Das Lied des Steines. Frank Riemann

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Das Lied des Steines - Frank Riemann

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relativ kleinen Agentur wie der Unseren, muss jeder gute Arbeit leisten, und Kent hatte schon früher für uns sehr wichtige Aufträge mit beachtlichen Erfolgen bearbeitet. Wahrscheinlich bekam er deswegen diesmal auch diesen. Er sollte die gesamte süd-östliche Küste dem Tourismus bekannter machen, mit Schwerpunkt auf unsere Stadt Wollongong. Die Welt kennt doch von dieser Seite nur Sydney, Melbourne und vielleicht noch Brisbane. Uns kennt doch niemand, noch niemand. Wir liegen im Schatten der Weltstädte und haben ein schlechtes Image als Stahlstadt. Im Westen wird noch etwas Steinkohle abgebaut, aber wir sind dabei uns zu verändern. Die Mieten in den Großstädten gehen in die Höhe und Geschäftsleute wie auch Mieter weichen in die kleineren Städte aus, nach Newcastle, nach Canberra und zu uns. Unser Strand ist fast genauso schön, wie der bei Sydney, aber die Touristen kommen noch sehr spärlich. Die Kampagne, die Kent entwickelt hatte, sollte das ändern. Wollen Sie seine Arbeit sehen? Ganz ausgereift ist sie aber noch nicht.«

      O`Mailey hätte zumindest einen Blick darauf werfen müssen. Wenn er auch noch so klein gewesen wäre, hätte er vielleicht doch eine Inspiration erhalten, die ihm weiter geholfen hätte, aber er lehnte ab. »Ich glaube, das ist nicht nötig.«

      Er hörte weiter Tuckers Ausführungen zu, erfuhr, Nillensson war fast so etwas wie ein Musterkollege und vernahm von seinem Verhältnis zu den anderen Mitarbeitern. Es gab jedoch keine solche Beziehung zwischen ihm und einer Kollegin und er erfuhr von seinen Arbeiten. Er lernte ihn durch die Beschreibung näher kennen, einige Eigenheiten, einige Vorlieben, was ihm jedoch Alles nichts half, da er keine Anhaltspunkte entdeckte, die bei ihm irgendeinen Gedankenblitz hätten auslösen können. So hörte er nur noch mit einem Ohr zu, von der Zeit, als Nillensson in die Agentur kam, über seine Einarbeitungsphase bis zum heutigen Tag, denn er war gedanklich schon wieder ganz woanders. Als Henry schläfrig wurde, riss er sich zusammen und schnitt Tucker mitten im Satz das Wort ab: »Vielen Dank, aber ich glaube, das bringt mich Alles nicht weiter. Vielleicht komme ich noch einmal auf Sie zurück.« Er stand auf, reichte seinem Gegenüber die Hand und wollte gehen.

      »Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen konnte, aber ich stehe auch weiterhin zu Ihrer Verfügung. Wie, wie ist es denn passiert?«

      »Darüber darf ich Ihnen noch nichts sagen, und glauben Sie mir: Sie wollen es auch gar nicht wissen.«

      Sie verabschiedeten sich, O`Mailey marschierte raschen Schrittes den Flur zurück, nahm im Vorbeigehen seinen Mantel vom Haken und fand sich wenige Augenblicke später vor der Eingangstür auf der Straße wieder. Dieses Mal empfand er den frischen Wind und den Regen als angenehm. Er blieb noch einen Moment so stehen und atmete tief durch. Dann kramte er nach einer Zigarette, entzündete sie und zog den Rauch intensiv ein. Die leere Schachtel warf er auf den Boden.

      Anders als bei seiner Flucht aus dem Büro, schlich er jetzt eher gemächlich durch den feinen Regen auf seinen Käfer zu, stieg ein, startete und fuhr ruckelnd an.

      Im Revier angekommen, gab O`Mailey einem Kollegen seinen Block mit den verschlungenen Zeichen, die er am Tatort gefunden hatte und bat ihn: »Tu mir einen Gefallen, faxe das mal rüber zu unserer Universität und zu denen von Sydney, Melbourne und Canberra. Irgendwelche Sprachenforscher, Linguisten, Historiker oder Fremdsprachengenies, oder so, sollen mal sehen, ob sie damit etwas anfangen können.«

      »Sehe ich aus wie dein Laufbursche, O`Mailey? Erledige deinen Scheiß alleine, ich habe eigene Probleme.« Aber als er in seine verzweifelten grauen Augen blickte und er Henry auch noch »Bitte!« sagen hörte, was nicht häufig vorkam, schmiss er ihm seinen Notizblock nicht vor die Füße, wie er es eigentlich vorgehabt hatte, sondern knurrte nur »Das ist das letzte Mal, hörst du? Und du schuldest mir was.« und verschwand Richtung Fax-Gerät.

