Pferdesoldaten 09 - Das Kanonenboot. Michael Schenk
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Das zweite Buggeschütz feuerte. Der Richtschütze hatte den richtigen Moment abgepasst und die Gunst des Schicksals auf seiner Seite. Das dreiundzwanzig Pfund schwere und massive Geschoss schlug im Bug eines der Dampfer ein, raste durch den hölzernen Rumpf und verwandelte den Angreifer in ein verstümmeltes Wrack.
Der zweite Angreifer nutzte seinerseits den Umstand, dass die Mayhew nun beide Bugwaffen eingesetzt hatte. Zwar ließ deren Kapitän nun Ruder legen, damit sein Schiff dem Angreifer zunehmend die Breitseite mit den geladenen Geschützen zuwandte, doch es war zu spät.
Obwohl ein paar Gewehre und Revolver gegen die Konföderierten abgefeuert wurden, gelang es diesen, den Bug des Kanonenbootes mit der Ramme zu treffen. Es war kein idealer Rammstoß, da er nicht senkrecht, sondern schräg auf das hölzerne Unterwasserschiff traf, dennoch war der Schaden für die Mayhew verheerend.
Der Stoß warf die Männer auf beiden Schiffen von den Beinen, während das laute Bersten von Holz ertönte. Dass es ein tödlicher Treffer war, wurde den Unionisten sofort bewusst, denn der Bug begann sich innerhalb weniger Augenblicke zu neigen.
Die Konföderierten fanden keine Zeit, ihren Triumph auszukosten. Selbst angeschlagen, fuhren sie an der Seite des Kanonenbootes entlang, direkt vor den Mündungen der schussbereiten 20,3-Zentimeter. Einer der Kanoniere fand Halt und die Gelegenheit, die Reißleine zu ziehen. Das Geschoss zischte harmlos über den kleinen Dampfer hinweg, doch die Druckwelle des Abschusses zerschlug seine Aufbauten und brachte das kleine Wasserfahrzeug beinahe zum Kentern, wodurch seitlich Wasser eindrang. Somit waren nun beide Wasserfahrzeuge dem Untergang geweiht.
Der Kapitän der Mayhew begriff, dass er nur eine einzige Chance hatte, Schiff und Besatzung zu retten. Die meisten Männer an Bord konnten nicht schwimmen und würden hilflos ertrinken, wenn sie über Bord sprangen.
„Zur Sandbank!“, befahl er dem Steuermann und wandte sich mit dem Sprachrohr dem Heck zu. „Boote klarmachen! Wir verlassen das Schiff!“
An den beiden Rettungsbooten, die seitlich, an der Panzerung vor dem Heck, in ihren Aufhängungen schwangen, entstand fieberhafte Aktivität, während das sinkende Kanonenboot der Sandbank entgegen glitt. Die panischen Maschinisten räumten fluchtartig den größtenteils unter dem Wasserspiegel liegenden Maschinenraum. Über ihnen dachte keiner an die Sicherung der Geschütze. Alles drängte auf das Oberdeck und zum Heck. Strömung und Restgeschwindigkeit sorgten jedoch dafür, dass sich die Mayhew der Sandbank näherte.
Der Kapitän hoffte nicht darauf, sein Schiff tatsächlich retten zu können. Im Gegenteil, er würde es, mit Hilfe der Pulvervorräte, sprengen müssen, damit es nicht in Feindeshand fiel, aber wenn er es an der Untiefe auf Grund setzen konnte, würde es nicht endgültig versinken und er konnte seine Besatzung vor dem Ertrinken bewahren.
Während des verzweifelten Versuches der U.S.S. Mayhew, festen Grund zu erreichen, kenterte der angeschlagene konföderierte Flussdampfer und versank. Auch hier konnten die Wenigsten schwimmen und wer es konnte, der versuchte tapfer, wenigstens einen der Kameraden zu retten.
Commodore Isaac Lumbers beobachtete das Drama vom Steuerhaus der Nentucket aus. Wütend umkrallte seine Hand die Einfassung eines der Fenster. „Zum Hafen, Kapitän. Wir müssen schnellstens anlegen und den Hafen besetzen.“
„Ich bin kein Narr, Mister Commodore.“ Der Kapitän wies zum Ufer hinüber. „Dort! Können Sie es sehen? Bespannte Artillerie der Rebellen geht am Ufer in Stellung. Die schießen uns in Fetzen, bevor Ihre tapfere Infanterie auch nur einen Brogan an Land setzen kann.“
Lumbers folgte den Blicken des Kapitäns und fluchte erbittert.
