Angsthase gegen Zahnarzt. Christine Jörg

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Angsthase gegen Zahnarzt - Christine Jörg

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vor sechs Jahren in Istanbul verstorben. Nach seinem Tod blieb ich für drei Jahre dort. Dann jedoch zog es mich nach Deutschland und ich kam nach München.“

      „Das tut mir aber Leid. Ich wollte keine alten Wunden aufreißen. Es gehört sicher viel Mut dazu alleine in der Türkei zu leben, aber auch die Zelte abzubrechen und ein neues Leben in einer anderen Stadt zu beginnen.“

      „So alleine war ich in der Türkei nicht. Die Familie meines Mannes war da. Sie wollten mich sogar wieder verheiraten. Natürlich habe ich abgelehnt.“

      „Sie scheinen mir eine Weltenbummlerin zu sein. Meinen Sie nicht wir könnten uns duzen?“, fragt er wie aus heiterem Himmel.

      Der Vorschlag kommt etwas unerwartet, aber ich willige ein.

      Der Ober bringt unsere Salate.

      Jetzt lege ich los und frage ihn ebenfalls aus.

      „Weißt du, Markus, du hast mich ganz schön ausgefragt. Es macht mir auch nichts aus, denn ich habe nichts zu verbergen. Ich habe nichts Schlechtes getan. Trotzdem würde mich interessieren, weshalb du das alles wissen willst? Was willst du genau von mir?“

      „Du schleichst nicht lange um den Brei herum. Im Grunde genommen hast du Recht. Schließlich sind wir keine Kinder mehr, die Verstecken spielen.“

      Mir ist angst und bange vor dem was nun folgen wird. Im Stillen bereite ich mich darauf vor, die „Koffer zu packen“ und mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Auf was habe ich mich nur eingelassen.

      Und schon setzt Markus fort: „Ich will ganz ehrlich sein. Du gefällst mir. Das ist einfach so. Es begann schon, als du wie ein Häufchen Elend vor mir auf dem Stuhl gelegen hast. Natürlich konnte ich es damals nicht zeigen. Meine Devise ist, lass dich nicht mit Patientinnen ein. Daran habe ich mich bisher gehalten. Ich hätte auch nichts unternommen, wenn wir uns nicht zufällig im Kino über den Weg gelaufen wären. Es war Zufall. Das Schicksal hat mit einem Zaunpfahl gewinkt. Jetzt nehme ich die Herausforderung an. Als ich dich nach Hause begleitet und dir meine Telefonnummer gegeben habe, hatte ich schon das Gefühl, dass du nicht anrufen wirst, aber ich konnte es einfach nicht dabei belassen. Noch dazu, du warst nicht wirklich abweisend. Das musst du zugeben. Du bist nur zögerlich. Auch heute Abend habe ich den Eindruck, du hast dich über meinen Anruf gefreut. Irgendetwas in dir weigert sich jedoch. Vielleicht ist es das, was mich anzieht.“

      Ich bin verblüfft über dieses Geständnis. Was soll denn der Zirkus? Will ich das überhaupt? Was soll ich antworten?

      „Uff, das ist ja ein Ding. Was soll ich dazu sagen?“, stoße ich hervor.

      Markus schüttelt den Kopf: „Ich nehme es als gegeben hin. Man sollte nicht immer nach einem Grund suchen. Vielleicht ist das die Liebe auf den ersten Blick. Zwar habe ich nie daran geglaubt, anscheinend habe ich mich getäuscht. Was kann man da tun?“

      Ich kann nicht von Liebe reden. Von Liebe auf den ersten Blick schon gar nicht. Er ist ein gut aussehender Mann, der durchaus eine Anziehungskraft auf mich ausübt, aber dann gleich von Liebe zu sprechen. Das geht mir zu weit.

      Bis jetzt haben wir unsere Salate nicht angerührt. Wir sind zu sehr ins Gespräch vertieft. Ein Themawechsel ist angebracht, deshalb sage ich:

      „Lass uns den Salat essen, bevor er welk wird. Guten Appetit, Markus.“

      Er lächelt mich an. Auch er scheint sich erst jetzt an den Teller zu erinnern, der vor ihm steht.

