In Amerika. Gerstäcker Friedrich
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„Oh Loord à Massy!“ (Lord have mercy) schrie eine dicke Negerin in lauter Erstaunen auf.
„Und wie würde das klingen“, fuhr der Redner unbeirrt fort, „wenn wir bei der Wahl oder als Erwählte keinen anderen Namen anzugeben wüssten, als Sip, Bob, Dick, Othello oder sonst wie. Ja, die Behörden der Weißen haben sogar bestimmt....“
„Ich möchte den geehrten Redner darauf aufmerksam machen“, sagte plötzlich, während alles lachte und den Kopf dahin drehte, eine feine Stimme, „dass wir nicht mehr ,Behörden der Weißen’ sagen dürfen, indem diese Behörden jetzt ebenso gut für das farbige als das weiße Volk da sind.“
„Bravo – bravo!“, schrie es von verschiedenen Seiten. „U n s e r e Behörden.“
„Gemmen“, sagte der alte Neger demütig, „ich nehme den Verweis hin, ich gestehe ein, dass ich Unrecht habe; es heißt u n s e r e Behörden.“
„Bravo, Sip! Bravo, bravo!“, tobte der ganze Chor ringsumher. „Unsere Behörden!“
„Unsere Behörden also, Gemmen...“
„Bravo, bravo“, schrieen die Leute wieder, die sich augenscheinlich daran erfreuten, auch ein Wort in die Verhandlung mit einreden zu dürfen.
„Unsere Behörden also“, fuhr der Redner mit unzerstörbarer Geduld fort, „haben sogar angeordnet, dass wir uns jetzt – farbige Gemmen und Ladies – vorausgesetzt natürlich familienweise – N a m e n zulegen sollen – Vor- und Zunamen, wie wir wollen. Um Ihnen das – Ladies und Gemmen, durch ein Beispiel klar zu machen, heiße ich nicht mehr Scipio, wie ich bisher gerufen wurde, sondern Alfred Henderson, Esquire, denn wir haben das nämliche Recht, das Esquire hinter unseren Namen zu setzen, wie die Buckras56, meine Frau heißt Aurora Henderson und meine beiden Kinder Gustav und Hulda Henderson. Ich bitte deshalb die verehrte Versammlung, sich ebenfalls für irgendeinen Namen zu entscheiden und denselben hier gleich unserem verehrten Schriftführer Gentleman James Jefferson, Esquire, zu Protokoll....“
„Ich bitte ums Wort!“, unterbrach ihn eine Stimme aus der Menge.
„Entschuldigen Sie, ich bin noch nicht fertig“, sagte Alfred Henderson, indem er sich etwas beleidigt emporrichtete, „zu Protokoll zu geben. Dann, Ladies und Gemmen, erlaube ich mir, Ihnen noch anzuzeigen, dass in allen südlichen Staaten Büros errichtet werden sollen, die den Namen freed man’s Bureaus erhalten, wohin wir uns wenden können, wenn wir irgendein Anliegen haben. Viele von uns sind leider in die Lage gekommen, so lange die Sklaverei dauerte, einzelne Familienmitglieder durch Verkauf zu verlieren. Die weißen Gemmen wollen sich Mühe geben, darin Nachforschungen zu halten, und wer von einem der Seinigen keine Nachricht hat, der kann sich dort melden, um die nähere Beschreibung der Vermissten zu geben.“
„Oh Lord – oh Loord“, kreischte eine Anzahl von Frauenstimmen auf, „oh bless my soul – meine Livia, mein Nero – meine Lucy, mein Bob – oh, wo sind sie hin, Gentleman Sip – können wir es erfahren?“
Der alte Neger zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht, Ladies“, sagte er, „aber das freed man’s Bureau wird sich Mühe geben, es herauszubekommen, wenn Sie nur wenigstens mit einiger Bestimmtheit angeben können, wohin sie geschafft sind.“
„Aber woher sollen wir das wissen!“, rief eine dicke Negerin. „Massa hat meine beiden Töchter an einen Yankee verkauft, und dieser sie auf ein Dampfboot geschafft und den Strom hinabgeführt.“
Ein wilder Sturm entstand im Saal:
