Das Verschwundene Tal. Dietmar Preuß

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Das Verschwundene Tal - Dietmar Preuß

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hohes Gut. „Und jetzt ab mit dir ins nächste Hurenhaus, du Bock. Wenn ich deine Dienste benötige, werde ich dich zu finden wissen“, sagte der Hauptmann und klang dabei freundlicher als seine Worte es waren.

      Als er endlich allein war, dachte Moamin Doriah über die Ordnung nach, die in seinen Augen, oder besser in dem einen Auge, in Gefahr war. Wenn die Berichte der Spione stimmten, und das taten sie, denn er setzte die Männer und Frauen so ein, dass ihre Aussagen sich gegenseitig bestätigten, dann wuchs in Bual-Bator eine nicht zu unterschätzende Gefahr heran. Im Grunde seines Herzens widerstrebte ihm diese Heimlichtuerei. Er war Soldat und trat einem Gegner lieber auf offenem Feld entgegen. Aber der Khan hatte ihm befohlen, auch auf diese stille Art und Weise zu kämpfen. Und weil er damit dem Frieden und der Ordnung diente, bemühte er sich nach besten Kräften.

      Bual-Bator hatte schon weniger fähige Khane gehabt als Halef ibn Shahim, dessen erster Berater er war. Und der musste immer dann seinen Widerspruch hinnehmen, wenn er gegen die neu geschaffene Ordnung verstoßen wollte. Doriah wusste, wie er in Chasar genannt wurde: der graue Khan. Er erhob sich und trat an das Fenster seines kargen Zimmers. Als Gardehauptmann standen ihm zwar Räume im Palast zu, er wollte sich aber nicht von Prunk und Intrigen ablenken lassen. Ihm genügte dieser Raum in der Garnison, der regelmäßig gekälkt und immer reinlich ausgefegt wurde aber kaum besser ausgestattet war als die Räume seiner Soldaten: Ein großer Tisch, ein paar harte Stühle, ein schmales Bett und ein Gestell mit Wasserkrug und Schüssel, um den Körper rein zu halten. Nur die wertvollen Landkarten und Pläne an den Wänden und auf der Tischplatte, alles kunstvolle Handarbeiten, unterschieden es von den Räumen der gemeinen Gardisten.

      Doriah blickte durch die Glasscheibe auf den Exerzierplatz, hinter dem die zahllosen Mauern, Arkaden und Zwiebeltürme des neuen Palastes emporwuchsen. Der weiße Marmorbau war mit roten und silbernen Wimpeln geschmückt. Die Fahne mit dem Wappen des Herrscherhauses wehte träge auf der höchsten Kuppel und zeigte an, dass der Khan im Palast weilte.

      Die Gedanken des Gardehauptmanns galten aber den Vorkommnissen nördlich der Hauptstadt: Zwei weitere Dorfmurdirs waren in der letzten Woche auf offener Straße niedergestochen worden. Kaufleute wurden erpresst, ihre Karawanen geplündert, bis sie Schutzzahlungen an Ssadec Tabar leisteten. Wieviel Gold und Macht hat dieser Räuberfürst schon angehäuft? Ich brauche einen Mann, der bereit ist, sich in das Lager dieser Ssadesti hinein zu schleichen und mir Informationen zu beschaffen! Moamin Doriah wusste von solch einem Mann, aber es war fraglich ob er ihn für sich gewinnen konnte, denn dieser Mann hatte schon jetzt nichts mehr zu verlieren. Also musste er ihm etwas geben, für das es sich lohnte weiterzuleben. Entschlossen machte er sich auf den Weg in den Palast des Khans.

      Als er das prachtvolle Gebäude mit den goldenen Dächern und arabeskengefüllten Fensterreihen erreichte, nahmen die Torwachen Haltung an. Er musterte ihre Uniformen und Waffen und fand alles sauber. Die Klingen der Hellebarden glänzten, der Schliff war makellos. „Sehr gut, Nazir, Tulachimen!“, sagte er, nickte ihnen zu und durchquerte den ersten einer schier endlosen Folge von ineinander verschachtelten Innenhöfen. In den äußeren Höfen taten Handwerker, Schlächter und Soldaten ihre Arbeit, es folgten die Höfe der Kunstschmiede und Seidenweber und zum Zentrum hin die der Maler, Sänger und Dichter. Gleichzeitig vermehrte sich die Zahl und die Schönheit der Damen, die sich kaum verschleiert im Schatten der Arkaden amüsierten.

