Die Flusspiraten des Mississippi. Gerstäcker Friedrich

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Die Flusspiraten des Mississippi - Gerstäcker Friedrich

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Schämst du dich nicht, Alter?“ sagte der junge Mann, auf ihn zugehend. „Du träumst wohl, du faules Vieh – weist mir die Zähne?“

       Der Hund beruhigte sich jedoch selbst durch die Ansprache nicht und knurrte nur stärker, wedelte aber auch dabei leise mit dem Schwanze, gerade als ob er hätte sagen wollen: Ich kenne dich recht gut und weiß, daß du ein Freund bist, aber hierher darfst du mir trotz alledem nicht.

       Tom blieb stehen und sagte zu Edgeworth, der auf ihn zukam:

       „Seht den Hund an, er hat da etwas unter dem Laube und will mich nicht näher lassen. Was es nur sein mag?“

       Edgeworth ging auf ihn zu, schob leise seinen Kopf zur Seite und fand zwischen den Pfoten des treuen Tieres – den Schädel seines Sohnes – wobei Wolf, als jener die Überreste des teuren Hauptes seufzend emporhob, an ihm hinauf sprang und winselte und bellte.

       „Das kluge Tier weiß, daß es Menschenknochen sind“, sagte der Matrose.

       „Ich glaube, beim ewigen Gott, er kennt die Gebeine!“ rief der Greis erschrocken. „Bill hat ihn aufgezogen und ging nie, von dem Augenblick an, wo er laufen konnte, einen Schritt ohne ihn in den Wald.“

       „Das ist ja nicht möglich – die Gebeine können keinen Geruch behalten haben. – Wie alt ist denn der Hund?“

       „Acht Jahre – aber so klug wie je ein Tier einer Fährte folgte“, sagte der Greis. „Wolf – komm hierher“, wandte er sich dann an den Winselnden, „komm her, mein Hund – kennst du Bill noch, deinen alten guten Herrn?“

       Wolf setzte sich nieder, hob den spitzigen Kopf hoch empor, sah seinem Herrn treuherzig in die Augen, warf sich mehrere Male unruhig von einem Vorderlauf auf den anderen und stieß plötzlich ein nicht lautes, aber so wehmütig klagendes Geheul aus, daß sich der alte Mann nicht länger halten konnte. Er kniete neben dem Tier nieder, umschlang seinen Hals, und machte durch einen heißen, lindernden Tränenstrom seinem gepreßten Herzen Luft. Wolf aber leckte ihm liebkosend Stirn und Wange, und versuchte mehrere Male, die Pfote auf seine Schulter zu legen.

       „Unsinn!“ sagte Tom, dem bei dem sonderbaren Betragen des Hundes ordentlich unheimlich zumute wurde. „Das Tier wittert menschliche Überreste, und da geht’s ihm gerade wie mit Menschenblut. Laßt das die Hunde plötzlich spüren, so heulen sie ebenfalls, als ob ihnen das Herz brechen wollte.“

       „Laßt mir den Glauben, Tom!“ bat der Alte, sich endlich wehmütig wieder emporrichtend. „Es tut mir wohl, selbst in dem Tiere das Gedächtnis für einen Freund bewahrt zu sehen, und – wir haben ja des Schmerzlichen genug, warum den schwachen Trost noch mutwillig mit eigener Hand zerstören?“

       Ein Schuß aus der Richtung her, in welcher der Fluß liegen mußte, unterbrach hier seine Rede.

       „Verdammt!“ rief Tom. „Ob die Burschen nicht schon mit dem Boote da sind – die Seehunde müssen Nachts gefahren sein, es ist ja kaum Tag.“

       „Tut mir den Gefallen und ruft sie her!“ bat Edgeworth.

       „Mir wär’s lieber, wenn Ihr mitginget“, sagte der junge Mann zögernd, „Ihr quält Euch hier und – “

       „Ich bin jetzt gefaßt, wenn Ihr kommt, Tom. – Tut mir die Liebe und ruft sie.“

       Im nächsten Augenblick hatte der junge Mann seine Büchse geschultert und schritt dem Flußufer zu. Edgeworth kniete an dem Fuße der Eiche, die jahrelang ihre Arme schützend über die Überreste seines Kindes ausgebreitet hatte, nieder, und lag ernst und still im brünstigen Gebet, bis er die Schritte der vom Boote Kommenden hörte. Dann sprang er auf und schritt ihnen fest und ruhig entgegen.

