Djihad. Christoph Hoenings

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Djihad - Christoph Hoenings

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in respektvoller Entfernung gewartet hatte und bestellte sich eine Crème brulée mit frischen Erdbeeren. Sheikh Mahmut war augenscheinlich der Appetit vergangen. Er wollte nur einen Espresso. Und einen Whisky.

      „Unser Vertrag besagt, Exzellenz, dass wir die Systeme an Bord des von Pakistan zurückgegebenen Bootes modernisieren und diejenigen ersetzen, die von den Experten meines Unternehmens als sinnvollerweise erneuerbar angesehen werden. Wir könnten Ihnen und der Königlich Saudischen Marine also ganz einfach sagen, das Passivsonar ist noch bestens und bedarf nicht des Austauschs. Sie hätten nicht mal was gemerkt. Die Geräte funktionieren einwandfrei, und manche Marine wäre stolz, so etwas an Bord zu haben. Gerade bei einem solch kleinen Boot!“

      Graf nahm gelassen einen Schluck aus seinem Weinglas.

      „Ich würde Ihnen aber gerne das Beste liefern, was es gibt. Ein Sonarsystem mit größerer Reichweite, dass schneller als andere aufgefangene Geräusche analysiert, die akustischen Signale umwandelt in visuelle, und der Mannschaft eine schnellere Situationsanalyse erlaubt.“

      „Wenn Sie keine Lösung haben, was stehlen Sie mir dann meine Zeit?“ fragte Mahmut frech. Graf beschloss, sich nicht alles von dem Kerl bieten zu lassen.

      „Ich habe eine Lösung. Aber wenn die Sie nicht interessiert, ist es auch gut. Sollte die Marine sich später beschweren, werde ich sagen, der saudische Konsortialpartner habe das Problem für unbedeutend gehalten.“

      Graf gab dem Kellner ein Zeichen, dass er zahlen wolle.

      Mahmut gab dem Kellner ein Zeichen, er solle mit der Rechnung noch warten.

      „Wie sieht Ihre Lösung aus?“ fragte Mahmut, etwas weniger aufgeregt.

      „Nun, es gibt weltweit nur eine Handvoll Hersteller von wirklich erstklassigen Sonaren. Deutsche, Franzosen in Zusammenarbeit mit den Niederländern, Amerikaner. Sowohl die französischen als auch die amerikanischen Fabrikate sind bei der Saudischen Marine bekannt, da die in Frankreich und USA beschafften Überwasserschiffe damit ausgerüstet sind. Selbstverständlich sind die auf Überwasserschiffen eingesetzten Geräte nicht so aufwendig und nicht so leistungsstark wie die auf U-Booten.“

      „Ja und?“

      „Wir könnten ein deutsches Gerät älterer Bauart einsetzen, aber das ist dann nicht das modernste am Markt. Franzosen und Holländer haben ein ähnliches Problem wie wir. Die neueste Generation ist noch in der Erprobung, und die wird bis zum Abliefertermin des Bootes noch andauern. Mein Vorschlag ist, ein amerikanisches Gerät zu nehmen. Die US-Navy hat erprobte Geräte mit hoher Leistungsfähigkeit auf Lager. Die Amerikaner produzieren angesichts ihrer großen Schiffsserien immer auf Vorrat.“

      „USA? Das macht Prinz Mirin niemals mit,“ antwortete Mahmut. „Er hasst die Amerikaner aus tiefstem Herzen! Sie wissen, er zahlt die Boote.“

      „Ja und?“ fragte Graf. „Boykottiert er deshalb amerikanische Produkte? Fliegt er in keinem Jumbo-Jet von Boeing? Nimmt er keine Medikamente, die in den USA entwickelt wurden. Hat er nie Viagra ausprobiert?! Exzellenz, ich bitte Sie, bleiben wir pragmatisch!“

      Mahmut sah Graf ernst an.

      „Mirin fliegt nicht im Jumbo, weil er einen Airbus 340 besitzt, nur für sich allein. Medikamente? Weiß ich nicht. Viagra? Da steht mir kein Urteil zu. Ich kann nur wiederholen, er hasst Amerika und alles, was von dort kommt!“

      Mahmut sah aus, als erwarte er, dass Graf nach dem Grund fragte.

      Der dachte aber nicht daran, sondern sah Mahmut nur stumm an.