Am Ufer protzte eine Batterie berittener Artillerie ab. Sechs Sechspfünder und vier Zwölfpfünder. Keine wirklich großen Geschütze, aber mehr als ausreichend, um die beiden großen Dampfschiffe zu versenken.
„Gottverdammt“, knurrte Lumbers enttäuscht. „Wo kommen die verfluchten Rebellen so plötzlich her?“
„Was weiß denn ich?“, erwiderte der Kapitän bissig. „Entscheidend ist, dass sie jetzt da sind. Na schön. Steuermann, volle Wende und flussaufwärts.“ Er beugte sich zu dem Sprachrohr aus Messing, dessen Schlauchverbindung ihn mit der Maschine verband, zog den Stöpsel aus dem Trichter. Ein kurzer Pfiff, dann gab er seine Befehle. „Heizt ordentlich ein. Volle Fahrt. Wir haben hier ein paar Gentlemen aus dem Süden, die uns sonst das Rad in Stücke schießen.“
Der große Dampfer am Anleger machte gerade die Leinen los, doch die Nentucket und die Missouri Lady gingen bereits auf Gegenkurs.
„Die werden uns nicht einholen“, meinte der Kapitän zufrieden.
Commodore Lumbers nickte. „Und selbst wenn… Das uns verfolgende Schiff ist nicht bewaffnet und jeder unserer Dampfer hat fast vierhundert Infanteristen an Bord. Die Rebellen werden sich hüten, einen Enterversuch zu unternehmen.“
„Ich glaube, die Mayhew schafft es“, kommentierte der Kapitän, der zur Sandbank zurück sah. „Eben hat sie einen Stoß bekommen. Einer ihrer Schornsteine ist abgeknickt. Sie muss aufgelaufen sein.“
„Gut“, seufzte Lumbers. „Dann ist ihre Besatzung wenigstens in Sicherheit.“
Es war nicht nur die Gefahr des Ertrinkens. In diesem Augenblick dachte der Offizier an die beeindruckenden Gebisse der Alligatoren, die sich am Ufer oberhalb von Dillings sonnten.
Als die Nentucket diese Stelle passierte, war von den Echsen nichts zu sehen. Dillings war nicht weit entfernt. Sicher waren die beobachteten Alligatoren und eine erkleckliche Zahl ihrer Artgenossen, auf der Jagd nach frischer Beute, die sich durch ihr aufgeregtes Plantschen verriet. Doch die Männer des Kanonenbootes würden auf der Sandbank in Sicherheit sein. Immerhin war es besser, als Kriegsgefangener der Südstaaten zu enden, als im Magen einer hungrigen Echse.
Der Kapitän warf Lumbers einen nachdenklichen Blick zu. „War wohl ein ziemlicher Fehlschlag, was, Mister Commodore?“
Lumbers Gesicht schien unbewegt, während er schweigend nickte.
Kapitel 2 Dillings
Joshua Kendrick war das Sinnbild eines ehrwürdigen Patriarchen und Gentleman aus dem Süden. Er war nicht nur Gründer und Town-Mayor der Stadt Dillings, sondern auch Besitzer einer großen Tabakplantage in Virginia. Über vierhundert Sklaven arbeiteten dort für ihn. Kendrick war der festen Überzeugung, dass sie dies gerne taten, denn im Vergleich zu anderen Besitzern behandelte er seine „Nigger“ gut. Er tat dies nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit, doch ihm war bewusst, dass zufriedene Arbeiter weit bessere Ergebnisse lieferten, als solche, die das nicht waren. So hatte bei ihm jeder Schwarze seine gemütliche Koje, jede Familie sogar eine kleine Hütte. Joshua Kendrick achtete auf eine gute ärztliche Versorgung und bezahlte die Männer und Frauen für ihre Tätigkeit. Es mochte ein geringer Lohn sein, doch üblicherweise wurden die Sklaven überhaupt nicht bezahlt. Kendrick achtete ebenso darauf, dass die Familien oder Ehepaare nicht auseinander gerissen wurden und dass seine Aufseher die Peitschen nur benutzten, wenn dies auch unbedingt erforderlich war, um die Disziplin aufrecht zu erhalten. Fünf seiner besten Aufseher kamen selbst aus den Reihen seiner Sklaven. Kendrick begünstigte auch die Gründung von Familien. Neue Sklaven aus den eigenen Reihen waren weit besser motiviert und man musste sie nicht auf einem Markt einkaufen.
Ja,