Bill & Bill. Xaver Engelhard

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Bill & Bill - Xaver Engelhard

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Angst, Großmutter! Ich habe nicht die Absicht, hier irgendwas zu verändern. Ich will nur diese Karte von Amy, und ich glaube, ich werde jetzt schnell einmal in den Speicher gehen und schauen, ob ich sie nicht auch ohne Germaines Hilfe finde.

      Sei unbesorgt! Sie wäre eh keine große Hilfe. Meinst du, ich kriege sie dazu, mal ein wenig Staub zu wischen oder wenigstens die Vorhänge in die Reinigung zu bringen? Dafür werde ich nicht bezahlt!, heißt es nur immer wieder. Aber ich verzweifle nicht! Ich weiß, was ich meinem Herkommen und meiner Erziehung schuldig bin. Jetzt, da die nächste Generation auf den Plan getreten ist, wird sich hier eh einiges ändern; und das werden sie bald merken.

      Bestimmt! Ich gehe jetzt kurz auf den Speicher und dann komme ich noch einmal, um mich zu verabschieden.

      Sie lächelt und nickt voll greiser Gelassenheit; und ich gehe hinaus, öffne im Flur die in die Holztäfelung eingelassene Tür und klettere die steile Treppe hinauf.

      Bill, Pierre und die Mädchen sprangen in den Fiat, fuhren gefolgt von Bernardo und seinem Chevy in die Stadt zurück und borgten sich Kostüme in dem kleinen Theater, in dem Marianna gelegentlich in aktualisierten Versionen antiker Tragödien auftrat. Es war längst Nachmittag, als alle wieder in den Autos verstaut waren und wild hupend aufbrachen zu ihrer Expedition.

      Kaum hatten sie die Außenbezirke der Hauptstadt hinter sich gelassen, gerieten sie auf eine holperige Landstraße, die sonst nur von verbeulten Lastwagen mit hohen Ladewänden und von Militärkonvois benutzt wurde. Die Hitze nahm merklich zu. Die Blätter flackerten wie Flammen an den Ästen riesiger Ceibas, vereinzelte Relikte eines Urwalds, der längst weitläufigen Haziendas und kleinen Bauernhöfen gewichen war, die aus wenig mehr bestanden als einer Hütte und ein paar Beeten inmitten von Gesträuch. Schweine gruben in Schlammlöchern. Ziegen zerrten an Ästen. Hunde bellten. Halbnackte Kinder hoben die Hände zur Stirn, sahen den beiden Autos hinterher und begannen, vorsichtig zu winken.

      Sie kamen an einigen unverputzten, mehrstöckigen Häusern vorbei, deren Balkone von rostigen Baustreben gestützt wurden und noch ohne Geländer waren. Die Stadt, von der die Insassen des Fiats automatisch meinten, dass sie auf diese Mietskasernen unmittelbar folgen würde, tauchte erst eine halbe Stunde später auf. Schwer bepackte Mulis behinderten den Verkehr auf ihrer Hauptstraße. Die Männer, die sich an den Theken der Cafés drängten und an den Säulen der Arkaden lehnten, starrten die Fremden in den auffälligen Autos unverhohlen an. Isabella streckte ihnen die Zunge heraus und sorgte für Unruhe.

      Ein Telefonkabel folgte nun der Straße auf windschiefen Holzstangen. Die Landschaft wurde hügelig. Bernardo im Wagen vor ihnen hupte, als ihm ein rot gestrichener Viehtransporter entgegenkam. Zäune liefen davon, aber es war unklar, was sie abteilten.

      „Seltsames Land!“, stellte Marianna fest. Die Vier im Fiat hatten kaum gesprochen, seit sie losgefahren waren. Sie kannten eigentlich nur Havanna und die Küste bis rüber nach Varadero. Außer Pierre hatte bisher keiner von ihnen einen Ausflug in das Landesinnere gewagt, auf dem der Himmel schwerer lastete, als sie es gewohnt waren.

      „Asche zu Asche!“, murmelte Isabella, als sie an einem schwelenden Feuer vorbeikamen, über das ein Junge wachte, aufgestützt auf eine Harke. Er trug eine Machete im Gürtel und kaute auf einem Stück Zuckerrohr. Schwarze Rauchwolken verdunkelten den Horizont, als stünde auch der Rest der Welt in Flammen.

      „Sie fackeln die Zuckerrohrfelder ab, um die Ernte zu erleichtern“, erläuterte Pierre. Bill nickte desinteressiert. Er bereute die Idee zu diesem Ausflug längst und dachte an den Strand, an dem sie stattdessen hätten liegen können, ein Stück Melone oder einen eisgekühlten Drink in der Hand.