      „Du hast Recht. Essen wir ein wenig. Guten Appetit, Angelika.“

      Wir essen schweigend. Ich vermeide es ihm ins Gesicht zu schauen. Die ganze Angelegenheit geht mir zu schnell. Es stimmt, er ist nicht abstoßend, aber von da gleich auf Liebe zu schließen, das kommt mir weit hergeholt vor. Und außerdem, was soll das überhaupt heißen: Liebe. Jeder legt das Wort aus, wie es ihm in den Kram passt. Die Eröffnungen, die mir Markus gemacht hat, verblüffen mich. Er kennt mich doch gar nicht. Und ich halte ihn nicht für den Typ, der gleich sentimental wird und sich in die Erstbeste verliebt, die ihm über den Weg läuft. Zumindest war das mein Eindruck bisher. Aber, ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Lauter unbeantwortete Fragen, die ich nicht laut stellen will. Das Beste ist bestimmt, ich verabschiede mich jetzt, bedanke mich für die Einladung und gehe. Auf der anderen Seite ist es feig, „Fahrerflucht“ zu begehen. Bin ich wirklich so naiv, dass ich dieses Ende nicht voraussehen konnte? Besonders nachdem er mich heute anrief? Ich kann mir also getrost eine Mitschuld einräumen. Ich bin verpflichtet, Markus reinen Wein einzuschenken. Aber wie? Das ist die große Frage. Heute Abend jedoch glaube ich nicht, dass es der richtige Augenblick ist. Das Beste ist, das Ganze erst einmal zu überschlafen.

      Ich habe nicht viel von meinem Salat gegessen. Auch Markus lässt die Hälfte zurückgehen. Der Kellner zieht die Augenbrauen erstaunt hoch, als sein Blick auf die halbvollen Teller fällt. Er will wissen, ob es nicht geschmeckt hat. Wir beruhigen ihn und bestellen zwei Espresso.

      Der Kellner bringt den Kaffee. Markus bittet ihn um die Rechnung. Ich ziehe den Geldbeutel heraus. Diesmal möchte ich bezahlen, doch Markus wehrt ab. Um nicht zu sehr aufzufallen, gebe ich schließlich klein bei. Dann also das nächste Mal, wenn es noch ein nächstes Mal gibt.

      Als wir aufstehen und das Restaurant verlassen ist es beinahe Mitternacht.

      Markus bringt mich nach Hause. Während der Fahrt liegt bleiernes Schweigen über uns. Es ist noch so vieles oder gar nichts zu sagen. Sicherlich ist es sinnvoll, wir schweigen uns heute Nacht aus.

      Vor meiner Haustür angekommen sagt Markus: „Gute Nacht und schlaf gut. Vergiss was ich dir gesagt habe. Wahrscheinlich hatte ich einen schlechten Tag. Nimm es mir nicht übel. Es kommt nicht oft vor. Das verspreche ich dir.“

      „Gute Nacht, Markus, komm gut nach Hause und schlaf gut. Ich nehme an, wir hatten beide keinen guten Tag. Das kommt in den besten Familien vor.“ Mit diesen Worten steige ich aus. Als ich um das Auto herumgehe, öffnet er die Wagentür und kommt mir entgegen. Den Motor hat er nicht abgestellt. Er nimmt mich an den Schultern. Noch bevor ich es richtig wahrgenommen habe, drückt er mir einen Kuss auf die rechte und die linke Wange und setzt sich wieder ins Auto. Ich stehe noch ganz benommen und erstaunt auf der Straße, als er losfährt. Entgeistert und mechanisch hebe ich die Hand und winke ihm kurz nach. Vollkommen in Gedanken versunken schließe ich die Haustür auf und steige in den dritten Stock hinauf. Wie üblich ignoriere ich den Fahrstuhl.

      In meiner Wohnung angekommen, setze ich mich so wie ich bin, das heißt in Mantel und Schuhen in einen Sessel. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Bin ich verrückt, oder ist er es, oder sind wir es beide? Auf jeden Fall verstehe ich die Welt und mich selbst nicht mehr. Was ist nur geschehen?

      Vor einem Jahr ungefähr habe ich die Drei-Zimmer-Wohnung mit großer Küche, Bad und getrenntem WC erstanden. Nun bin ich dabei mir ein heimeliges Nest einzurichten. Ich habe mich auf ein ruhiges Leben vorbereiten wollen, ohne Eindringen eines Fremden. Das soll nicht heißen, Männer bleiben aus dieser Welt ausgeschlossen. Nein, ganz und gar nicht! Nur alles Sentimentale in dieser Beziehung kommt nicht mehr in Frage. Es ist zu kompliziert

      *

      Meine Ehe mit Mustafa war glücklich und sein Tod war ein schwerer Schlag. Im ersten Augenblick fragte ich mich damals, ob es sich überhaupt lohnt ohne ihn weiterzuleben.

      Schließlich habe ich die Lebensfreude wieder gefunden. Das Leben in Istanbul war nach Mustafas Tod nicht immer einfach, aber dank seiner Familie hatte ich es geschafft. Das ging so lange gut, bis sie zu zudringlich wurden und mich unbedingt verheiraten wollten. Anschließend hatte

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