Crystal Fire. Jürgen Ruhr

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Crystal Fire - Jürgen Ruhr

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      5. Leistungssteigerung

      Daniel Bossheimer erwachte in dem Sessel in der gleichen Stellung, in der er auch eingeschlafen war. Die Sonne schien hell in sein Zimmer und brannte in seinen Augen. Aber es waren nicht nur seine Augen, die brannten, sondern sein ganzer Kopf schien in Flammen zu stehen. Er sprang auf und stürzte ins Badezimmer. Rasch drehte er den Wasserhahn am Waschbecken auf und hielt den Kopf darunter. Das kalte Wasser linderte seinen Schmerz, der nach einiger Zeit nachließ und schließlich ganz abebbte. Daniel betrachtete sein Gesicht im Spiegel, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken.

      Im Gegenteil: Jetzt, da das Brennen aus seinem Kopf verschwunden war, fühlte er sich außerordentlich wohl. „Das kam wohl von dem vielen Bier gestern“, murmelte er vor sich hin und stieg unter die Dusche. Es kam selten vor, dass er zu viel Alkohol trank und er nahm sich vor, zunächst darauf zu verzichten. Er stieg aus der kleinen Duschkabine, trocknete sich ab und zog frische Kleidung an. Vor dem Spiegel begann er sein Haar exakt zu scheiteln, so wie er es gewohnt war. Doch dann hielt er inne. „Du siehst aus wie ein Streber“, sagte er zu sich selbst und holte seine Brille aus dem Wohnzimmer. Dann betrachtete er sich erneut. „Streber, Nerd“, beschimpfte er sein Spiegelbild und nahm die Brille ab. Das akkurat gescheitelte Haar kennzeichnet ihn als das, was er ja auch war: Ein Streber und Überflieger. Daniel zerzauste die Haare mit einer Hand. Das sah schon besser aus. Er nahm sich vor, zu einem Friseur zu gehen und sich einen modernen Haarschnitt verpassen zu lassen. Und bei der Gelegenheit musste auch die Brille mit den dicken Gläsern einem Paar Kontaktlinsen weichen.

      Als Daniel in die kleine Küche trat, fiel sein Blick zufällig auf die Uhr an der Wand. „Verdammt“, stöhnte er. Der kleine Zeiger stand knapp hinter der Eins. Das war ihm noch nie passiert, dass er bis mittags geschlafen und dadurch Vorlesungen verpasst hatte. Doch knapp eine Woche vor dem Beginn der Semesterferien verpasste er doch eigentlich nichts. Ein Großteil seiner Mitstudenten besuchte die Vorlesungen ohnehin nicht mehr und den Stoff kannte er ja in- und auswendig. Daniel ging in Gedanken die Themen durch, die für heute auf dem Lehrplan standen und wie von Zauberhand erschienen die entsprechenden Texte vor seinen Augen. Er würde heute die Uni komplett schwänzen und dafür einen Friseur und einen Optiker aufsuchen.

      Nachdem er eine Kleinigkeit gegessen hatte, sah er sich die Aufnahmen seines Selbstversuchs vom Abend zuvor im Zeitraffer an. Sein Verhalten war in keiner Weise außergewöhnlich. Allerdings - verhielten sich die Katzen am Anfang der Versuchsreihen nicht ebenso? Daniel erinnerte sich an die Versuche in allen Einzelheiten. Bis auf die Tiere, die sofort gestorben waren, waren in den ersten Tagen nach der Einnahme der Substanz auch keine großartigen Veränderungen zu bemerken gewesen. Vielleicht beeinträchtigte die Kombination mit dem Alkohol ja auch die Wirkung seines Mittels.

      Er tippte eine Notiz zum gestrigen Abend in seinen Laptop und einer plötzlichen Eingebung folgend, formulierte er als Überschrift darüber ‚Crystal Fire‘, wobei er an das Brennen in seinem Kopf dachte. Dann schloss er das Gerät mit einem Schwung und verließ gutgelaunt das Haus, um endlich einen vernünftigen Haarschnitt zu bekommen.

      Der Friseur schien genau zu wissen, was er wollte und zeigte Daniel einige angesagte Haarschnitte in einem Männermagazin. Mit seinen kurzen Haaren reduzierte sich die Auswahl zwar, doch schließlich entschied er sich für Undercut-Frisur, die sein tristes Aussehen radikal veränderte. Daniel nahm sich vor, die Haare etwas länger wachsen zu lassen und wöchentlich einen Friseur aufzusuchen. Warum er nicht schon längst darauf gekommen war, blieb ihm schleierhaft.

      Der Optiker präsentierte ihm eine Reihe von Kontaktlinsen, die es in allen möglichen Farben und sogar mit Mustern darauf gab. Er zeigte Daniel die Handhabung und worauf er als ‚Neuling‘ achten musste und Daniel entschied sich schließlich für ein Paar, dass seine blaue Augenfarbe unterstrich und hervorhob. Dann - aus einer Laune heraus - erstand er zwei weitere Paare, von denen eines pechschwarz war und das andere um eine klare Linse herum rote Äderchen zeigte. Die Kontaktlinsen, die er zuerst gesehen hatte, setzte er sich schließlich unter dem fachlichen Kommentar des Optikers ein.

