Die Flusspiraten des Mississippi. Gerstäcker Friedrich

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Die Flusspiraten des Mississippi - Gerstäcker Friedrich

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noch immer mißtrauisch, bald links bald rechts zu betrachten schien – in dem linken Arme eine große breitbäuchige Steinkruke, in dem andern ein halbes Dutzend Blechbecher. Die Schar empfing ihn aber jubelnd, untersuchte vor allen Dingen das Getränk, ob es auch wirklich der gute, ihnen versprochene Stoff sei, und zog dann jauchzend dem Fluß zu, wo sie an Bord eines dort liegenden Flatbootes gingen und bis in die späte Nacht hinein zechten und tobten. Dayton dagegen blieb noch eine Weile stehen und blickte den Davontobenden still und, wie es schien, ernst sinnend nach. Smart aber störte ihn bald aus seinem Nachdenken auf – er lehnte die Büchse oben an einen Pfosten der Veranda und stieg zu dem ihm so freundlich zu Hilfe gekommenen Richter nieder.

       „Dank’ Euch, Sir“, sagte er hier, während er ihm freundlich die Hand entgegenstreckte, „dank’ Euch für Euer sehr zeitgemäß eingelegtes Wort – Ihr hättet zu keinem gelegeneren Moment dazwischen treten können.“

       „Nicht mehr als Bürgerpflicht“, lächelte der Richter, „die Menge läßt sich gern von einem entschlossenen Manne leiten, und wenn man den richtigen Zeitpunkt auch richtig trifft, so vermag ein einzelnes ernstes Wort oft Gewaltiges.“

       „Nun, ich weiß nicht“, meinte Smart kopfschüttelnd, während er einen nichts weniger als freundlichen Seitenblick nach dem Fluß hinab warf, „dergleichen Volk läßt sich sonst nicht leicht, weder von freundlicher Rede, noch feindlicher Waffe zurückschrecken. Es sind meistens Leute, die nichts weiter auf der Welt zu verlieren haben als ihr Leben, und der Gefahr deshalb, da sie dieses keinen Pfifferling achten, trotzig entgegengehen. Ich bin übrigens doch froh, so wohlfeilen Kaufes losgekommen zu sein, denn – Blut zu vergießen ist immer eine häßliche Geschichte. Aber so tretet doch einen Augenblick in’s Gastzimmer, ich komme gleich nach – muß nur erst einmal nach meiner Alten in der Küche sehen und alles Nötige bestellen.“

       „Ich dank’ Euch“, sagte der Richter, „ich muß nach Hause. – Es sind mit dem letzten Dampfer heut Briefe angekommen, und vom Fluß herunter habe ich auch – mehrerer Geschäftssachen wegen – einen Besuch zu erwarten. Wollt Ihr mir aber einen Gefallen tun, so kommt Ihr nachher ein bißchen zu mir herüber. – Bringt auch Eure alte Lady mit – ich habe überdies noch manches mit Euch zu besprechen.“

       „Meine Alte wird wohl daheim bleiben müssen“, sagte der Yankee lächelnd, „wir haben das Haus voll Leute, aber ich selbst – ei nun, ich bin überdies recht lange nicht bei Mrs. Dayton gewesen – die – Burschen werden doch nicht etwa noch einmal kommen?“ –

       „Habt keine Angst“, beruhigte ihn der Richter. „Das Volk ist wild und hitzköpfig, auch wohl ein wenig roh – aber überdachter Schlechtigkeit halte ich sie nicht für fähig. Sie hätten Euch vielleicht im ersten wilden Zorn das Haus über dem Kopfe angesteckt; den aber erst einmal verraucht, so wird auch keiner mehr daran denken, Euch zu belästigen.“

       „Desto besser“, sagte Jonathan Smart. „Angst hätte ich übrigens auch nicht – mein Scipio22 hält, wenn ich fort bin, Wacht, und der Hornruf aus dem Fenster kann mich überall in Helena erreichen. – Also auf Wiedersehen – in einem halben Stündchen komme ich hinüber.“

       Er trat bei diesen Worten, während der Richter seiner eigenen Wohnung zuschritt, in’s Haus zurück, und stand gleich darauf vor seiner ‚besseren Hälfte’, wie sie sich selbst zu nennen pflegte, die er übrigens, teils durch die überhäufte Arbeit, teils durch die vorgegangene Szene, in der übelsten Laune von der Welt fand.

