Angsthase gegen Zahnarzt. Christine Jörg

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Angsthase gegen Zahnarzt - Christine Jörg

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das ist nichts Neues. Wäre ich nicht so nervös gewesen, es hätte mir schon in der Praxis auffallen können. Etwa vierzig, aber das habe ich schon erwähnt. Ungefähr zehn Zentimeter größer als ich und ich bin eins achtundsechzig groß. Schlank. Dicke Männer haben mich noch nie gereizt. Die aschblonden Haare stehen in einem Bürstenschnitt auf dem Kopf. Wie macht er es nur, dass er noch kein graues Haar hat? Wunderschöne, blaue Augen, die hinter einer Nickelbrille versteckt sind. Diese schönen Augen konnte ich auch schon während der Behandlung eingehend betrachten. Das Gesicht ist leicht rundlich. Am Abend im „Neuen Hut“ konnte ich öfters ein verschmitztes Lächeln darauf erkennen.

      „Und was nun?“, reißt er mich aus meinen Gedanken. „Worauf hätten Sie Lust? Was würden Sie gerne essen?“

      „Das sind zu viele Fragen auf einmal. Meine Entscheidungsfreudigkeit ist um diese Zeit sehr eingeschränkt. Sicher ist, ich persönlich werde nur ein bisschen essen. Ein kleiner Salat oder so. Ich richte mich ganz nach Ihnen.“

      Worauf er antwortet: „Salat. Nicht schlecht! Wir sitzen schon im Auto. Auf zum Lenbachplatz!“

      „Sie sitzen am Steuer.“

      Er startet. Wir fahren zum Lenbachplatz. Auf der Fahrt habe ich nochmals Gelegenheit festzustellen, dass Markus durchaus gut und sympathisch aussieht. Was mir schon beim letzten Mal auffiel, sind seine ausgesprochen schönen Hände. Durchaus kräftig, aber die Finger lang und knochig. Sein Gesichtsausdruck hat auch jetzt das verschmitzte, lausbubenhafte Lächeln. Also alles in allem wirklich kein Mensch, der einen Angst einjagen sollte. So wie sein Verhalten bisher war, ist es auch heute. Während des Anrufs, hat er offen und ehrlich geklungen. Genauso sieht er auch aus. Man möchte Vertrauen zu ihm zu haben. Ich bin wieder in Gedanken vertieft. Das Schweigen, das herrscht, fällt mir nicht auf. Als er spricht, schrecke ich beinahe zusammen.

      „Ich habe Ihnen hoffentlich wirklich keine Unannehmlichkeiten gemacht als ich anrief?“, höre ich ihn sagen. „Erst als es schon läutete, kam mir die Idee, Sie wollten vielleicht gar nicht, dass ich anrufe. Sie hatten mir Ihre Nummer nicht gegeben. Aber ich wollte nicht einfach auflegen. Sie müssen entschuldigen.“

      „Nun ja, mein Mann war schon sehr erstaunt, dass mein Zahnarzt anruft und mich zum Essen einlädt, aber ich habe ihm ein starkes Schlafpulver verabreicht. Bis morgen Früh schläft er durch“, erzähle ich und werde nicht rot dabei.

      „Machen Sie das immer, dass Sie Ihrem Mann Schlafmittel verabreichen, wenn Sie abends aus dem Haus gehen wollen?“, will er ungläubig wissen.

      Grinsend antworte ich: „Inzwischen ist er es gewöhnt.“

      Jetzt lacht er und äußert die Vermutung: „Dann ist Ihr Mann bestimmt um die hundert und scheintot.“

      „So ähnlich“, gebe ich zu. „Mein Mann lebt nicht mehr und Sie haben mit Ihrem Anruf auch keine vermeintlichen Kinder geweckt. Das wollten Sie doch wissen“, vermute ich.

      „Ja, darauf habe ich wohl angespielt“, gibt er leise lachend zu. „Ich wollte wirklich nicht indiskret werden. So, da sind wir. Jetzt heißt es nur noch einen Parkplatz zu finden.“

      Er hat Glück und kann sofort einparken. Wir betreten das Lokal. Sogar einen Tisch für zwei Personen ergattern wir. Wir sitzen uns am Tisch gegenüber. Nachdem wir ausgewählt haben, schaut er mich direkt an. Wenn ich doch nur wüsste, was er von mir will! Warum hat er mich heute angerufen? Es war doch an mir, mich zu melden. Irgendetwas funktioniert bei mir oder bei ihm nicht. Was findet er nur an mir? Ich bin nicht reich. Ich bin nicht sonderlich jung, fünfunddreißig, und sehe absolut normal aus. Braunes Haar, mit etwas Grau durchzogen, die Augen braun, grün, etwa ein Meter achtundsechzig, nicht schlank und nicht dick, Gesicht normal, und eine Stupsnase mitten drin. Das ist auch schon alles. Wirklich nichts Besonderes! Vielleicht erfahre ich den Grund heute.

