Leben - Erben - Sterben. Charlie Meyer

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Leben - Erben - Sterben - Charlie Meyer

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mehr, aber dass ich den ausgestopften Hund einer mir völlig Unbekannten aus reiner Herzensgüte hütete, klang selbst in meinen Ohren unglaubwürdig. Nein, ich würde die tausend Euro wohl wieder herausrücken müssen. Außer Spesen nichts gewesen, ein Spruch, den ich mir gestickt an die Wand hängen sollte. Oder treffender noch: Die Dummen sterben niemals aus.

      Als ich loszog, den Hund in seinem Kopfkissenbezug geschultert, hofften meine Nachbarn bestimmt, der Vermieter habe mich vor die Tür gesetzt, und ich suchte mir nun mit dem Rest meiner Habe ein gemütliches Plätzchen unter einer der Weserbrücken. Frau Reschke unter mir beschwerte sich alle paar Tage. Der Fernseher, die Stereoanlage, vor allem aber mein Herumgerenne Tag und Nacht irritiere sie, und Frau Müller, die ihr gegenüber wohnte, pochte immer dann an meine Tür, wenn ich mir mit meinem Spiegelbild erbitterte Wortgefechte lieferte.

      Ich kam mit dem Hund tatsächlich nur bis unter die Thiewallbrücke. Kaum fünfhundert Meter von meiner Wohnung entfernt, wurde mir bewusst, mit dem Einschalten der Behörden finanziellen Selbstmord zu begehen. Ich würde die ganze Story haarklein erzählen müssen, schon allein deshalb, um nicht als Spinnerin in die Landesklinik eingewiesen zu werden: meine Anzeige in der DEWEZET, Service AG. Aufträge aller Art. Diskretion garantiert, Fiona McCullens Anruf, unser geschäftliches Abkommen, der Scheck, der Hund. Die Polizei würde mich routinemäßig überprüfen, da ich vielleicht sogar die letzte Person im Universum war - außer dem Mörder natürlich - die F.C. und Bruno lebend gesehen hatte.

      Ich befürchtete nicht, auf der Stelle als Doppelmörderin in Ketten gelegt zu werden, o nein, aber die polizeiliche Recherche würde ergeben, dass ich eine aus jener Schar war, die der Staat so großzügig unterstützte, während sie es ihm mit Schwarzarbeit dankte. Eine aus der Schar der betrügerischen Hartz IV-Empfänger, der unverzüglich die Unterstützung zu streichen ist.

      Ich sah Ingeborg Schulzes dämonisches Grinsen förmlich vor mir, den Blick, den sie mit einem gewissen Uwe Brickenrodt tauschte und den großen roten Stempel, der nur ein einziges Wort auf meine geschlossene Akte donnerte: Erledigt! Natürlich konnte ich versuchen, mich mit Unwissenheit, Vergesslichkeit oder einfach damit zu rechtfertigen, dass ich den Scheck noch gar nicht eingelöst hatte, doch meine Glaubwürdigkeit lag nun mal im Ermessen einer gewissen Ingeborg Schulze im Jobcenter, die sich an jede meiner Gemeinheiten aus der Schulzeit erinnerte. Die neuralgischen Stellen auf meiner Kopfhaut fielen dabei bestimmt nicht in die Waagschale. Ingeborg Schulze, soviel stand fest, würde mich durch die behördliche Walze drehen, bis mir mein schwarz verdientes Geld zu den Ohren wieder herausquoll. In den vergangenen Monaten hatte ich eine ganze Latte von Nebenbeiarbeiten verrichtet.

      Egal, von welcher Seite ich es gedanklich durchspielte, und egal, wie sehr ich mir einen großen, starken Beamten mit Totschläger und Pistole an meiner Seite wünschte, blieb mir der Schoß der Polizei doch verwehrt.

      Also trug ich Churchill zähneknirschend in den Storchengrund zurück und schenkte mir ein Glas Beaujolais ein, um die kleinen, grauen Zellen bei Laune zu halten. Es galt, einen Plan zu schmieden, wie ich auch ohne Polizei mit heiler Haut aus der Sache herauskam. In der DEWEZET, die ich Paul, dem schüchternen jungen Mann aus der ersten Etage, von der Türmatte stibitzte, fand ich den gesuchten Artikel bereits auf der Titelseite in einem schwarz umrandeten Kästchen. Dort, wo sonst die Katastrophen der Welt vermeldet wurden.

      Unter der Überschrift Hollywoodstar in Hameln brutal ermordet stand nichts, was ich nicht bereits wusste, mit Ausnahme der Tatsache, dass die Polizei nun doch von einem Einbruchsdelikt ausging, da ein Nachbar zur vermuteten Tatzeit eine verdächtige Person mit einem Sack über der Schulter aus dem Haus kommen und flüchten sah. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Kein Mord wegen des ausgestopften Churchills sondern ein Mord aus reiner Habgier. Die goldenen Kerzenhalter musste ich wohl im Dämmerlicht übersehen haben. Meine Paranoia atmete tief durch und löste sich in Wohlgefallen auf. Bis ich die Zeitungsseite raschelnd umblätterte und das Phantombild entdeckte. Eine dickliche Person mit verkniffenem Gesicht und einem prallen Sack über der Schulter, die auf einem Fahrrad saß. Unter dem Bild stand die Beschreibung:

