den Sambesi-Wasserfällen und mit Jagdszenen in der Kalahari, in Sambia und Tansania an den Wänden, auf denen auch die Chefs mit Freundesärschen neben erlegten Antilopen, Kudus und Büffeln abgebildet waren. Andere Fotos zeigten die Großärsche bei Fress- und Saufgelagen mit Feuer und Gespießtem, mit heruntergerutschten Hosen beim Durchqueren des Oranje und andere mit anders heruntergelassenen Hosen bei zweifelhaften Unternehmungen. Was an den Teeküchen auffiel, war, dass sie nach oben hin größer wurden, obwohl die Etagen, wie es sich für einen Pyramidenbau gehört, kleiner wurden. Je höher es mit den Etagen ging, desto größer wurden die Eisschränke. Ebenso nahm der Küchenluxus zu. Während die Wandregale in den Teeküchen der unteren Etagen mit ganz gewöhnlichen Tassen, von den einige bereits Sprünge hatten, voll gestellt waren, und nur eine alte Kaffeemaschine auf einem abgewetzten Tresen stand, wurden die Tassen auf den Wandregalen der Teeküchen in den höheren Etagen weniger, dafür aber größer und bunter. Auch die Kaffeemaschinen wurden, je höher es ging, moderner und vielseitiger, was Getränke wie türkischen Mokka und italienischen Cappuccino betraf. Auf den Regalen in den Teeküchen der Chefetagen standen neben verzierten Großtassen mit ausladenden Henkeln, durch die eine Kinderhand passte, Unmengen von Gläsern in allen Größen und Formen, die jeder Situation gerecht wurden. Der Besucher kam ins Staunen, als er auf den oberen Regalen eine Überfülle an Knabberzeug, Gebäck, Pralinen und Schokoladentafeln südafrikanischer, italienischer und belgischer Herkunft vorfand. Dann war er nicht mehr überrascht, durchsichtige Plastiktüten im obersten Regal zu erkennen, die mit getrocknetem Biltong gefüllt waren. Er nahm sich das Recht nicht heraus, den größten Eisschrank im Pyramidenbau, einen so großen hatte er noch nie gesehen, zu öffnen, um die gekühlten Getränke zu betrachten. Die Größe des Eisschrankes empfand er anmaßend, weil er die Notwendigkeit eines solchen Riesenkastens für eine kleine Etage nicht verstand. In den Chefetagen waren alkoholische Getränke offensichtlich zugelassen. Dafür sprachen die abgestellten Gläser neben der Spüle sowie die geleerten Bier-, Wein- und Whiskyflaschen in den Abfallkörben. „Kein Wunder“, schoss es dem nachdenklichen Beobachter bei der Ungleichheit der Teeküchen durch den Kopf, „dass die Ärsche und ihre Stiernacken von unten nach oben zunehmen.“ Was die Sitzmöglichkeiten betraf, so saß er in den beiden untersten Etagen auf einem Holzstuhl, als er darauf wartete, dass der Fehler in einem Vierzeilenschreiben bereinigt wurde. Eine noch jugendliche Dame in der Bodenetage hatte ihm das Warten auf dem Holzstuhl angeboten, während sie mit dem Papier verschwand. Er machte vom Warten reichlich Gebrauch und übte sich in Geduld. Eine Bemerkung, dass er in Eile war, hielt er in Anbetracht der lauten, kichernd-zwitschernden Geschwätzigkeit der Bodenärsche für nicht angebracht, wobei einige genüsslich in ihren Nasen rumpopelten, was er als ekelhaft empfand. Er sah ein, dass Worte aus dem Repertoire des guten Benehmens während der Dienstzeit fehl am Platze waren, da sie nur missverstanden würden und unnötige Gegenreaktionen bei den Ärschen ausgelöst hätten. Das wollte er vermeiden, um Strafaktionen aus dem Wege zu gehen. Es war leicht möglich, dass sie ihn noch länger warten ließen, oder ihm gegen besseres Wissen schlichtweg mitteilten, dass er an der falschen Stelle oder die Sachbearbeiterin auf Mutterschaftsurlaub war. Die junge Dame kam nach einer Stunde zurück und überreichte ihm das korrigierte Vierzeilenschreiben mit Unterschrift der vorgesetzten Sachbearbeiterin der höheren Etage und Stempel. Von der dritten bis zur sechsten Etage gab es dann gepolsterte Stühle, die bequemer waren und für die Mitteletagenärsche breitere Sitze hatten. Der Besucher konnte sich wie ein König fühlen, wenn er sich nach vorheriger Absprache in die bequemsten Polstersessel der beiden letzten Etagen setzte, die ganz oben mit Kuduleder überzogen waren. Dort wurde er von den Mogulärschen des Hauses, die keine Steigerung zuließen, wie ein hochrangiger Politiker, der die Schalthebel der Macht noch in den Händen hielt, empfangen und mit einem fleischigen Händedruck begrüßt. Dem Besucher gegenüber und an den Seiten ließen sich die machthellhörigen, gepuderten Drohnen in die Sessel fallen und füllten sie voll mit ihrer Arschigkeit aus. Die Unterredung über banale Themen fand in der Sprache der Buren statt, als wären sie dem Englischen abgeneigt. Es war ein großer Raum mit holzgetäfelten Wänden, in dem ein mächtiger Tisch von sechs