Pferdesoldaten 09 - Das Kanonenboot. Michael Schenk

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Pferdesoldaten 09 - Das Kanonenboot - Michael Schenk Pferdesoldaten

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wollte die Plantage des guten weißen Massa verlassen, um einem anderen und schlechteren Herrn zu dienen.

      Er hatte einen zuverlässigen Verwalter auf der Plantage und einen ehrlichen Buchführer. Alles wäre Bestens, wenn der verdammte Bürgerkrieg nicht ausgebrochen wäre. Joshua Kendrick war ein glühender Patriot des Südens und ein Verfechter von dessen Unabhängigkeit. Er machte jedoch keinen Hehl daraus, dass der „verdammte Ärger mit den Yankees“ das Geschäft schädigte und möglichst rasch beigelegt werden sollte. Das lag ja auch im Interesse der Nordstaatler und die bisherigen Geschäftspartner, mit denen Kendrick in den Unionsstaaten handelte, hatten sich stets als vernünftige Leute erwiesen. Der inzwischen 72-jährige hoffte, die Geschäfte bald wieder aufnehmen zu können.

      Zwei seiner Söhne dienten in der Armee von Nord-Virginia. Einer von ihnen hatte den berühmten General Robert E. Lee sogar persönlich kennengelernt und ritt nun in Stuarts fabelhafter Kavallerie.

      Joshua hielt es in diesen unruhigen Zeiten nicht auf der Plantage. Eher zufällig war er, während einer gemütlichen Flussreise auf dem Mississippi, auf den Verladepunkt Dillings gestoßen und hatte sofort erkannt, dass dessen wahres Potential nicht genutzt wurde. Die Lage, direkt am Fluss und zwischen zwei Überlandstraßen, die durch eine Brücke und die Fähre mit dem Ort verbunden waren, bot Möglichkeiten für den Handel. Entlang des Mississippi wurden Baumwolle, Tabak und Melasse angebaut und vorrangig zwischen den Städten Natchez und Saint Louis gehandelt. Von Saint Louis ging es flussabwärts weiter bis New Orleans. Dillings lag zwischen Memphis und Vicksburg und bot sich als Umschlagplatz an. Zudem konnte man von Dillings aus etliche Plantagen versorgen. Plantagen, auf denen, entlang des Flusses, rund vier Millionen Sklaven arbeiteten.

      Joshua Kendrick hatte vor einem guten Jahr einiges an Privatvermögen in Dillings investiert und die kleine Siedlung erhielt enormen Aufschwung, denn die umfassenden Verbindungen von Kendricks sorgten rasch dafür, dass Dillings als Anlegeplatz akzeptiert und angefahren wurde. Es war nur eine logische Folge, dass die nunmehr 3.000 Einwohner ihn zu ihrem Bürgermeister wählten.

      Die ersten soliden Steinhäuser waren errichtet worden und Kendricks achtete persönlich darauf, dass sie ansprechend aussahen. Die Balkone, die zugleich die Vordächer bildeten, wurden von sorgfältig behauenen Steinsäulen gestützt, etliche der Geländer bestanden nicht aus Holz, sondern dem teuren Schmiedeeisen. Hier gab es Teppiche und Wandtapeten und zunehmend alle Annehmlichkeiten, die den Ort sogar für verwöhnte Passagiere ansprechend machten. Mancher Dampfer legte hier an, natürlich gegen einen kleinen Obolus von Kendrick an den Kapitän, damit seine Passagiere die Gelegenheit bekamen, im „Chez Gaston“ zu speisen. Der alte Patriarch hatte sich nicht gescheut, einen ausgezeichneten französischen Koch in die kleine Stadt zu locken.

      An Stelle der einstigen kleinen Dampfboote lagen nun auch große Raddampfer an den hölzernen Anlegern. Der Größte von ihnen, ein stolzer Vierdecker, war die Louisiana Pride von Kapitän James Henry Muldoon, einem Schotten, den die Abenteuerlust vor Jahren nach Amerika getrieben hatte. Inzwischen besaß der Mann drei kleine und zwei große Frachtdampfer und seine Louisiana Pride, die Passagiere aller Art beförderte. Die meisten Dampfer wurden weiß gestrichen. Teure Farbe behielt man den Relings, dem Steuerhaus oder den Radkästen vor. Muldoon hatte sein Flaggschiff jedoch in kräftigem Gelb gehalten. Schornsteine, Heckrad, Handläufe und Türen schimmerten in seidigem Schwarz. An beiden Flanken zog sich der übergroße Schriftzug Louisiana Pride entlang.

      Muldoon und sein Flaggschiff waren auf dem Mississippi bekannt. Das Schiff war modern, sehr schnell und der Schotte besaß genug Rücksichtslosigkeit und Risikofreude, um seine Konkurrenten notfalls auch mit kleinen Tricks aus einem Rennen zu werfen.

