Die Pferdelords 04 - Das verborgene Haus der Elfen. Michael Schenk
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getroffenen Elfen.
Erneut zischten Pfeile heran, dann verdichteten sie sich zu einem endlos
scheinenden Pfeilhagel. Elfen gingen zu Boden, doch nicht genug von ihnen,
um eine Lücke in ihre Formation zu reißen. Bei den Orks wurde wütendes
Gebrüll laut.
Jalan und Theon kauerten nebeneinander hinter ihren Schilden und
grinsten einander an. »Die feigen Spitzohren würden am liebsten nur ihre
Pfeile abschießen, aber die Rundohren verlieren wohl die Geduld.«
Genau so war es auch, denn ein einzelner Schrei erhob sich nun bei den
Orks, und die Rundohren stießen begeistert ein. Aufbrüllend hasteten sie auf
die wartenden Elfen zu, die nur knapp drei Hundertlängen entfernt standen,
doch mussten sie dabei freies Gelände überwinden, auf dem Gras und Blumen
alles andere als Schutz boten.
»Pfeile«, befahl Jalan.
Aus den hinteren Reihen der Elfen erhoben sich befiederte Geschosse,
zogen über den Nachthimmel und senkten sich wieder. Elfische Stahlspitzen
durchschlugen die Eisenrüstungen von Orks und warfen die Bestien zu
Boden. In der Zeit, welche die hastenden Rundohren für die Strecke
benötigten, löste jeder Bogenschütze des Hauses Deshay fast vierzig Pfeile
und leerte so seinen Köcher.
Als die Rundohren die elfische Formation erreichten, waren ihre Kohorten
bereits geschwächt. Angriffslüstern brüllten die Bestien, erleichtert, den Feind
erreicht zu haben und sich nun nicht mehr dem treffsicheren Pfeilhagel
aussetzen zu müssen.
»Gebt ihnen Stahl«, brüllte Jalan, während er seinen Schwertarm
hochschwang und dabei ein brüllendes Rundohr von unten aufschlitzte.
Im Licht der Sterne schimmerten Rüstungen und Klingen, traf Stahl auf
Eisen, starben Elfen und Orks. Einem Beobachter hätte der Kampf als
seltsamer Tanz von Wesen erscheinen können, die sich umkreisten oder
aufeinander zuwirbelten, denn die Dunkelheit verbarg viel Grauen und gab
dem nächtlichen Tod einen unwirklichen Schein von Anmut.
Das wilde Durcheinander begann sich schließlich zu lichten und machte
einer Gruppe von Gestalten Raum, die auf den Schutz des Waldes zuhasteten,
während elfische Krieger sich unter wenigen Kommandos erneut formierten.
Jalan-olud-Deshay atmete schwer und stieß die Klinge seines Schwertes in
den Waldboden, um sie notdürftig vom dunklen Orkblut zu säubern. »Lasst
sie keinen Atem schöpfen, ihr Männer des Hauses Deshay«, rief er über die
Lichtung. »Formiert euch und jagt die Bestien zurück in die Finsteren
Abgründe, aus denen sie sich erhoben haben.«
Theon trat neben seinen Freund. Er blutete aus einer Schnittwunde am
Arm, wo ein Schlagschwert den Ringpanzer durchdrungen hatte. »Treiben wir
sie aus dem Wald hinaus, mein Freund.«
»Das werden wir«, versicherte Jalan grimmig. Er sah die Orks zwischen
die Bäume fliehen und nahm seinen Schild wieder auf. Verwirrt musste das
Oberhaupt des Hauses Deshay feststellen, dass es ihm schwerfiel, den Riemen
straffzuziehen. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass ihn im Kampf ein
Hieb getroffen hat, und doch musste es so gewesen sein. Ein wenig verärgert
wollte er den Schild senken, er würde auch ohne dessen Schutz kämpfen
können, und zwischen den eng stehenden Bäumen wäre er ohnehin eher
hinderlich.
Doch sein Arm folgte seinem Willen nicht. Ein taubes Gefühl breitete sich
aus, und als Jalan sein Schwert in die Scheide stecken wollte, um seinen
anderen Arm zu Hilfe zu nehmen, spürte er entsetzt, dass auch dieser zu
erstarren begann. Er wollte seinen Freund Theon ansehen, doch sein Blick
blieb unverwandt auf den Rand der Lichtung mit den entschwindenden Orks
gerichtet.
Starre und Taubheit breiteten sich in seinem Körper aus, und Jalan
bemerkte noch, wie ein grauer Schleier seinen Blick zu trüben begann und
sich eine seltsame Dumpfheit über seine Gedanken legte, bevor ihm die Sinne
schwanden.
Überall auf der riesigen Lichtung erstarrten die Elfenkrieger, mitten in
ihren Bewegungen, die sie begonnen hatten und nie mehr zu Ende führen
sollten. Mit der Starre senkte sich Schweigen über die Lichtung, und auch die
Stimmen des Waldes schienen verstummt.
So wich die Nacht dem Tag, und aus dem Tag wurden Jahreswenden, ohne
dass die Starre wich. Nichts schien sich auf der Lichtung zu verändern, nur
der Glanz der Rüstungen verschwand unter einer Schicht von Schmutz, die
sich allmählich über sie legte. Jahreswenden vergingen, formten sich zu
Jahrhundertwenden und ließen Legenden entstehen. Das elfische Haus
Deshay, das mächtige Haus des Urbaums, versank in den Tiefen der Zeit.