      Im innersten Hof spielten die zahlreichen Kinder des Khans. Unter ihnen waren auch die drei legitimen Töchter, die seine offiziellen Frauen ihm vor vier, fünf und sieben Jahren geschenkt hatten. Unter einem Baldachin, die drei Frauen zur Seite, saß Halef ibn Shahim auf ockerfarbenem Damast und ließ sich mit einem Wedel aus Straußenfedern zufächern. In den Gesichtern der hohen Familie spiegelt sich die Freude am Übermut der Kinder. Eine silbergefärbte Feder prunkte am Turban des Khans. Nur sein Vetter, der Ilkhan in der Goldenen Stadt, wie Gidda Khan il Khan auch genannt wurde, durfte eine goldene Feder tragen. Die Feder Halefs war mit einer diamantbesetzten Brosche befestigt, die gleichen Steine fanden sich auf dem honigfarbenen Kaftan. Darüber trug der junge Khan eine kurze Weste aus golddurchwirktem Brokatstoff. Dass er unter diesem prunkvollen Gewand nicht schwitzte, lag an den Wasserspielen im Hof, die die Hitze linderten. Geeistes Wasser und kühler Wein standen zudem bereit.

      Moamin Doriah senkte das Haupt und wollte zwölf Schritte vor dem Khan das Knie beugen, wie die Etikette es befahl. Doch Halef ibn Shahim sprang auf, ging ihm mit federnden Schritten entgegen, und zog ihn bei den Schultern hoch. Der Khan war kaum dreißig Jahre alt, sein Körper muskulös und sehnig. Trotz seiner Stellung nahm er regelmäßig an den Waffenübungen der Garde teil. Dabei hatten Doriahs Männer die Anweisung, bei Androhung von Strafe, den Khan als ihresgleichen zu behandeln. „Moamin, mein Freund, wir halten hier keine offizielle Audienz, bleibt bitte stehen!“

      „Danke, Herr!“

      „Und nennt mich nicht Herr, wenn wir unter uns sind, darum habe ich Euch schon oft gebeten.“ Der junge Khan amüsierte sich über das steife Gehabe seines Hauptmanns und bot ihm einen Platz auf dem Diwan. Die Frauen zogen sich zurück, weil sie den Anblick des zerstörten Gesichts Doriahs nicht ertragen konnten. Ibn Shahim schüttete ihm eigenhändig einen kristallenen Pokal ein. „Ein trockener Roter von den Südhängen des Tengriswalls, Ihr mögt den süßen Quelltaler nicht, wie ich weiß.“

      „Habt Dank, H…, mein Khan!“

      Die Männer atmeten den Duft der Weine, ließen die edlen Tropfen im Kristall kreisen, nahmen noch einmal das Bukett auf und tranken dann in kleinen Schlucken. Als sie eine Weile dem Geschmack nachgesonnen hatten, sah der Khan den Hauptmann ohne Abscheu an. „Was führt euch zu mir?“

      „Im Kerker des Büttels wartet ein junger Waffenschmied auf seine Hinrichtung. Ich brauche diesen Mann.“

      „Ein sechsfacher Totschläger, ich habe von dem Fall gehört.“

      „Er hat die Vergewaltiger seiner Braut erschlagen. Zweifelhafte Gaukler, schon oft wegen Betrügerei bestraft, so viele Finger waren ihnen bereits abgetrennt worden.“

      „Ihr müsst die Tat dieses Schmieds nicht rechtfertigen, Hauptmann. Was wollt Ihr mit ihm anfangen?“

      Moamin suchte nach Worten, um seine Gedanken und Schlüsse zu erklären. „Dieser Schmied hat sich nach der Tat ohne Widerstand verhaften lassen und sich vor dem Büttel nicht verteidigt, nicht einmal, als das Todesurteil gesprochen wurde. Ich glaube, dass dieser Mann mit dem Leben abgeschlossen hat. Und so einen Mann brauche ich für einen gefährlichen Auftrag.“

      „Selbst dann, wenn Ihr ihn damit dem Gesetz entzieht?“ Halef ibn Shahim konnte sich den kleinen Seitenhieb gegen Doriah, der ihn oft über Recht und Gesetz belehrte, nicht verkneifen.

      „Selbst dann“, bestätigte der Hauptmann ernst.

      Der Khan nickte und nahm einen Schluck aus seinem Pokal. Als der Nachhall des süßen, beerigen Geschmacks verklungen war, lächelte er. „Dieser Ssadec Tabar im Verschwundenen Tal. Ihr wollt diesen Mann nach Shuyuk schicken.“

      „Ja! Und mein Khan sollte diese Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Dynastie der Shahim ist noch nicht genug gefestigt, als dass er die Rechtlosigkeit eines ganzen Landstrichs ignorieren dürfe.“

      „Ihr habt Recht, Hauptmann. Allerdings sorge ich mich mehr um die Steuereinnahmen aus diesen Dörfern und Städten, die ich an meinen Vetter, den Ilkhan, weiterzuleiten habe. Was meine Herrschaft betrifft: Den einzigen Mann, der sie mir streitig machen könnte, betrachte ich als meinen Freund. Er sitzt im Moment an meiner Seite.“

      Die Worte waren zu schlicht, als dass sie eitle Pose oder Schmeichelei hätten sein können. Moamin dankte dem Khan mit einem Kopfnicken. „Wenn Ihr einen Schreiber rufen könntet …“

      „Ihr

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