      »Ja, ja, ja«, dachte Henry gelangweilt. Er warf seinen nassen Mantel auf seinen Stuhl und ging gleich weiter zu Barbara Pasetti, die wie üblich hinter ihrem Bildschirm saß.

      Barbara war keine Polizistin, sie arbeitete hier im Revier am Computer. Sie brachte nach den Berichten der Ermittler immer alle Dateien auf den neusten Stand und man kam zu ihr, wenn man Informationen brauchte. Sie sah ihn über ihren Aktenberg auf sich zukommen und die gute Laune, die sie den gesamten Morgen über hatte, verschwand.

      O`Mailey befand sich in einer Art Teufelskreis. Dadurch, dass er es schaffte, selbst bei den einfachsten Fällen Mist zu bauen, war er bei Vorgesetzten und Kollegen nicht sehr beliebt. Deswegen war er meist mieser Stimmung, grübelte vor sich hin und war unaufmerksam, was dazu führte, dass er wichtige Details übersah, was ihn nicht beliebter machte, und so weiter. War er in Tuckers Büro vielleicht einfach nur neidisch gewesen, wie dieser über Nillensson gesprochen hatte? Ihm müsste nur einmal der ganz große Wurf gelingen.

      »Hallo Barbara, du bist eine Augenweide, wie immer. Du musst etwas für mich überprüfen.«

      Sie setzte ein falsches Lächeln auf, schloss ihre Eingaben in den Speicher ab und die Akte, die neben ihr lag, zu und fragte: »Was kann ich für dich tun, Henry?«

      »Ich untersuche gerade ein grausames Gewaltverbrechen.«

      »Du?«

      »Ja, ich hab`s mir nicht ausgesucht. Schau bitte mal nach, welche Kandidaten du in deinem Zauberkasten für mich hast.«

      »Was für ein Stichwort soll ich denn eingeben?«, fragte sie immer noch recht ungläubig.

      »Suche bitte unter Massaker, Blutbad, Verstümmelungen, Ritualmord oder Ähnlichem.«

      Barbara Pasetti sah ihn an und wartete darauf, er würde dies als Scherz offenbaren und sagen, er bräuchte die Namen sämtlicher Hehler dieser Stadt, oder Vergleichbares. Etwas in der Art kam aber nicht und O`Mailey ließ noch ein geflüstertes »Bitte« folgen, was ihr zeigte, er war nicht zum Spaßen aufgelegt. Aber eigentlich war er das nie.

      »Du meinst das wirklich ernst, oder?« Ihr falsches Lächeln war verschwunden.

      Der frustrierte kleine Inspector hieb mit der flachen Hand auf den obersten Aktendeckel, dass es krachte und presste gereizt »Nun mach schon!« durch seine blassen Lippen.

      »Schon gut, schon gut.« Barbaras Finger flogen über die Tastatur und kurz darauf erschienen drei Namen auf dem Bildschirm.

      "Warum kannst du nicht ein Mal das tun, worum ich dich bitte, ohne mich hochzunehmen? Rufe sie bitte einzeln auf«, forderte er und diesmal tat sie es.

      Ein hellblauer Balken untermalte den ersten Namen und Barbara rief ihn per Druck auf die Tastatur auf. `Walter Trotter`, aber unten rechts blinkte das Wort `verstorben` auf.

      »Mach bitte gleich den Nächsten.«

      Barbara ging im Programm zurück, fuhr mit dem Balken eine Spalte tiefer und rief ihn auf. `Franklin Wagner`, Perth/Fremantle, 1983/1984, ermordete 23 Menschen auf bestialische Weise. Er bekam den Spitznamen `Hammer und Sichel. Aber unter dem Bild mit dem verwirrten Gesichtsausdruck stand die Information, dass Wagner seine lebenslängliche Haftstrafe in Perth absaß. Und wenn so ein Mann ausgebrochen wäre, würde es auch die kleinste Polizeistation in Australien bereits wissen.

      »Na toll.« Und mutlos fügte O`Mailey hinzu: »Und noch den Letzten.«

      `Robert Connor`, Sydney, 1951, ließ seine Opfer langsam ausbluten bevor er sie zerstückelte. Aber er wurde vor einigen Jahren als alter Mann begnadigt und lebte heute 82-jährig in Hobart auf Tasmanien. Er dürfte wohl kaum als Täter in Frage kommen.

      »Verdammt!«, fluchte O`Mailey und sein nikotingeschwängerter Atem ekelte Barbara an. »Sind das Alle?«

      »Alle, die noch halbwegs

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