      Endlich bogen sie von der Landstraße ab, und nach weiteren 15 Minuten auf einer zunehmend löcherigen Piste, die über struppige Weiden mit einzelnen Rindern führte, erreichten sie die Ranch von Bernardos Eltern, deren Gebäude im Schatten einiger weit ausladender Bäume standen.

      „Willkommen auf Kuba!“, rief Bernardo, der lässig auf sie zu schlenderte, während sich die vier noch aus dem Fiat zu befreien versuchten.

      „Ich kenn dieses Land nicht.” Marianna sah sich um und schüttelte verwundert den Kopf.

      „Es ist unser Land. Unsere Erde!” Bernardo bückte sich, hob eine Handvoll rötlichen Dreck auf und ließ ihn andächtig durch die Finger rieseln. Er wirkte verändert. Er stapfte mit großer Selbstverständlichkeit über den gesprungenen, ausgedörrten Boden. Er trug plötzlich hochhackige Stiefel und hatte zum Schrecken der Frauen sogar die Hosenbeine in die schwarzen, mit aufwendigen Ziernähten geschmückten Schäfte gestopft.

      Sie folgten ihm zu dem Wohnhaus, das zwar groß war, aber längst nicht so herrschaftlich, wie Bill es sich vorgestellt hatte. Es war einstöckig und mit roten Ziegeln gedeckt. Das nur leicht geneigte Dach sprang weit vor und bildete so eine umlaufende, von dunklen, teilweise mit Schnitzereien verzierten Holzsäulen begrenzte Veranda. Wagenräder, Kummets und Zaumzeug hingen an der weiß getünchten Fassade. Abseits gab es noch einige andere Gebäude, aber bis auf den ebenfalls gemauerten Pferdestall waren es von Termiten befallene Holzkonstruktionen.

      Die schwere, mit handgeschmiedeten Angeln und Ziernägeln beschlagene Haustür öffnete sich; und eine grauhaarige Frau in einem langen Rock und roter, verblasster Bluse trat auf die Veranda: Bernardos Mutter, die zuerst abwartete und ihrem Sohn dann doch überschwänglich um den Hals fiel. Pierre und Bill gingen hinter dem geöffneten Kofferraumdeckel des Fiats in Deckung, schlüpften hastig in ihre Uniformen und schritten als hellblau und türkis gewandete Offiziere eines verwunschenen Märchenreichs auf das Haus zu. „Marine!“, würde der Großvater noch am gleichen Abend voll Verachtung seinem Sohn gegenüber ausstoßen, als erübrige sich jeder weitere Kommentar.

      „Meine Freunde!“, rief Bernardo, der Pierre und Bill seiner Mutter vorstellen wollte, und bekam einen Schreck, als er genauer hinsah. „Ähh … Kameraden!“, verbesserte er sich hastig.

      Der Vater war unterwegs auf den Weiden; der Bruder verkaufte Vieh. Der Großvater humpelte an einem Stock herbei und musterte die Neuankömmlinge abfällig.

      „98“, brummte er, als er die neugierigen Blicke auf seinem steifen Bein spürte, spuckte aus und ließ sich zu keinen weiteren Erklärungen herab.

      „Mein Sohn, mein Sohn, mein Sohn!“, murmelte die Mutter und klammerte sich mit beiden Händen an Bernardos Arm.

      „Ein tapferer Soldat, dessen größten Talente gleichwohl anderswo liegen!“, behauptete Korvettenkapitän Evian. Zu einem solchen ernannte sich Bill spontan, als sich der Großvater nach seinem Dienstrang erkundigte. Den lustigen Tressen auf seinen Schultern, die stark an seine frühere Uniform im Kasino erinnerten, war beim besten Willen keine Information abzulesen.

      „Und ihr Akzent, wenn die Frage erlaubt ist?“, hakte der misstrauische Alte auf dem Weg ins Haus nach. „Ich glaube, einen leichten Akzent in Ihrer Stimme zu hören.”

      „Ich bin mit meinen Eltern vor Jahren aus England eingewandert.“ Bill war von den Vorurteilen, die in Bernardos Familie bezüglich der Amerikaner herrschten, unterrichtet. „Ich hoffe, durch den Offiziersdienst meinem neuen Vaterland seine Gastfreundschaft wenigstens teilweise vergelten zu können.”

      Der Großvater nickte, baff erstaunt angesichts dieser Anmaßung und eines weiteren Indizes für den Niedergang der einst so stolzen Marine seines Landes, die inzwischen offenbar nicht einmal mehr davor zurückschreckte, Nachfahren des verfluchten Drakes in ihren Reihen aufzunehmen.

      Die Frauen sorgten für zusätzliche Verwirrung. Da eine von ihnen Mestizin war und sich der Großvater nicht vorstellen konnte, dass es sich bei ihr um die Verlobte

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