Djihad. Christoph Hoenings
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Nach weiterem Suchen und bei näherem Hinsehen: Der Pakistanischen Marine.
Der normale Bürger ist sich nicht wirklich bewusst, dass die Kameras von Spionagesatelliten in der Lage sind, aus dreihundert Kilometern Höhe festzustellen, was in der vor ihm auf dem Tisch seiner Terrasse liegenden Zeitung steht. Was er auf eine Ansichtskarte schreibt. Ob er in seiner Tasse Tee oder Kaffee hat. Vorausgesetzt, er befindet sich im Freien.
Lieutenant-Commander Carl Almaddi musste die Aufnahmen mehrerer Satelliten miteinander abgleichen, um die winzigen Abzeichen auf der Spange an der Brust des aufgezeichneten Uniformierten erkennen zu können, welche die bisherigen Verwendungen des Mannes anzeigten.
Etwas blinkte grell in der Sonne wie ein Blitz.
Almaddi schaltete auf nacheinander ablaufende Standbilder.
Auf der achten oder neunten Aufnahme war es nicht mehr zu übersehen:
Der Mann hatte die wenige Zentimeter lange stilisierte Brosche mit der Abbildung eines U-Bootes auf der Brust.
Der Mann war U-Bootfahrer!
Lieutenant Commander Carl Almaddi war jetzt hellwach.
Als erstes klinkte er sich in die Datenbanken der dänischen Telekom ein. Da diese wie fast alle großen Dienstleistungsgesellschaften weltweit insbesondere für Rechnungslegung und Zahlungsverkehr mit amerikanischen Computersystemen arbeitet, war dies kein Problem. Die Entwickler der amerikanischen Computerprogramme arbeiten aufs Engste mit US-Regierungsstellen zusammen. Deren Experten bauen unerkennbare Nebenprogramme ein, die den US-Behörden Zugriff auf alle möglichen, eigentlich dem Datenschutz unterliegenden Informationen erlauben.
Almaddi interessierte sich für die elektronische Post von Jussuf el Sahdi, dem Adressaten der Mitteilung in Kopenhagen. Nachdem alle europäischen Behörden auf Druck der Vereinigten Staaten die Verbindungsdaten sämtlicher Telefonnutzer für mindestens 60 Tage speicherten, konnte Carl Almaddi in aller Ruhe nachvollziehen, von wem Mr. Jussuf el Sahdi Post bekommen oder wem er geschrieben hatte. Die meisten Mitteilungen kamen von und gingen an e-mail-Adressen in Dänemark. Einige Mitteilungen gingen an Anschriften im Jemen.
Almaddi ließ seinen Computer alle diese mails aufrufen und abspeichern. Er überflog die Mitteilungen, die sich auf den ersten Blick lasen wie die Post zwischen Familienmitgliedern und Freunden. Aber die Rechner in Almaddis Behörde hätten die Möglichkeit, die Texte auf bestimmte Kriterien hin zu prüfen, die den Verdacht nahe legten, hier würde ein Code benutzt.
Eine Nachricht war eingegangen aus Deutschland, aber der Absender hatte einen arabischen Namen: hakeem.binzaif. Auch diese Adresse kam in Almaddis Rechner. Und auch diesen Text rief Almaddi sich auf.
Die Mitteilung war die blumige aber jammervolle Darstellung eines offensichtlich unter Heimweh leidenden Mannes, aufgrund der Wortwahl vermutete Almaddi, eines jungen Mannes. Offenbar wohnte der Mann in Hamburg, weil er diese Stadt in seinem Text mehrmals erwähnte. Gerichtet war der Brief an seinen „zutiefst verehrten weisen Lehrer und geistlichen Vater“.
Nun gut. Jussuf el Sahdi hatte, bevor er den Jemen verließ, dort als Lehrer gearbeitet.
Erstaunlich fand Almaddi jedoch, dass Jussuf die Nachricht aus Deutschland unmittelbar an eine e-mail-Anschrift in Dubai weitergeleitet hatte. Soweit Almaddi herausfinden konnte, gehörte diese Adresse einer saudischen Handelsgesellschaft, die in Dubai ein Büro unterhielt.
Aber auch hier war die Nachricht nicht geblieben. Sie war weitergeleitet worden an eine e-mail-Adresse in Saudi Arabien.