„Es gibt keinen Massa mehr! Niemand darf das Wort mehr gebrauchen! Ladies sollten vorsichtiger mit ihren Ausdrücken sein! ...“
„Nein! Kein Massa!“, schrieen andere. „Wir sind jetzt Massa selber, Massa soll der Teufel holen.“
„Oh Gemmen“, bat die Frau erschreckt, „es fuhr mir nur so heraus, wir haben es ja von Kind auf so gesagt und es klingt wie ein Name.“
„Aber wir wollen keine Massas mehr haben!“, schrie eine kleine, hagere Negerin, indem sie mit der dünnen, geballten Faust vor sich auf den Tisch schlug. „Und wer noch einmal das Wort gebraucht, soll die ganze Gesellschaft traktieren oder den Saal verlassen.“
„Hurra! Das ist recht“, schrieen andere wieder. „Wir wollen keine Massas!“
„Ladies“, bemerkte Mr. Alfred Henderson, wie er sich eben selber getauft hatte, „das schöne Geschlecht hat nur einen Sitz, aber keine Stimme.“
„Oho, Gentleman57 Sip!“, schrie eine alte Negerin. „Ob wir Stimmen haben. Sie rede ich noch in Grund und Boden hinein und behalte genug über, um drei andere tot zu machen.“
„Ich habe ums Wort gebeten!“, rief die feine Stimme wieder, und ein breitschultriger, baumstarker Neger erhob sich, um durch seine Erscheinung seinen Worten Nachdruck zu geben.
„Und was wünschen Sie, Gentleman Colibri?“, Welchen Namen er von seinem früheren Herrn bekommen.
„Ich mache den Vorschlag“, sagte der Breitschultrige, „dass wir hier erst morgen wieder zusammenkommen, um unsere neuen Namen anzugeben. Wir müssen uns doch erst mit den Unseren bereden, wie wir von jetzt an heißen wollen, und so auf dem Fleck fällt einem das ja doch nicht ein. Es muss auch ordentlich eingeschrieben werden, damit man den Namen, wenn man ihn wieder vergisst, erfragen kann.“
„Ja – das ist wahr – das ist wahr!“, rief es von einer Seite, während von der anderen der Vorwurf gemacht wurde, dass man seinen eigenen Namen doch nicht vergessen könne. Die Mehrzahl mochte sich aber doch wohl in der Hinsicht nicht ganz sicher fühlen, kurz, es wurde darüber abgestimmt und die Majorität entscheid sich in der Tat dahin, dass sie den morgenden Tag erst für die Abgabe des künftigen Namens ansetzen wollten. Die Damen waren überhaupt noch lange nicht mit sich einig, welchen sie etwa wählen könnten, denn recht hübsch musste er klingen, und die freie Wahl hatten sie ja dazu.
Das Ganze war allerdings für die farbige Rasse von nicht geringer Wichtigkeit, und es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, dass sie nach Jahrhunderten von diesem Jahr ab ihren „Stammbaum“ rechnen werden.
Während die farbige Gesellschaft abstimmte, hatten zwei weiße Herren den Saal betreten und waren Anfangs misstrauisch von jenen betrachtet worden. Bald erkannten die hier in Covington Ansässigen aber den Friedensrichter unter ihnen, der überall als ein braver, tüchtiger Mann und ein Freund der Neger galt, und die Leute grüßten ihn und ließen ihn ruhig gewähren.
Nun hatte „Alfred Henderson“ allerdings geglaubt, dass der ganze Nachmittag mit dem Aufschreiben der Namen hingehen würde, nach dem gestellten Antrag aber, die Sache auf morgen zu verschieben, um eben Zeit zum Überlegen zu haben, war ihm der Stoff hier kurz abgeschnitten und er kam dadurch einigermaßen in Verlegenheit. Die Versammlung hätte aufgelöst werden müssen, und als letzten, eigentlich verzweifelten Versuch, wandte er sich noch einmal an die Anwesenden und sagte:
„Gemmen, es liegt für heute allerdings kein wichtiger Gegenstand mehr vor.“ Die parlamentarischen Phrasen hatte er sich doch bei früheren Gelegenheiten abgemerkt. „Hätte aber jemand