      „Eine übergewichtige Frau zwischen fünfunddreißig und vierzig, mit schulterlangen fahlblonden Haaren, braunen Augen und einer langen geraden Nase. Bekleidet war die Verdächtige mit einer hellen Sommerhose und einer längs gestreiften Bluse. Sie flüchtete mit der Beute auf einem alten, verrosteten Fahrrad. Bei dem Fahrrad handelt es sich nach Angaben des Augenzeugen um ein Hollandrad der Marke ... (es folgte eine genaue Beschreibung). Hinweise, die zur Ergreifung der Verdächtigen führen, bitte an die folgende Telefonnummer der Soko Fiona ... oder die nächste Polizeistation. Die Stadt Hameln hat für Hinweise, die zur Ergreifung der mutmaßlichen Täterin führen, eine Belohnung von 10.000 Euro ausgesetzt.“

      Ich konnte es kaum fassen, doch zum ersten Mal in meinem Leben - abgesehen von meiner eigenen und Eikos Geburtsanzeige - war ich in der Zeitung. Mehr noch. Die Kripo hatte eigens einen Phantomzeichner bemüht, nur um mein Bild in die Medien zu bringen. Ungläubig las ich den Steckbrief noch einmal, doch da stand es schwarz auf weiß: ich, Delia A. Pusch, wurde als F.C.‘s Mörderin öffentlich gesucht! Nicht namentlich natürlich, aber immerhin!

      Als Nächstes fand ich mich im Badezimmer wieder und spuckte meine Pizza und den Beaujolais in die Toilettenschüssel. Nicht, dass vor einer Stunde meine Welt noch in Ordnung gewesen wäre, aber es hatte wenigstens noch eine Welt gegeben. Nun degradierte mich das Phantombild in der DEWEZET zu einer Gefangenen meiner eigenen Wohnung. Mir war, als trüge ich plötzlich eine elektronische Fußfessel, die in ganz Hameln Alarm auslöste, sobald ich das Haus verließ. Zehn Minuten später, und um ein Pfund leichter, schleppte ich mich auf mein Sofa und starrte durchs Dachfenster in den Himmel. Es sah nach Regen aus. Gut. Ich mochte keinen Regen und blieb bei Nässe ohnehin lieber zu Hause.

      Als es auf die Scheibe zu prasseln begann, schoss ich wieder hoch. So ging es nicht, ich durfte auf keinen Fall Däumchen drehenderweise zusehen, wie mich die Mühlen der Justiz zermalmten, es sei denn, ich zog es vor, den Rest meines Lebens in der Abgeschiedenheit einer Einzelzelle zu verbringen. Ich konnte mir keine Staranwälte leisten wie O.J. Simpson oder Michael Jackson, ich musste mit Hubert Riese, dem netten Pflichtverteidiger aus dem Nachbarhaus, vorlieb nehmen, der abends seinen Dackel an der Weser Gassi führte.

      Ich geriet in Hektik. Zu allererst musste das Belastungsmaterial versteckt oder unkenntlich gemacht werden. Also mein Fahrrad und ich. Der Augenzeuge - wahrscheinlich ein Anwohner des Murmeltierpfades, der beobachtete, wie ich den Hund im Kopfkissen vorbeitrug - hatte das Fahrrad ziemlich genau beschrieben. Marke, Farbe, Rost, wer immer meinem Drahtesel zufällig über den Weg lief und ihn mit der Beschreibung verglich, hatte gute Chancen die Belohnung einzuheimsen. Ich raste nach unten vors Haus, schnappte das Rad am Rahmen und trug es in meinen Keller. Beim Anblick der in einer Ecke gestapelten Farbeimer und Lackdosen kam mir eine Idee. Ich schüttelte die Lackdosen der Reihe nach durch, in der kornblumenblauen gluckerte es. Zuletzt hatte ich damit auf Eikos Wunsch für sein Zimmer einen Teewagen vom Sperrmüll lackiert.

      Den Rest des Nachmittags verbrachte ich mit Schmirgelpapier und Pinsel. Gegen Abend leuchteten mein Fahrrad, der Kellerboden und ich selbst kornblumenblau, doch ich betrachtete mein Werk mit der Zufriedenheit eines erfolgreichen Künstlers. Bis mir die Nachbarn wieder einfielen. Würden sie nicht stutzen, wenn ich anstatt eines verrosteten grünen urplötzlich ein frisch lackiertes blaues Fahrrad fuhr? Ich musste mir etwas einfallen lassen. Vorerst jedoch schlich ich in meine Wohnung zurück, während das ganze Haus verdächtig nach Lack stank und badete in Pinselreiniger. T-Shirt und Jeans waren reif für den Müll. Die Socken ebenfalls. Wenn ich mich künstlerisch betätige, dann unter vollem Körpereinsatz. Nachdem ich mir die kornblumenblauen Haarspitzen abgeschnitten hatte, suchte ich nach dem Haarfärbemittel und wurde - wieso auch immer - im Sicherungskasten fündig. Mir blieb keine Zeit, auf eine Besserung meines Selbstbewusstseins zu warten. Ich musste handeln, und zwar sofort!

      Das Ergebnis war kupferrot, genauso wie ich es in der Werbung an den Models ständig bewunderte, nur sah

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