Jetzt wurde es spannend.
In religiöser Hinsicht leben die Saudis wie im Mittelalter. Es gibt immer noch öffentliche Auspeitschungen und Hinrichtungen, vor allem für Verfehlungen im moralisch-sittlichen Bereich. Aber trotzdem hat auch hier die Moderne Einzug gehalten.
Auch Verwaltungen von Moscheen haben Internetadressen. Und Web-Seiten.
Und die Anschrift, an welche die Mitteilung des jungen Mannes gegangen war, war ganz eindeutig einer Moschee zuzuordnen.
Lieutenant Commander Carl Almaddi fand die Web-Seite sofort unter dem auch in der e-mail-Adresse genannten Namen.
Sobald sich die Seite öffnete, kam ihm die Abbildung der Moschee bereits bekannt vor. Er musste nicht einmal seine anderen Bilder zum Vergleich heranziehen. Dazu hatte er sich heute schon zu sehr mit dem Gebäude und seiner Umgebung in der Altstadt Riads beschäftigt.
Auf der Web-Seite waren auch die Prediger genannt, die in der Moschee und ihrer angeschlossenen Schule lehrten.
Neben mehreren anderen würdig aussehenden Herren mit den für Imame typischen Kopfbedeckungen und langen Bärten prangte hier auch das Porträt von Imam Hadschi Omar bin Othman.
Was Lieutenant Commander Carl Almaddi jetzt noch herausfinden musste, war, um wen es sich bei dem Schreiberling in Hamburg handelte. Wahrscheinlich gab es Hunderte Hakeems bin Zaif in Saudi Arabien.
Erst las er noch einmal in aller Ruhe die Mitteilung aus Deutschland.
Dann klinkte er sich in die Datei in Brüssel, Belgien, ein, in der sämtliche Einreise- und Aufenthaltsgenehmigungen für die Schengen-Staaten gespeichert sind. Mehrere in den achtziger und neunziger Jahren in der kleinen Ortschaft Schengen in Luxemburg unterzeichneten Abkommen legten fest, dass innerhalb der Europäischen Union die inneren Grenzen entfielen und dass jemand, der von außerhalb Europas kam, sich innerhalb der EU frei bewegen kann.
Hier in Brüssel reduzierten sich die genannten Hakeems bin Zaif auf wenige Dateien.
Almaddi interessierte sich nur für die Visa, die innerhalb der letzten drei Monate an saudische Staatsbürger dieses Namens erteilt worden waren.
Das waren genau zwei.
Ein Hakeem bin Zaif bin Ahmat, Kaufmann aus Jeddah, 46, Jahre alt, und Hakeem bin Zaif al Sultan, Student der Ingenieurwissenschaften in Hamburg. Das Visum war ohne jedwedes Problem erteilt worden. Handelte es sich doch bei Hakeems Vater um einen der höchsten militärischen Würdenträger des Königreiches Saudi Arabien, Vizeadmiral Zaif al Sultan!
In diesem Augenblick läutete Almaddis Telefon. Als er abhob, hatte er Peter Huntzinger aus dem Royal Saudi Navy Support Office in der Leitung.
„Carl, du hast dich neulich dafür interessiert, ob Saudi Arabien U-Boote besäße. Letzte Information: Die haben gerade eine Reihe von Klein-U-Booten in Deutschland bestellt. Wir überlegen, ihnen einige Ausrüstungen zur Verfügung zu stellen.“
Rupert Graf, gerade am Nachmittag wieder gelandet nach einem zweitägigen Besuch in Buenos Aires und wegen der Zeitverschiebung trotz der fortgeschrittenen Stunde in Düsseldorf immer noch hellwach, traf sich mit Sabine Sadler im Restaurant Kitaro in der Nähe seiner Wohnung.
Sabine hatte ihn zuhause aufsuchen wollen.
Graf hatte dies abgelehnt.
Er war müde. Er war erschöpft. Er wollte nur noch eine Kleinigkeit essen und dann in sein Bett.
Rupert Graf hatte sich auch nur auf dieses Treffen eingelassen, weil Sabine wiederholte und immer drängendere Nachrichten auf seinen Anrufbeantwortern hinterlassen hatte; und da er noch so aufgedreht war von dieser kurzen aber weiten Reise. Da