Bill & Bill. Xaver Engelhard

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Bill & Bill - Xaver Engelhard

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er war kein Zyniker allem Anschein zum Trotz, sondern ein von den Menschen enttäuschter Idealist und ein großer Sportsmann; und ich sag ihm das mit dem Schummeln beim Krocket nicht und ich sag ihm das nicht von meiner Angst und werfe die Trümmer und Bücher zum Fenster hinaus und baue einen Scheiterhaufen, während Fredda Häppchen bereitet, irgendwas Widerliches mit Hüttenkäse, und Großmutter Winston anruft und der Priester eine Anzeige komponiert, wie er es nennt; und ich finde das Benzin im Schuppen, und mir ist es egal, aber irgendwie war es schade um die Bücher und die Comics.

      Hier ist sie. