PORTALFEUER. Michael Stuhr

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу PORTALFEUER - Michael Stuhr страница 9

Автор:
Серия:
Издательство:
PORTALFEUER - Michael Stuhr

Скачать книгу

      KAPITEL 5

       FREITAG, 05:49 PM

       HAI

      In manchen Krankenhausserien sind alle Ärzte jung und alle Krankenschwestern hübsch. Sie haben immer Zeit für die Nöte der Angehörigen und scheinen nichts Besseres zu tun zu haben, als den ganzen Tag lang nur Trost und Zuspruch zu spenden. Das Baptist Memorial war eine erstklassige Klinik, aber in dieser Beziehung hielt sie den vom Fernsehen geweckten Erwartungen nicht stand.

      Bis Jeff sich zur chirurgischen Abteilung durchgefragt hatte und dort im Foyer stand, hatte er den Eindruck gewonnen, dass er in eine große Fabrik geraten sei, in der das Personal überwiegend weiß gekleidet war. Alle, die er traf hatten es eilig und sahen ein wenig müde aus. Vermutlich war gleich Schichtende und man legte kurz vor Feierabend nochmal richtig los, um den nachfolgenden Kollegen keinen Saustall zu hinterlassen.

      Auf seinem Weg durch das Krankenhaus war Jeff an einigen Aufenthaltsräumen vorbeigekommen, in denen Patienten in Bademänteln und Angehörige in Straßenkleidung saßen, aber nirgends hatte er einen Weißkittel dazwischen entdecken können, der den Leuten geduldig zuhörte und gute Ratschläge für die weitere Behandlung gab. So fand er dann auch Shereen allein auf einem langen Flur sitzend: mit rotgeriebenen Augen, strähnigem Haar, die rechte Hand um ein Papiertaschentuch herum zur Faust verkrampft.

      Shereen lächelte matt, als sie Jeff herankommen sah und putzte sich schnell die Nase. Jeff setzte sich zu ihr und erfuhr, dass sich der Zustand ihres Vaters stabilisiert habe. Man hatte ihn wegen der Schwere seiner Verletzungen nach der Operation in ein künstliches Koma versetzt, in dem er bleiben sollte, bis der Heilungsprozess weit genug fortgeschritten war.

      Julie O´Bannion hatte darauf bestanden, in der Nähe ihres Mannes zu bleiben, und der behandelnde Arzt hatte zugestimmt, sodass sie sich auf der Intensivstation aufhalten durfte. Das hing sicherlich damit zusammen, dass sie eine MTA-Ausbildung und sogar ein paar Jahre Berufserfahrung bei einem praktischen Arzt hatte.

      Jeff fragte genauer nach und erfuhr, dass sein Dad draußen im Weideland von einem wilden Tier angefallen und mehrfach gebissen worden war. Der Oberkörper und der linke Arm waren besonders in Mitleidenschaft gezogen worden und ein Team von Ärzten hatte unter der Leitung des Chefchirurgen zwei Stunden lang darum gekämpft, den Arm zu retten. Mittlerweile schien es so, als sei das auch gelungen, aber zuerst hatte es wohl sehr schlecht ausgesehen.

      Jetzt, wo sie mit Jeff über alles reden konnte, entspannte Shereen sich zusehends. Nach einiger Zeit verschwand sie sogar im Waschraum und richtete sich wieder ein wenig her. Mit frisch gewaschenem Gesicht und gekämmtem Haar sah sie dann zwar immer noch traurig und besorgt aus, aber es blitzte schon wieder ein Schimmer der alten, kämpferischen Shereen durch, wie Jeff erleichtert feststellte.

      “Ich geh jetzt den Arzt suchen”, erklärte sie. “Der soll uns mal erzählen, was wirklich mit Dad los ist, bevor er Feierabend macht!” – und schon war sie verschwunden. Knapp eine Viertelstunde später war sie wieder da und forderte Jeff auf, mitzukommen. “Er hat jetzt ein paar Minuten Zeit für uns”, teilte sie ihm mit. “Aber wir müssen uns beeilen. Er hat gleich noch eine Operation, hat die Schwester am Empfang mir gesagt.”

      Jetzt kam also doch noch ein Hauch von ‚Emergency Room‘ in die Sache, denn der Chefchirurg, ein älterer Mann mit einer auffallenden Krawatte, nahm sich viel Zeit, ihnen seine Sicht der Dinge zu erklären. Sogar etwas zu viel Zeit, wie Jeff fand, und dass der Mann immer wieder den schmalen Streifen Haut zwischen Shereens T-Shirt und ihrem Rock anstarrte, entging ihm auch nicht. Man durfte aber auch nicht vergessen, dass sie hier vor dem Doc saßen, der ihrem Vater vermutlich das Leben gerettet hatte, also verkniff Jeff sich das Grinsen, das sich trotz der ernsten Situation immer wieder auf sein Gesicht schleichen wollte.

