Dschungeltanz. Aurel Levy
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»Mittendrin, direkt am Amazonas. Weiß auch nicht, was unsere Firma da möchte, aber anscheinend gibt es dort haufenweise Sachen, die unbedingt nach Deutschland müssen. Und so gut bezahlt werden, dass wir sie in unsere Flugzeuge packen.«
»Und wann würde es losgehen?«
»Das ist der Haken an der Sache. Am Freitag, also überübermorgen ...«
»Ui!«
»Und am Samstag drauf bist du wieder im Lande. Ne stramme Woche also.«
»Okaaaay, ne Woche ...«, versuchte ich Zeit zu gewinnen, während meine Gedanken durcheinanderwirbelten. Ich hatte einen Termin mit Prangishvili, einen weiteren bei der Hypnosetante und musste echt viel für den Medizinertest vorbereiten, außerdem ...
»Überleg es dir einfach, und ruf mich zurück. Ich bin morgen den ganzen Tag zuhause.« Kai schien Gedanken lesen zu können.
»Kai, das wäre echt voll die Gaudi, ich muss nur schauen, ob ...«
»Kein Problem, Topsi, gib mir einfach Bescheid.«
»Okay, mach ich. Bis dann.«
Benny und Jil sahen mich an wie Zeus und Apollo, die beiden Dobermänner aus Magnum, als ich das Telefon auf den Tisch legte.
»Kai, der jetzt als Kapitän bei der Fracht fliegt ...«
»... mit dem du Weihnachten in Novosibirsk und Hongkong warst, ich weiß.«
»... hat gefragt, ob ich mitfliegen möchte. Nach Dakar und Manaus.«
»Manaus! Muss der Hammer sein. Hab mal irgendwo gelesen, dass die den brutalen Frauenüberschuss haben. Im Verhältnis 3:1 oder so. Und als weißer Europäer bist du für die voll der Exot. Das wäre mein persönliches Mekka!«
»Wie kannst du da einfack mitfliegen?« Jil hatte ihre Stirn in Fragezeichen gelegt.
»Die haben in ihren Frachtmaschinen zusätzliche Sitze. Genau weiß ich das auch nicht, aber es scheint zu funktionieren. Kai sagt, sie nehmen ständig Gäste mit.«
»Du bist dabei, oder?«
»Richtig passen tut mir das nicht. Ich hab volles Programm nächste Woche ...«
»Hey, Hentschel, jetzt langweil nicht rum. Volles Programm, so ein Schmarrn! So gesehen passt es nie. Logisch fährst du mit. Wenn du nicht fährst, machs ich!« Benny sprang auf und legte eine Kombination aus Zumba- und Merengue-Hüftschwung hin. Die eine Hand wie ein Torero über dem Kopf, die andere wie Michael Jackson in seinen besten Zeiten stabil im Schritt.
»Bo-asch noite, Ma-na-uuuuusch! Tropische Nächte am Amazonas-Strand, isch komme!«
»Wenn du dort solcke Bewegungen mackst, denken die Frauen, dir ist die Vogelgrippenvirus in die Hirn gestiegen.« Jils Gesicht konnte sich scheinbar nicht einigen, ob es lachen oder weinen sollte.
»Keine Sorge, meine Prinzessin aus dem Palast der Winde! Ich verstehe die Frauen und die Frauen verstehen mich. Die Sprache der Liebe ist inter---natio---nal.« Auf international folgten unzweideutige Hüftbewegungen.
»Du und das Liebe, das sind zwei Worte, die nickt zusammenpassen«, meldete sich Jil. »Doesn't fit, understand?«
Benny grinste und antwortete mit weiteren Hüftstößen.
Manchmal frage ich mich, was Leute, die Benny nicht so gut kennen, über meinen Kumpel denken. Sicher nicht, dass er bei den Profs als einer der hellsten und innovativsten Köpfe des ganzen Münchner BWL-Lehrstuhls rangiert.
Apropos BWL. »Du schreibst nächste Woche eine Klausur oder?«, gab ich zu bedenken.
