Eine irische Ballade. David Pawn

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Eine irische Ballade - David Pawn

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zu betreuen hatte. Und das ist eigentlich die Aufgabe, für die ich lebe.

      Ich guckte in meine Karten, sah zwei Asse und erhöhte. Protzke guckte mich forschend von der Seite an. Er wollte von meinen Augen ablesen, ob ich nur aus Ärger über seine Sprüche erhöht hatte. Eigentlich sollte er mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich das nicht machen würde. Aber an diesem Abend kannte ich mich ja selbst nicht richtig.

      Doch noch ehe er an der Reihe war, ging Daniel aus Freudenstadt mit. Ich blickte ihm ins Gesicht und versuchte zu ergründen, wohin uns der Weg führen würde. Ich sah so etwas wie Verzweiflung.

      Natürlich blieb jetzt auch Protzke dabei. Er bekam genug Geld falls er gewann, wenn wir zu dritt in der Hand blieben, so dass es sich für ihn lohnte, wenigstens mal zu gucken, was der Flop so zu bieten hätte. Und als ich mich ihm kurz zuwandte, erkannte ich den kommenden Triumph. Ich würde diese Spielrunde nicht gewinnen. Bye, bye Asse.

      Der Dealer deckte drei kleine Herzen auf. Im ersten Augenblick dachte ich, Protzke würde zwei Herz halten, aber dann wanderte mein Blick rüber zu Daniel, der das Leuchten einfach nicht aus seinen Augen verbannen konnte. Es war wie eine aufdringlich blinkende Neonreklame in seinem Gesicht. Auch Protzke sah es sofort. Jeder, der mit Poker Geld verdienen will, muss das erkennen können.

      Und um alles noch schlimmer zu machen, schüttelte Daniel theatralisch den Kopf, guckte in sein Blatt, guckte auf den Tisch und sagte: „Check.“

      Protzke war offenbar ziemlich zufrieden mit der Situation, setzte auch nichts und auch ich hielt mich zurück. Ich wusste schließlich, dass meine Asse nichts mehr wert waren. Ich hatte nicht mal ein Herzass, um mich verbessern zu können. Der Dealer legte eine vierte Karte auf den Tisch. Es war irgendein König, den alle ignorierten. Jetzt sah sich Daniel bemüßigt zu setzen. Aber klein, ganz klein. Er wollte schließlich niemanden vertreiben. Mich vertrieb er allerdings. Protzke blieb dabei und ich wusste, was passieren würde. Ich wusste es ganz genau, denn ich sah vor meinem inneren Auge, wie er den riesigen Berg Chips an sich raffte, der sich nach der fünften Gemeinschaftskarte auf dem Tisch aufhäufen würde. Ich sah, wie Daniel Augen wie Suppenteller bekommen und in stummem Entsetzen den Kopf schütteln würde. Aber dann würde es zu spät sein, er würde seinen gesamten Chipstapel abgegeben haben. Und ich konnte ihn nicht warnen. Das sind die Regeln, die Regeln am Pokertisch und in meinem Leben.

      Die fünfte Karte war eine Kreuz-Zwei, die sich zu einer Zwei in Herz auf dem Tisch gesellte.

      Daniel setzte. Protzke erhöhte, Daniel erhöhte seinerseits immer noch vorsichtig, weil er seinen Gegner nicht verschrecken wollte. Er wollte Protzke in die Falle locken und stand selbst mit beiden Beinen drin. Protzke schob einfach seine ganzen Chips in die Mitte und verkündete: „All in!“

      „Call!“ Das kam wie aus der Pistole geschossen.

      „Showdown“, verkündete der Dealer, „zwei Spieler All-In.“

      Natürlich hatte Daniel einen Flush. Das stand ja die ganze Zeit auf seiner Stirn geschrieben. Und Protzke zeigte sein Full House. Der Alte neben mir kicherte in sich hinein. Er hatte es auch gewusst.

      „Very unlucky“, ließ sich der Amerikaner vernehmen und zu Protzke sagte er: „Nice hand.“ Das Standardlob der Pokerspieler.

      Christian schlug seinem Kumpel auf die Schulter und sagte: „Tja, das war wohl nichts. Die spielen hier besser als bei uns in der Runde.“

      Protzke zog die Chips zu sich herüber und begann zu sortieren. Es ging immerhin um 4000 Euro. Für ihn und mich ist das nicht viel, aber Daniel sah aus, als hätte er einen Tritt in den Magen bekommen. Er hätte wohl bei den heimatlichen Spielen am Wohnzimmertisch bleiben sollen.

      Er erhob sich langsam von seinem Platz, legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter, wie um sich zu stützen und sagte: „Ich gehe zur Bar rüber. Von dem Schreck muss ich mich erst mal erholen.“

      Christian sah von seinen Karten auf und nickte. „Ich warte hier. Sag Bescheid, wenn du verschwinden willst.“

      „Mach ich.“ Daniel bewegte bereits sich in Richtung Bar.

      Ich hatte an diesem Abend auch nicht wirklich Glück gehabt. Gerade wurden meine Asse plattgemacht, bloß dass ich vorher Bescheid wusste, hatte mir den Arsch gerettet. Ich schob meine zwei Karten dem Dealer rüber, als ich an der Reihe war, und verkündete: „Heute läuft gar nichts. Ich brauche mal ‘ne Pause.“ Protzke lächelte süffisant und blickte bedeutungsvoll dem jungen Daniel hinterher. Ich runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.

      Daniel hatte es sich neben der Bar in einem Sessel gemütlich gemacht und guckte überrascht, als er mich auf die Sitzgruppe zusteuern sah.

      „Läuft heute nicht“, sagte ich, als ich mich zu ihm setzte. „Ich darf doch?“, fragte ich unnötigerweise, obwohl ich schon saß.

      „Aber gern, darf ich Ihnen einen Drink spedieren?“ Daniel lächelte, doch es wirkte ein bisschen gequält.

      „Eher umgekehrt, denke ich. Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber das war sicher nicht das, was Sie sich für diesen Abend vorgenommen hatten, oder?“

      „Bestimmt nicht. Wir, Christian und ich, sind in unserer Runde immer am Gewinnen. Ich weiß gar nicht, wie das da gerade passieren konnte.“ Er sah frustriert und auch ein wenig hilflos aus.

      „Hier spielen Profis, Berufsspieler, die lesen Sie wie ein offenes Buch. Und so wie Sie den Flush gespielt haben, war es einfach offensichtlich. Wenn Protzke sein House nicht trifft, gibt er einfach auf. Er musste doch nicht viel investieren. Also, wie ist es, nehmen Sie meine Einladung zum Drink an?“

      „Weit ist es gekommen“, Daniel grinste, aber es sah noch immer gequält aus. „Da muss ich mich von einer Frau aushalten lassen.“

      „Wer spricht von aushalten lassen. Ein Drink. Mehr gibt es sowieso nicht. Sie müssen schließlich nach Freudenstadt zurück.“ Ich wollte meinen neuen Herrn (und ich war mir inzwischen sicher, dass ich mir Daniel erwählen würde) nicht schon in dieser Nacht beweinen müssen. „Was soll es denn sein?“

      „Ein Glas Wein wäre okay.“ Der junge Mann wirkte noch immer verlegen.

      Ich winkte einen Kellner herbei und bestellte für uns beide einen Schoppen.

      „Es wäre alles nicht so schlimm“, sagte Daniel, als der Kellner wieder verschwunden war, „aber es wird Luisa das Herz brechen.“

      „Ihre Freundin?“ Oh, was für eine bescheuerte Frage.

      „Nein, meine Schwester. Wir fahren jedes Jahr gemeinsam in den Urlaub. Ich hatte ihr für dieses Jahr eine Seereise versprochen. So eine richtige Kreuzfahrt. Damit ist es nun Essig. Sie wird todunglücklich sein. Sie ist ja noch wie ein Kind.“

      Ich sagte nichts und sah ihm nur interessiert ins Gesicht. Das ist ein guter Trick, um jemanden dazu zu bringen, weiterzusprechen.

      „Down-Syndrom“, erklärte Daniel. „Sie ist zwei Jahre jünger als ich. Meine Eltern kümmern sich um sie, aber hin und wieder brauchen sie auch mal eine Auszeit, und dann fahre ich mit ihr in den Urlaub. Ein paar Wochen an der Nordsee machen sie natürlich genau so glücklich wie eine Reise in die Karibik. Aber ich hatte ihr von dem großen Schiff erzählt, auf dem wir dieses Jahr fahren wollen, und das hat sie sich gemerkt. Immer wenn ich zu Besuch komme, fragt sie nach.“

      Das war natürlich traurig. Ich schaute Daniel tief

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