      In einer nie dagewesen Hochstimmung kaufte Daniel sich schließlich in einer Herrenboutique mehrere modische Hosen, Hemden und Jacken. Dass der homosexuelle Inhaber ihm dabei Avancen machte und ihn schließlich versuchte, zu sich nach Hause einzuladen, nahm er gelassen hin.

      Zurück in seiner Wohnung probierte er die neuen Kleidungsstücke nacheinander an und setzte sich auch die verschiedenen Kontaktlinsen ein. Daniel war mehr als zufrieden mit sich.

      Nach dem Abendessen, bei dem er bewusst auf Bier und Alkohol verzichtete, richtete er sein Handy für den nächsten Selbstversuch ein. Er würde die Substanz erneut schnupfen und erst wenn sich nach mehreren Tagen keine Wirkung zeigte, wollte er das Mittel unter sein Essen mischen. Nach einigen einleitenden Worten, bei denen er penibel Datum, Uhrzeit, sein aktuelles Gewicht und andere relevante Daten nannte, nahm er das Pulver wieder mit dem Hunderteuroschein zu sich. Einen gewissen Stil wollte er schließlich bewahren.

      Diesmal wartete Daniel keine zwei Stunden, sondern schaltete das Handy schon nach einer halben Stunde ab, als sich wieder keine Wirkung zeigte. ‚Verlorene Zeit‘, dachte er. Doch so schnell würde er seine Versuche nicht aufgeben. „Du musst Geduld zeigen“, ermahnte er sich selbst, ‚dies ist Tag zwei deiner Versuchsreihe, so schnell solltest du keine Ergebnisse erwarten‘. Er schlief auch nicht im Sessel ein, sondern begab sich frühzeitig zu Bett. Vorsichtshalber aktivierte er noch die Weckfunktion seines Smartphones, um nicht wieder zu verschlafen.

      Am nächsten Morgen erwachte Daniel fünf Minuten bevor sein Handy den Weckton von sich gab. Sofort stellten sich wieder diese fürchterlichen Kopfschmerzen ein und er taumelte ins Bad, um seinen Kopf unter kaltes Wasser zu halten. Er warf einen kurzen Blick in den Spiegel, um sicher zu gehen, dass sein Kopf nicht in Flammen stand. Es musste wirklich sein Gehirn sein, das dermaßen schmerzte, dass er keinen klaren Gedanken fassen konnte. Nach einiger Zeit unter dem kalten Wasserstrahl ließ der Schmerz tatsächlich wieder nach und kurz darauf verschwand er vollkommen. ‚Also liegt es nicht an dem Bier‘, überlegte er. Gestern hatte Daniel streng darauf geachtet, keinerlei Alkohol zu sich zu nehmen. Somit musste es sich um eine Nebenwirkung seines ‚Medikaments‘ handeln. ‚Das muss ich mir notieren‘, nahm er sich vor und überlegte, ob sich diese Nebenwirkungen irgendwie reduzieren oder ganz eliminieren ließen. Aber er wollte die Rezeptur seiner Substanz auch nicht verändern. In dem Fall müsste er nämlich erneut mit den Versuchsreihen an Tieren beginnen.

      Daniel betrachtete sich intensiv im Spiegel. Jetzt, da die Schmerzen abgeklungen waren, ging es ihm wieder außerordentlich gut. Es wurde Zeit, sich für die Uni bereitzumachen.

      Florian traf er erst gegen Mittag in der Mensa. Der Freund setzte sich wie immer mit einem vollbeladenen Tablett ihm gegenüber. „Hallo Boss“, grüßte er grinsend und sah Daniel mit einem langen Blick an. „Was ist denn mit dir passiert?“

      „Mit mir? Flo, was meinst du?“

      Flo blickte ihn von oben bis unten an. „Nun, du hast dich ... verändert.“

      Daniel schob sich ein großes Stück Schnitzel in den Mund. Merkwürdigerweise hatte er heute einen Wahnsinnshunger auf Fleisch verspürt, obwohl er eher vegane Kost bevorzugte. Nicht, dass er kein Fleisch aß, doch sonst machte er sich nicht viel daraus. „Verändert? Inwiefern?“

      „Na, deine Haare zum Beispiel. Oder deine Brille. Wo ist deine Brille? Ohne die siehst du doch gar nichts. Und dann deine Klamotten. Daniel, so habe ich dich in all den Jahren, die wir uns kennen, noch nicht erlebt.“

      Daniel lachte leise. „Dann wurde es wohl längst einmal Zeit für eine kleine Typänderung. Ich war beim Friseur und ließ mich dort beraten. Gefällt dir meine neue Frisur?“

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