      Der Kellner kommt und wir bestellen.

      Dann fährt Markus fort: „Ich will nicht weiter neugierig sein, aber was arbeiten Sie denn, wenn Sie abends zu Hause beschäftigt sind? Sie brauchen nicht zu antworten, wenn Sie nicht wollen.“ Dabei lächelt er mich entwaffnend an.

      Es gibt natürlich die Möglichkeit, dass ich vom waagrechten Gewerbe bin. Wie soll ich da nicht antworten wollen? Übersetzen ist nichts Geheimnisvolles. Und so sage ich:

      „Das ist kein Geheimnis. Mein Beruf hat nichts Schlechtes an sich. Was man sonst auch darüber sagen mag. Ich bin Prostituierte.“

      Er hat sich gut in der Hand, denn seinem Gesicht ist keine Andeutung von Erstaunen oder gar Entsetzen anzumerken. Und wieder lächelt er und meint:

      „Na, das vereinfacht mein Ansinnen um vieles.“ Und jetzt lacht er schallend.

      Ich hätte jetzt aufstehen und das Lokal verlassen müssen. Die andere Variante wäre gewesen, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Ich mache nichts von alldem. Mit einem Schlag ist mir klar, er will nur das eine und hofft, ich bin dazu sofort bereit. Entgegen meinem gesunden Verstand bleibe ich wie angenagelt sitzen, als er auch schon fortfährt:

      „Nein, im Ernst. Sind wir denn nicht alle in gewisser Weise versklavt oder prostituiert? Durch Steuern, Gesetze, die zu beachten sind, Regeln der Gesellschaft und so weiter? Nein, Ihre Antwort erstaunt mich in keiner Weise, auch wenn Sie sicherlich nicht die herkömmliche Art von Prostitution gemeint haben. Da hätten Sie vielleicht schon vor zwei Wochen anders reagiert.“

      „Auch eine Hure geht privat nicht mit jedem ins Bett“, kontere ich.

      Ich weiß nicht, weshalb ich ihm gesagt habe, dass ich eine Hure bin. Was wollte ich damit prüfen? Sein Verhalten? Im Innersten wollte ich ihn vielleicht dazu bringen, dass er nichts mehr von mir wissen will. Wahrscheinlich ist es das. Auf jeden Fall ging das Vorhaben daneben, denn auch darauf hat er die passende Antwort gefunden. Nun bin ich gezwungen die Erklärung abzugeben. Und so sage ich seufzend:

      „Das war ein schlechter Scherz. Entschuldigen Sie bitte. Ich weiß nicht welcher Teufel mich heute reitet. Ich bin Übersetzerin und Korrektorin. Da ich freiberuflich arbeite, mache ich das zu Hause. Vorteil: Man hat keine feste Arbeitszeit. Nachteil: Es gibt weder Feierabend, noch Wochenende oder Feiertag.“

      „Das hört sich interessant an. Welche Sprache?“

      „Türkisch und Englisch. Die Mischung ist zwar komisch, aber abwechslungsreich.“

      „Allerdings, das kann man sagen. Englisch und Spanisch lernt man in der Schule, aber Türkisch stelle ich mir schwierig vor. Wo haben Sie das gelernt?“

      „Ob Sie es glauben wollen oder nicht, in England. Mein Mann war Türke und hat dort studiert. Ich lernte notgedrungen Türkisch, weil er mit seinen Freunden oft in der Muttersprache gesprochen hatte. Na ja, um das zu vertiefen habe ich mich an der Uni eingeschrieben.“

      „Ja“, wirft Markus ein, „jetzt ist mir das mit dem Familiennamen auch klar. Ich hatte mir schon Fragen gestellt, denn schließlich sehen Sie westeuropäisch aus. Haben Sie Kinder?“

      „Nein“, erwidere ich, „heute weiß ich nicht ob ich es bedauern soll oder nicht. Vielleicht ist es besser so, denn Kinder alleine großzuziehen, ist kein Honigschlecken. Sind Sie verheiratet, Markus? Haben Sie Kinder?“

      „Zum Leidwesen meiner Familie bin ich ein eingefleischter Junggeselle. Bisher konnte ich den Mut zu heiraten nicht aufbringen. Wahrscheinlich bin ich zu freiheitsliebend. Außerdem mit vierzig beginnt man sich Fragen zu stellen. Jetzt bin ich wohl auch zu alt eine Familie zu gründen. Obwohl viele Männer noch mit sechzig Kinder bekommen.

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