Das Verschwundene Tal. Dietmar Preuß

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Das Verschwundene Tal - Dietmar Preuß

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in den Wagen und was er vorfand, verschlug ihm die Sprache. Medeme lag entblößt da, auf ihren Brüsten glitzerte das Salz getrockneten Schweißes, eine Hand lag auf ihrer Scham und zuckte, während sie im Schlaf lächelte. Seltsam, dass ihn der Anblick erregte, hatte sie ihm doch ganz offensichtlich gerade Hörner aufgesetzt! Von dem blondhaarigen Nordmann war keine Spur zu finden, abgesehen von dem seligen Gesichtsausdruck seiner Frau.

      Trotz – oder wegen – seiner Erregung stieg Wut in Aguilar hoch, Wut auf seine Frau, Wut auf den Fremden, der ihn so schamlos ausgenutzt hatte, und Wut auf seine eigene Vertrau­ensseeligkeit. Auf dem Unsteten Pfad musste der Runländer noch ohne Arg gewesen sein, aber die üblen Absichten konnte er sich ja auch danach zugelegt haben. Na warte, Fremder, den dicken Aguilar solltest du nicht unterschätzen, dachte er. Aus einer Ecke des Wagens kramte er einen Knüppel hervor, in dessen keulenförmigem Ende zahlreiche Eisendornen steckten. „Medeme!“, brüllte er.

      Seine Frau schrak auf, raffte ihr Kleid vor den nackten Brüsten zusammen und senkte den Blick. „Liebster Aguilar, ich habe geträumt, von dir. Du warst wie ein wilder Hengst und im Fieber muss ich meine Sachen zerrissen haben.“

      „Schweig! Hältst du mich für einen Trottel?“, schrie er und hob die Keule. „Das wird dieser Fremde mir büßen!“ Er drehte sich um, während Medeme zu jammern begann, und schüttelte ihre Hand ab und. Blind vor Zorn stieg er vom Wagen und sah daher nicht, wie der Kupferschmied und die noch verbliebenen Händler einander anstießen und grinsten.

      „Wenn ich zurückkomme, hast du den Stand abgebaut. Sieh zu, was du von der Ware noch retten kannst! Einen Monat lang werde ich dich bei Wasser und Brot einsperren!“

      Die Leute lachten laut auf, aber der dicke Händler hob die Keule und das Gelächter verstummte. Dann wandte er sich Richtung Stadttor, wo er den Fremden vermutete.

      ***

      „Wirst du manchmal an mich denken?“, hatte Medeme noch gefragt, kurz bevor sie eingeschlafen war.

      „Aber natürlich“, hatte Wulfiard wie schon so oft zuvor gelogen. „Wärst du nicht verheiratet, würde ich dich mit mir nehmen, das schwöre ich bei Tengris.“ Bei Wodan und Freya hätte er nie im Leben eine solche Lüge beeidet, denn er hatte nicht die Absicht, sich an dieses Verspechen zu halten. Vor allem nicht bei Freya, denn Medeme war eine allzu leichte Eroberung gewesen. Hätte er geahnt, dass er sie all zu bald und unter so seltsamen Umständen wiedersehen sollte, wäre ihm weniger leicht ums Herz gewesen.

      Dann erhob er sich leise wie eine Katze, kleidete sich an, steckte den Kopf aus dem Wagen und sah sich um. Die anderen Händler hatten nichts bemerkt oder wollten nichts sehen. Kaum ein Käufer war in der Mittagshitze noch unterwegs. Drei von den Gestalten mit den Natterzähnen, die immer noch in der Nähe herumlungerten, fielen Wulfiard auf. Die Gruppe hatte sich geteilt: Fünf von ihnen sah er die Gasse hinunter Richtung Stadttor schlendern, die drei mit den wertvolleren Dolchen, die dageblieben waren, schauten die Passanten mit hochmütigen Gesichtern an und schienen auf etwas zu warten. Wulfiard stieg aus dem Wagen, während er sein Hemd zuknöpfte und die Weste überwarf. Nichts wie weg, bevor der fette Ehemann kommt, dachte er und schlug den Weg zum Stadttor ein.

      Wieder eine Stadt, die er hinter sich ließ, mit Eindrücken, die er irgendwann in einer Geschichte verarbeiten würde. Wohin es nun ging? Das würde er an der nächsten Wegkreuzung entscheiden. Es war ihm nicht wichtig, wo er am nächsten Tag seine Kunst an den Mann oder die Frau brachte.