      Rennen gab es auf den großen Flüssen, wie dem Mississippi, dem Missouri, dem Ohio oder Shennandoah, immer wieder, doch die des Mississippi waren berühmt. Immer wieder lieferten sich Kapitäne eine Wettfahrt mit der Konkurrenz, denn das schnellste Schiff wurde bekannt und bekam die zahlungskräftigsten Passagiere und lohnendsten Frachten. Solche Rennen wurden angekündigt, die Zeitungen berichteten darüber und es wurden Wetten abgeschlossen.

      Muldoon wettete selber gerne und es machte ihm nichts aus, bei einem Rennen ein wenig zu mogeln, wenn er es dadurch gewann. Das Letzte hatte er gewonnen, weil er dem Feuerholz so viel Schweinefett beigemischt hatte, dass die Kessel beinahe geplatzt wären. Die Heizer hatten zusätzlichen Lohn erhalten und die Ventile festgebunden, und sicher hatten sie, nach dem gewonnenen Rennen, ein paar Vaterunser gebetet, um sich anschließend gründlich zu besaufen.

      James Henry Muldoon war ebenfalls ein Anhänger des Südens. Er war ein Freund der Unabhängigkeit und hatte es noch nie verstanden, dass sich sein geliebtes Schottland der britischen Krone hatte unterwerfen müssen. In Muldoon lebte der Geist der Schlacht von Culloden. Er brauchte sich nur vorzustellen, der gegnerische Kapitän sei ein Engländer, um alles daran zu setzen, ein Rennen zu gewinnen.

      Im Augenblick standen Muldoon und Kendrick, einträchtig Seite an Seite, auf einem der hölzernen Anleger von Dillings. Ihre Blicke galten der U.S.S. Mayhew, die bis zum Batteriedeck gesunken war, jedoch sicher auf dem Untergrund der Sandbank lag.

      „Der verdammte Yankee ist ein Schandfleck“, seufzte Kendrick.

      Muldoon strich sich über den dichten Backenbart. „Ich habe zwei meiner Leute hinüber geschickt. Die Panzerung besteht aus gutem Eisen, es sind moderne Kanonen an Bord und ebenso zwei gute Dampfmaschinen. Alles Dinge, die man gut verkaufen oder selber gebrauchen kann. Sofern der verdammte Engländer nicht zuschlägt.“

      „Engländer?“ Kendrick sah den Dampferkapitän verwirrt an. „Ich wusste gar nicht, dass sich Engländer in Dillings befinden.“

      „Ich meine den verdammten Barstowe, Mayor. Schön, er ist Offizier der Konföderation, aber er benimmt sich wie ein verdammter Engländer.“

      „Sie sollten im Angesicht des Herrn nicht so ausgiebig fluchen, Mister Muldoon“, mahnte der tief gläubige Bürgermeister. „Was haben Sie gegen den Lieutenant?“

      „Der Kerl ist auch zu dem Yankee hinüber. Will nachsehen, ob man das Schiff nicht instandsetzen und in die konföderierte Marine übernehmen kann.“ Muldoon unterdrückte einen erneuten Fluch. „Dann lässt sich aus dem Schrott natürlich kein Gewinn mehr machen.“

      „Die Navy kann jedes Schiff gebrauchen. Vor allem, wenn es gepanzert und gut bewaffnet ist. Denken Sie an die Blockade und die armen Leute in Vicksburg.“ Kendrick seufzte vernehmlich. „Ich hoffe nur, der brave Pemberton hält durch, bis wir ihm Nachschub gebracht haben.“

      „Ja, ist eine Menge Zeugs hier“, stimmte der Schotte zu und sah zu den Lagerhäusern. „Und es kommt noch mehr.“

      „Noch viel mehr. Bedenken Sie, Kapitän Muldoon, wie viele Leben in Vicksburg versorgt werden müssen. Fast achtzehntausend Zivilisten, dazu die dreißigtausend Soldaten des braven Pemberton.“

      „Nun, ich vermute, die Nigger wollen auch was zum Essen haben“, fügte der Schotte ironisch hinzu.

      „Ich bevorzuge die Begriffe „Farbiger“, „Neger“ oder „Schwarzer“. Das Wort „Nigger“ hat für mich etwas… abwertendes.“

      „Es sind nun einmal Nigger, egal wie man sie nennt.“

      „Es gibt gute Leute unter ihnen“, hielt Kendrick dagegen. Er war ein aufgeklärter und aufgeschlossener Mann. Natürlich besaßen farbige Menschen nicht den Wert eines Weißen. Das kannte man ja bereits von den Roten. Sie besaßen eine barbarische Kultur, ein sehr schlichtes Gemüt und galten als ungeeignet, um kompliziertere Arbeiten ausführen zu können. Immerhin, so fand Kendrick, waren die Farbigen jedoch menschliche Wesen oder diesen doch recht

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