In Amerika. Gerstäcker Friedrich

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In Amerika - Gerstäcker Friedrich

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der bösen Tat’ – die Strafe für den früher begangenen Menschenraub, der jetzt dies schöne Land mit einer nicht dahin gehörenden und, wie ich selber gern zugestehen will, im Ganzen auch unangenehmen Menschenrasse überschwemmt. Ich begreife nur nicht, wie Sie, als entschiedener Nordländer, noch der Sklaverei das Wort reden können.“

       „Das begreifen Sie nicht?“, sagte Taylor. „Und doch leben noch Tausende und Tausende im Norden, die genau so wie ich denken.“

       „Die aber der Krieg hoffentlich bekehrt hat.“

       „Weit gefehlt, sondern die sehr bedauern, dass so viel wertvolles Blut einer so wertlosen Sache wegen geflossen ist.“

       „Wertlosen Sache wegen!“, sagte Fortmann ungeduldig. „Taylor, es ist mit Ihnen wirklich nicht darüber zu streiten, aber der zweite Gegenstand der Besprechung schlägt alle Ihre Einwürfe gründlich zu Boden.“

       „Und der war?“

       „Diese freed man’s Bureaus, die den unglücklichen Eltern Gelegenheit geben sollen, zu erfragen, wo ihre weggeführten Kinder – den Kindern, wo ihre Eltern und Geschwister geblieben sind, welche nichtswürdige Händler fortgeschleppt, um zwanzig oder fünfzig Dollar an ihnen zu verdienen, während sie den einzelnen Familienmitgliedern kaltblütig und lachend die Herzen brachen.“

       „Sind Sie Dichter, Fortmann?“, frug ihn der Freund und sah ihn dabei lächelnd von der Seite an.

       „Ich? Nein“, sagte dieser, ziemlich ernst mit dem Kopf schüttelnd, „in dieser Sache braucht man aber wahrlich keine Poesie, um ihr einen höchst tragischen Ausdruck zu geben. Jedes unglückliche, verkaufte Negerkind ist ein Schmähgedicht auf die Bildung und Zivilisation der Weißen, und gerade dieser nichtswürdige Handel hat den Süden bis in den Grund und Boden hinein demoralisiert.“

       „Sie übertreiben, Freund.“

       „Wenn Sie wie ich“, rief Fortmann im Eifer, „Zeuge gewesen wären, wie junge, gebildete Damen in New Orleans und aus den besten Familien in meiner Gegenwart selber über die ,Zucht der Sklaven’ sprachen und ohne Scheu und Scham von einer jungen Mulattin offen erklärten, dass sie nichts wert wäre, da sie ,would not breed well’60, dann würden auch Sie mir Recht geben. Pfui Teufel über diese Southerner gentlemen and ladies, und besonders die Letzteren. Ich habe eine wahre Wut auf sie bekommen.“

       „Sie müssen bedenken“, sagte Taylor, „dass der Süden den Neger nie als vollberechtigten Menschen anerkannt hat, sondern ihn eher als einen Übergang vom Tier zum Menschen betrachtet, wobei er diese Übergangsperiode benutzt, um denselben sich dienstbar zu machen.“

       „Und finden Sie das nicht nichtswürdig?“

       Taylor zuckte mit den Achseln. „Solch ein Glauben“, sagte er, „kommt bei verschiedenen Volksstämmen vor, und sogar selbst unter Ihren Landsleuten. So habe ich da drüben in meinem Haus einen etwas schmächtigen Landsmann von Ihnen, aber noch in den besten Jahren, der vollkommen davon überzeugt ist, dass sämtliche Menschen von dem Geschlecht der Vögel abstammen. Ja, er versicherte mir sogar eines Tages, als er sich nicht ganz wohl fühlte, dass er selber in der ,Mauser sei’.“

       „Das ist ja eine Vogelkrankheit“, lachte Fortmann.

       „Ja, jetzt weiß ich das auch“, erwiderte der Doktor, „denn ich habe mich später danach bei anderen Deutschen erkundigt, da mir das Wort noch nicht vorgekommen war. Anfang begriff ich ihn aber gar nicht, und es brauchte lange Zeit, bis wir uns miteinander verständigten. Erst als ich hinter seine tollen Schrullen kam, gelang es mir auch, indem ich darauf einging, ihn zu heilen – er ist rein verrückt.“

       „Ein Deutscher ist es, sagen Sie?“ frug Fortmann.