»Scheiß drauf! Klausuren kannst du wiederholen oder schickst jemand anders für dich hin, aber so eine Chance kommt nie wieder. Glaub mir, sowas muss man mitnehmen.«
Eigentlich hatte Benny recht. Das war ja das Schlimme. Der Kerl hatte immer recht. Und kam auch noch durch mit dieser Nummer.
Würde solch eine Gelegenheit wiederkommen? Schwer zu sagen. Ich befand mich mitten in meinem Teilzeit-Monat, die Termine würden sich verschieben lassen und lernen konnte ich auch unterwegs. Vielleicht sogar besser als zuhause, wo ich mich ständig durch irgendetwas ablenken ließ. Tagsüber im Schatten des Hotelpools die Unterlagen des Medizinertests durcharbeiten, abends lecker Essengehen. Zusammen mit Benny und Kai würde die Gestaltung des Abendprogramms recht bunt ausfallen. Schön von einer Kneipe in die nächste. Außerdem kämen mit Senegal und Brasilien gleich zwei neue Pins auf meine Weltkarte.
Ich griff nach meinem Telefon.
FÜNF
Zauberspiegel gibt es echt.
Man schaut beispielsweise als Horst-Herbert hinein und augenblicklich erklingen elfengleiche Stimmen. Besingen einen Jüngling von berückender Schönheit. Augen wie glühende Kohlen, voller Leidenschaft und Tatendrang. Leicht schräg stehend, über hohen Wangenknochen. Das güldene Haar in sanften Wellen über breite Schultern fließend. Und erst die Lippen. Oh, Gott hilf, was für Lippen!
In meinem Fall war es ein stinknormaler Toilettenspiegel. In einem Frachtflugzeug der German Imperial Cargo. Dieser Spiegel war mausetot. Er würde nichts sagen, auch wenn ich ewig hineinglotzte. Und wenn er hätte sprechen können, dann hätte er kaum einen Lobgesang angestimmt. Ein Vergleich, den ich an außergewöhnlich guten Tagen zu hören bekomme, ist der zu Tim. Der von Tim und Struppi. Heute nicht. Das Einzige, was in meinem runden Gesicht momentan an Kohle erinnerte, waren die tiefen Schatten, die meine Augenringe warfen. Allerdings war das nicht weiter verwunderlich. Seit dem Augenblick, als ich Kai zum zweiten Mal am Telefon hatte, war ich schwer am Rumhektiken gewesen. Das geht mir immer so, bevor ich wegfahre. Ich versuche vor der Abreise noch so viele Dinge zu erledigen, dass es immer in Stress ausartet. Erst wenn ich im Flieger sitze, fahre ich runter. Dieses Mal war es besonders knapp. Unser Flug sollte um kurz nach Mitternacht Richtung Dakar starten. Folglich sah ich kein Problem darin, zur besten Vorabendsendezeit unseren Komposthaufen nach Tauwürmern zu durchwühlen.
Nein, ich bin nicht völlig gaga! Vielleicht aber eine Erklärung schuldig. Manche Menschen halten sich Papageien als Haustier, andere schwarz-weiß-gescheckte Ratten, dritte haben so einen Riesenschlangen-Fetisch. Ich besitze zwei Bartagamen. Sandfarbene Echsen, die aus Australien stammen und ungemein zutraulich werden können.
Wann immer ich auf Reisen gehe, versuche ich mein latent schlechtes Gewissen damit zu beruhigen, dass ich den beiden vorher noch etwas Gutes tue. Die Jungs lieben Tauwürmer. Dem Kind sein Fruchtzwerg ist der Bartagame ihr Wurm. Vor allem Fittipaldi kann nicht genug bekommen. Seit ich Keke dazugesetzt habe, frisst er wie ein Scheunendrescher. Konkurrenz belebt das Geschäft, anscheinend auch bei Bartagamen.
Fittipaldi und Keke sonnten sich unter ihrer UV-Lampe. In munterster Sandwichstellung übereinandergestapelt. Ich schwenkte lecker Würmchen vor ihrer Nase. Noch bevor einer der beiden zuschnappen konnte, wurde ich schlagartig hochgerissen.
»Hey!«, empörte ich mich und wusste doch im selben Moment, dass es keinen Sinn machte, Widerstand zu leisten. Zwar war Benny einen Tick