      „Ihnen in Europa ist nicht bewusst, dass zahlreiche Mitglieder des saudischen Königshauses mit Frauen aus unseren Nachbarländern verheiratet wurden. Es gibt eine Vielzahl von Prinzen, die, aus Gründen des politischen Zusammenhaltes, mit Frauen aus den ersten Familien des Iran, des Irak, aus Syrien, Pakistan oder Afghanistan die Ehe eingegangen sind. Hätte man uns Araber gelassen, wir hätten die Konflikte zwischen Iran und Irak, zwischen Irak und Kuwait, selbst den letzten Angriff auf den Irak als innerfamiliäre Angelegenheiten regeln können. Im weiteren Familienkreis, sozusagen. Aber Amerika und Europa mussten sich ja unbedingt einmischen. Mit der Konsequenz von Hunderttausenden von Toten. Nur, weil man keine Geduld hatte!“

      Mahmut winkte dem Kellner, um sein Whiskyglas nachgefüllt zu bekommen.

      „Eine von Mirins Ehefrauen, Yasmin, zählte zur Verwandtschaft von Saddam Hussein. Irgendwas um mehrere Ecken. Also keine Tochter oder Nichte, aber die Nichte einer der Frauen eines seiner Brüder. Das reicht bei uns, um Verwandtschaft nicht zu vergessen.

      Als Mirin die Frau heiratete, war sie 14 Jahre alt. Mirin verliebte sich in sie. Weil Yasmin schon die Haare einer Frau hatte, übte Mirin keine Zurückhaltung, und mit fünfzehn gebar sie ihm einen ersten Sohn. Es folgten zwei weitere Söhne.

      Mirin war unsagbar stolz und glücklich. König Fahd persönlich beglückwünschte ihn mit warmen Worten zu dieser Verbindung und zu Mirins Beitrag zur Festigung der Beziehungen zwischen beiden Ländern.

      Yasmin, die Kinder und ihre Begleitung waren zu Besuch bei Yasmins Familie in Bagdad, als die amerikanischen Bombardements begannen. An eine Ausreise war nicht zu denken!

      Am 30. März 2003 haben die Amerikaner irrtümlich ein Wohnviertel in Bagdad bombardiert. Eines der sogenannten besseren Viertel. Yasmin, die drei Buben, Yasmins Mutter und ihr Bruder als Begleiter, alle kamen ums Leben. Alle ausgelöscht. Zusammen mit vielen anderen Menschen. Durch einen technischen Fehler. Durch ein Versehen. Die Leichen waren so zerstückelt, es war nicht mehr feststellbar, welches Körperteil zu welcher Person gehörte. Prinz Mirin hatte nicht einmal Gräber, an denen er hätte trauern können.“

      Sheikh Mahmut kippte den inzwischen servierten Whisky in einem Zug herunter.

      „Und Sie glauben allen Ernstes, Mr. Graf, dass ich Prinz Mirin überzeugen kann, ausgerechnet ein amerikanisches Produkt in sein neuestes Lieblingsspielzeug einbauen zu lassen?“

      Rupert Graf blieb eine Weile stumm. Dann sagte er:

      „Es wird wohl das Beste sein, wir lassen das alte Sonar im Boot. Es ist ein deutsches Produkt und brauchbar. Da Saudi Arabien dieses Boot wohl nicht dazu benutzen will, einen Krieg anzuzetteln, sollte dieses Sonar ausreichen. Man kann ja später dann immer noch etwas Moderneres einbauen.“

      Scheich Mahmut sah Graf nachdenklich an.

      Schließlich antwortete er:

      „Ich werde mit Prinz Mirin sprechen.“

      Lieutenant Commander Carl Almaddi hatte zunächst überprüft, wo genau in Riad sich der Absender der Nachricht aufgehalten hatte, als sie nach Dubai geschickt worden war.

      Das Gebiet sollte eigentlich wegen der weitgehend rechteckig angelegten modernen Wohn- und Büroviertel leicht ausfindig gemacht und analysiert werden können.

      Tatsächlich jedoch hatte sich das Gerät in einem der älteren Viertel Riads mit gewundenen Straßen und Gassen in das Netz der Saudi Telekom eingeloggt. Dieses Gebiet lag, wie Almaddi bei dem Vergleich mit einem Stadtplan feststellte, östlich von der Großen Moschee. Es war der gleiche Bezirk, in dem der Anrufer aus Rawalphindi den Prediger erreicht hatte.

      Almaddi rief sich zunächst Google-Earth auf seinen Bildschirm und zoomte sich auf diese Gegend Riads ein. Er hatte zwar Zugang zu exzellenten militärischen Satellitenaufnahmen, aber mit Google-Earth ging es ohne die mehrfache

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