       Tom hatte die Männer schon unten am Flusse mit dem Vorgegangenen schnell bekannt gemacht, und ernst und schweigend begannen sie an der engen Gruft zu arbeiten, die des unglücklichen jungen Mannes Gebeine aufnehmen sollte. Dann legten sie sorgsam die gesammelten Überreste hinein, warfen das Grab zu, wölbten den kleinen Hügel darüber, und trugen nachher ebenso still und lautlos die Jagdbeute, die ihnen Tom bezeichnete, auf ihren Schultern zum Boote hinunter.

       „Hallo!“ rief ihnen hier der an Bord gebliebene Steuermann, eine wilde, drohende Gestalt, das Gesicht ganz von Pockennarben zerrissen, die schwarzen langen Haare wild um die Schläfe hängend, entgegen. „Bärenfleisch! Bei den sieben Todsünden! – Verdamm’ meine Augen, wenn das nicht der vernünftigste Streich ist, den unser alter Kapitän in langer Zeit ausgeführt hat. – Macht aber schnell, Burschen, daß wir von hier fort kommen, wir versäumen die schöne Zeit und das Wasser fällt mit jeder Sekunde.“

       „Wir gehen noch einmal hinauf“, sagte der eine von ihnen.

       „Was zum Henker ist nun noch oben?“

       „Oben ist nichts mehr, wir wollen nur die Backsteine aus unserer Küche11 hinauftragen und, so gut es geht, einen Grabstein daraus machen.“

       „Narren seid Ihr“, zürnte der Steuermann, „wie sollen wir nachher kochen?“

       „In Vincennes können wir andere bekommen“, sagte Tom, „schaden würd’s Euch auch nicht, wenn Ihr eine Ladung mit hinauftrüget.“

       „Ich bin zum Steuern gemietet und nicht zum Steineschleppen“, brummte der Lange, indem er sich ruhig aufs Verdeck streckte. „Unsinn genug, daß Ihr die alten Knochen da oben noch einmal aufrührt; die wären auch ohne Euch verfault.“

       Die Männer antworteten ihm nicht, luden ihre Last auf und stiegen damit die steile Uferbank empor. An dem Grabe errichteten sie aber das einfache Denkmal für den ermordeten Jäger, frischten das Kreuz in der Eiche wieder auf, und wollten dann langsam den Platz, auf dem Edgeworth noch immer in Schmerz und Gram vertieft stand, meiden. Da fuhr dieser aus seinen Träumen auf, drückte den Bootsleuten allen freundlich die Hand, schulterte seine Büchse, rief dem Hunde und ging mit festen, sicheren Schritten voran dem Boote zu.

       Eine halbe Stunde später knarrten und kreischten die schweren Ruder des unbehilflichen Fahrzeugs, mit deren Hilfe es in die eigentliche Strömung hinausgeschoben wurde. Dann aber drängte es schwerfällig gegen die Mitte des Flusses zu und trieb langsam hinunter seine stille, einförmige Bahn. Wie es aber nur erst einmal in Gang und richtig in der Strömung war, hoben die Bootsleute ihre ‚Finnen’ (wie die langen Ruder solcher Boote genannt sind) an Deck und streckten sich selbst nachlässig und behaglich auf den Brettern aus, die ersten Strahlen der freundlichen Morgensonne zu genießen, die jetzt eben in all’ ihrer schimmernden Pracht und Herrlichkeit über dem grünen Blättermeer emportauchte.

       Edgeworth aber saß, mit dem Hunde zwischen seinen Knien, am hinteren Rande des Fahrzeugs, und schaute still und traurig nach den mehr und mehr in weiter Ferne verschwimmenden Bäumen zurück, die das Grab seines Kindes überschatteten.

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      Zeitgenössische Illustrationen der typischen Flatboats, die teilweise kleine Hütten

      auf dem Deck hatten, um das Herdfeuer oder einen Teil der Ausrüstung

       und die Pulvervorräte zu schützen

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      ZWEITES KAPITEL

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