      ***

      Der Haimamud aus Runland war schon seit einer halben Stunde fort, und der dicke Händler ibn Golg hatte gerade den Wagen mit vor Wut verzerrtem Gesicht verlassen, als Bewegung in die Männer mit den Natterzähnen kam. Sie verließen den Schatten und gingen zu Medemes Wagen hinüber. Der Kupferschmied und die wenigen Markthändler, die noch in der Nähe waren, sahen weg. Ihren Gesichtern war anzusehen, dass sie sich dafür schämten, aber es war manchmal besser, nicht zu wissen, was vor sich ging.

      Zwei der Ssadesti kletterten die Stiege zur Ladefläche des Wagens hoch, einer zog dabei eine kleine Tonkruke aus seiner Schärpe. Der dritte Mann, der eine häßliche Narbe auf der Stirn trug, stellte sich mit dem Rücken zum Wagen auf und beobachtete, ob sich jemand für das interessierte, was hier vor sich ging. Ein niederer Geweihter des jungen Tengris in weißer Dschellabah, der dem Amuletthändler ein vergoldetes Abbild der Sonne abgekauft hatte, sah herüber. Als der Narbengesichtige die Klinge im Sonnenlicht blitzen ließ, sah er weg und ging seines Weges. Der Natterzahn verschwand wieder in der Schärpe des Ssadesti.

      Aus dem Innern des Wagens war ein kurzer Aufschrei zu hören, der in dumpfes Stöhnen überging. Ein ersticktes Gurgeln folgte, kurz darauf herrschte Ruhe. Die Wagenplane wurde von einem der Männer beiseite geschlagen. Mit unsicheren Schritten kletterte Medeme herunter, wurde in Empfang genommen und unter den Armen gestützt. Eilig ausschreitend führten die Ssadesti die willenlose Frau mit den glasigen Augen vom Bazar. Eine Stadtwache, die in den Gassen patrouillierte, wechselte bei ihrem Anblick die Richtung und kehrte den Ssadesti und ihrer Beute den Rücken zu.

      ***

      Wulfiard hatte das Stadttor erreicht und wurde von zwei Torwachen in schwarzledernen Brustpanzern aufgehalten. Der eine Mann war untersetzt und hatte ein glänzendrotes Furunkel auf der Nase, der andere war dürr und pockennarbig. Sie rückten ihre Schwertgehänge zurecht, musterten ihn von oben bis unten und stellten ihre Fragen.

      „Was hast du in der Stadt getan?“

      „Geschichten und Gedichte verkauft.“

      „Wo willst du hin?“

      „In die nächste Stadt.“

      „Was willst du dort?“

      „Geschichten und Gedichte verkaufen.“

      „Und was noch?“

      „Dumme Fragen der Stadtwache beantworten.“

      Es dauerte ein paar Augenblicke, bis die Männder begriffen, was er da gesagt hatte. „Ein bisschen mehr Respekt vor der Obrigkeit täte einem Fremden wohl gut“, sagte der Pockennarbige und umfasste den Griff seines Krummschwertes.

      Die beiden Batoris waren einen Kopf kleiner als Wulfiard, und er überlegte, ob er sie einfach zur Seite stoßen sollte. Warum musste er auch immer sein Maul so weit aufreißen? Schließlich wollte er doch die Stadt schleunigst verlassen, denn jeden Moment konnte der dicke Aguilar zurückkehren. Vielleicht hatte er ja doch genug Mumm, ihm zu folgen, um sich für die Schmach zu rächen. „Natürlich meine ich nicht die tapfere Stadtwache von Fayum“, sagte er, „sondern die Tölpel aus Shuyuk.“

      Wulfiard hatte in den vergangenen Tagen den Gesprächen in den Wirtshäusern gelauscht und wusste, dass die Büttel der beiden kleinen Städte in einer Art Wettstreit miteinander lagen. Es ging darum, welche Stadtwache härter durchgriff und wer die meisten Halunken in die Erzminen im Tengriswall schickte. Die beiden Wachen grinsten, als er die Shuyuki schmähte. „Aber ihr seid viel tüchtiger und wisst sicher, was es mit den Männern auf sich hat, die ihre Dolche wie Abzeichen tragen?“

      Die Männer stießen ihre Scimitare zurück in die Scheiden, der mit dem Furunkel fühlte sich genügend geschmeichelt, um zu antworten. „Natürlich sind wir genauestens im Bilde. Diese Männer sind Anhänger von Ssadec Tabar. Ihr Lager ist angeblich in der Nähe von Shuyuk, und manch Armer oder Elender geht dorthin, denn dieser Räuberfürst verteilt gestohlenes Brot und Münzen an sie. Sollte uns einer dieser Ssadesti auffallen, bekommt er Ärger!“

      Eher verkriecht ihr euch in ein

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