      “Zunächst kann ich ihnen mitteilen, dass der Zustand Ihres Vaters stabil ist” eröffnete der Arzt das Gespräch. “Ihre Mutter ist bei ihm, aber es wird noch einige Tage dauern, bis wir ihn aufwachen lassen können. Ein Restrisiko besteht zwar immer”, fuhr er fort. “Aber nach menschlichem Ermessen wird er die Sache gut überstehen, und in ein paar Monaten wird er wieder ganz der alte sein!”

      “Puh!”, machte Shereen, die nervös ganz vorne auf der Stuhlkante saß, und auch Jeff spürte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.

      “Tja, das war wirklich Rettung in letzter Minute. Wenn seine Kollegen anders reagiert hätten ...” Der Arzt ließ den Rest des Satzes offen und machte ein bedenkliches Gesicht.

      “Welche Kollegen denn?”, fragte Jeff.

      “Äh – Gerald Cook und Stephen Baines”, gab der Arzt Auskunft, nachdem er auf ein vor ihm liegendes Blatt Papier geschaut hatte. “Zwei Namen, die Sie sich merken sollten, denn das sind die Männer, die Ihrem Vater das Leben gerettet haben, indem sie ihn kurzerhand im Dienstwagen hierher brachten, statt auf einen Rettungswagen zu warten. Die beiden haben Ihrem Vater die entscheidenden Minuten verschafft, denn bei dem schweren Blutverlust...” Er streckte seine rechte Hand flach aus und ließ sie um ihre Längsachse wackeln, was bedeuten sollte, dass es auf der Kippe gestanden hatte.

      “Cook und Baines”, wiederholte Jeff die Namen halblaut, um sie sich einzuprägen.

      “Ansonsten bin ich leider nicht ganz so zufrieden mit den Beiden”, fuhr der Arzt fort, “denn die Geschichte, die sie uns hier aufgetischt haben, kann so nicht stimmen. Sie behaupten nämlich, dass sie ihn gefunden haben, als er schon eine Zeit lang verletzt neben seinem Wagen gelegen habe, aber bei dem schweren Blutverlust kann das so nicht stimmen. Meiner Überzeugung nach sind die beiden bei dem Unfall dabei gewesen und haben Ihren Vater sofort versorgt und hierher gebracht – sonst hätte er die Verletzungen nicht überlebt!”

      “Warum sollten sie das abstreiten?”, fragte Jeff.

      “Warum haben Sie die Beiden nicht danach gefragt?”, wollte Shereen wissen.

      “Oh, ich habe sie gar nicht gesehen”, erklärte der Arzt. “Sie sind sofort wieder verschwunden, nachdem sie ihren Vater in die Notaufnahme gebracht hatten. – Aber ich habe hier das Aufnahmeprotokoll, und da steht unter Unfallursache: ‚Unbekannt‘ und unter Unfallzeitpunkt: ‚vermutlich zwischen 12.00 und 13.00 Uhr.‘ Eingeliefert wurde ihr Vater aber erst um 14.37 Uhr, und das hätte er nie überleben können!”

      “Warum sollten Cook und Baines denn lügen?”, fragte Jeff den Arzt nochmals.

      “Oh, da gibt es viele Gründe! Meistens wird der Zeitpunkt des Unfalls verfälscht, um einen Betriebsunfall in eine Privatsache umzumünzen, damit die Firma nicht verklagt werden kann. – Wann hat Ihr Vater denn heute seine Schicht begonnen?”

      “Um acht Uhr”, sagte Shereen und Jeff gleichzeitig.

      “Dann kann das wohl nicht der Grund sein! – Eine andere Möglichkeit ist, dass der tatsächliche Unfallort verschleiert werden soll...”

      “Was steht denn da?” Jeff zeigte auf das Protokoll.

      “Ein Feldweg in Sheffields Corner” las der Arzt bereitwillig vor.

      “Das ist nicht auf dem Gelände der M.O.C.!”, stellte Shereen sofort fest. Das ist ein völlig abgelegenes Stück Weideland knapp außerhalb der Grenze.”

      “Woher weißt du das denn?” Jeff sah seine Schwester erstaunt an.

      “Weil das Land den Lambs gehört! Justin Lamb gibt immer

Скачать книгу