       „Allerdings“, erwiderte der Doktor, „und Sie kennen ihn gewiss; er macht ein bedeutendes Geschäft mit fremden Vögeln, europäischen, besonders aber auch Papageien und anderen gefiederten Bewohnern der Tropen, und hat dafür eine Menge von Leuten angestellt, die ihm nordamerikanische Vögel, besonders aus Louisiana die Mockingbirds oder Spottvögel, kleine Perroquets61, Kardinäle, blaue Häher und eine Masse von anderen einfangen, die er dann wieder seinerseits nach Deutschland schickt. Ich weiß, dass er schon ganz bedeutende Summen für besondere Vögel bekommen hat.“

       „Sie meinen meinen Landsmann, Herrn Schultze“, lächelte Fortmann, „ich kenne ihn; aber wenn es so ist, wie Sie sagen, so scheint er doch nicht ganz verrückt zu sein und wenigstens seinen Vorteil im Auge zu haben.“

       „Gewiss hat er das, sobald man nicht auf seinen wunden Punkt trifft“, bestätigte der Doktor, „und für sein eigenes Interesse zeigt er ein ganz warmes Gefühl, tut aber auch viel Gutes, und hat schon Leute auf der Straße aufgegriffen, mit nach Hause genommen, fotografiert und dann gespeist und beschenkt wieder entlassen.“

       „Also ist er auch Fotograf?“

       „Gewiss, und einer der besten, die wir in Cincinnati haben, kann aber nur sehr selten bewogen werden, Porträts anders als im Profil zu liefern, und wer ihm so nicht sitzen will, den fotografiert er gar nicht.“

       Die Straße herunter und ihnen entgegen kam ein ältlicher, ganz anständig gekleideter Herr, der an ihnen vorbei ging und sie mit seinen kleinen, grauen Augen musterte. Beide Freunde schwiegen, bis er vorüber war, dann sagte Fortmann:

       „Wenn ich je in meinem Leben ein konfisziertes Gesicht gesehen habe, so trägt es der Gentleman – wenn er das wirklich ist – sehr zu seinem Schaden in der Welt herum.“

       „Ich wollte eben die nämliche Bemerkung machen“, meinte der Doktor, „der Bursche wohnt übrigens seit einiger Zeit drüben in Cincinnati; ich bin ihm dort wenigstens schon mehrmals begegnet und habe auch keine Idee, wovon er lebt, und woher er stammt. Er geht aber immer ganz anständig gekleidet und verkehrt, so weit ich bis jetzt wenigstens bemerkt habe, mit niemandem. Er hat wirklich ein grundgemeines, böses Gesicht und so ordinäre Züge, die vielleicht noch schärfer hervortreten, weil sie zu der ganzen übrigen Erscheinung nicht passen.“

       „Mir fiel er besonders dadurch auf“, sagte Fortmann, „dass unmittelbar hinter ihm ein Mulatte ging, der gegen ihn wie ein Adonis aussah und dabei so offene und ehrliche Augen hatte. Wenn ich einem von den beiden fünf Taler borgen sollte, bekäme sie der ,Gentleman’ wahrhaftig nicht.“

       „So weit nämlich ein Mulatte wie ein Adonis aussehen kann“, lachte der Doktor.

       „Lachen Sie nicht“, sagte Fortmann, „ich habe in der Tat Schönheiten im strengsten Sinn des Worts unter den Männern wie Frauen der farbigen Rasse gefunden, und besonders um ihren Wuchs könnte sie mancher unserer Elegants62 und manche unserer Schönen beneiden. Sehen Sie das Mädchen an, das uns da entgegenkommt. Ihre Haut ist allerdings dunkelbraun, aber was für ein liebes Gesicht hat sie.“

       „Und wie geschmackvoll ist sie gekleidet“, spottete der Doktor.

       „Dagegen lässt sich nichts einwenden“, erwiderte achselzuckend Fortmann, „Geschmack haben die farbigen Damen nicht, und bunte Ausstattung ist nun einmal ihre Leidenschaft; aber war das auch nicht die einzige Freiheit, die ihnen gegönnt wurde? Lassen Sie mir die Neger zufrieden, Doktor – wie ruhig und friedlich wurde heute alles in der Versammlung behandelt, wie harmlos trat das arme, bisher so schwer gedrückte Volk zum Tanz an, wie ruhig und friedlich werden sie wieder auseinandergehen. Wären das Irländer gewesen – und es gibt keine größere Bande als die irländischen Arbeiter – so lägen schon Drei oder

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