       Mrs. Smart war denn auch keineswegs die Frau, die irgend einen Groll lange und heimlich mit sich herum getragen hätte. Was ihr auf dem Herzen lag, mußte heraus, mochte es sein, was es wollte. So schob sie sich denn auch, als sie ihren Herrn und Gemahl nahen hörte, das Sonnenbonnet, das sie der Kaminglut wegen auch in der Küche trug, zurück23, stemmte beide Arme – in der Rechten noch immer den langen, hölzernen Kochlöffel haltend – fest in die Seite, und empfing den langsam herbeischlendernden Gatten mit einem scharfen:

       „So – was hat der Herr denn heute wieder einmal für ganz absonderlich gescheite Streiche angerichtet? Man darf den Rücken nicht mehr wenden, so ist irgend ein Unglück in Anmarsch, und kein Kuchen kann im ganzen Neste gebacken werden, ohne daß Mr. Smart seinen Finger und seine Nase hineinstecken müßte.“

       „Mrs. Smart“, sagte Jonathan, der gerade jetzt viel zu guter Laune war, um sich diese durch den Unwillen seiner Gattin verderben zu lassen, „ich habe heut ein Menschenleben gerettet, und das, sollte ich denken –“

       „Ach was da, Menschenleben“, unterbrach ihn in allem Eifer Mrs. Smart. „Menschenleben hin, Menschenleben her – was geht Dich das Leben anderer Leute an. An Deine Frau solltest Du denken, aber die mag sich mühen und placken, das ist diesem Herrn der Schöpfung ganz einerlei. Er wirft auch die Gallonen guten Pfirsich-Brandy gerade so auf die Straße hinaus, als ob er sie da draußen gefunden hätte, während ich hier im Schweiße meines Angesichts arbeiten und unser aller Brot verdienen muß –“

       „ – wäre mit der gehabten Mühe keineswegs zu teuer erkauft gewesen“, fuhr Smart ruhig, ohne die Unterbrechung seines Weibes auch nur im Mindesten zu beachten, fort.

       „Ich sage Dir aber: es wäre zu beachten gewesen“, eiferte die hierdurch nur noch mehr erzürnte Frau. „Es wäre zu beachten gewesen, wenn Du nur so viel Gefühl für Dein eigen Fleisch und Blut hättest. Aber Philippchen kann heranwachsen und groß werden – das kümmert Dich nicht. – Nach Deiner Wirtschaft geht alles zu Gunde und muß alles zu Grunde gehen, und wenn der arme Junge einmal das Alter hat, so wird er wohl nicht einmal eine Stelle haben, wohin er sein Haupt legt – Du Rabenvater.“

       „Der Rabenvater hatte auch keine Stelle, wo er sein Haupt hinlegen konnte, als er heranwuchs“, lächelte Mr. Smart gutmütig und rieb sich dabei die Hände. „Mr. Smart senior gab ihm aber allerlei gute Lehren, und die haben denn auch so gute Früchte getragen, daß sich Smart junior nach mehrmaliger Ernte das schönste Gasthaus in ganz Helena bauen konnte. – Smart senior ist nun tot, und Smart junior ist Smart senior geworden; wenn also in natürlicher Folge Smart junior jetzt – “

       „Nun hör’ einmal auf mit all’ dem Unsinn von senior und junior – geh an Dein Geschäft, besorge die Pferde, die draußen im Stalle stehen – schick’ mir den Neger her und laß ihn Bohnen aus dem Felde bringen. Zum Kaufmann muß er auch hinübergehen, um das Faß Zucker zu holen – Mann, Du wirst mich mit Deinem Leichtsinn noch in die Grube bringen.“

       „ – dem Rate des Smart senior so folgt, wie Smart senior damals dem Rat seines Vaters folgte“, fuhr der unverwüstliche Yankee ruhig und unbekümmert fort, „so ist alle Hoffnung vorhanden, daß auch ohne unser Zutun Smart junior schon seinen Lebensunterhalt auf anständige Weise gewinnen werde.“

       „Scipio soll hierher kommen“, schrie jetzt Mrs. Smart, wirklich zur äußersten Wut getrieben, während sie mit dem Fuße stampfte und den Stiel des Löffels auf den einzigen kleinen Tisch niederstieß. „Hörst Du, Jonathan? – Scipio soll herkommen, und nun fort mit Dir, Mensch, der Du meinen Tod willst, oder ich gebrauche, so wahr mich unser lieber Herr Gott erhören soll, mein Küchenrecht.“24 – Und mit raschem Griff erfaßte sie den kupfernen langstieligen Schöpfer und fuhr damit in den Kessel voll siedenden Wassers, der über dem Feuer zischte und sprudelte.

       Nun wußte Mr. Smart allerdings, daß es zwischen ihnen, trotz dem von Seiten Madames oft hitzig geführten Zungenkampf, nie zu Tätlichkeiten kam, denn Madame kannte zu gut den ernsten und festen Sinn ihres Mannes, so etwas je zu wagen. Um aber auch jedem Wortwechsel ein Ende zu machen und die erzürnte Ehehälfte, die ihm sonst eine brave und treue Gattin war, freundlicher zu stimmen, zog er sich ruhig

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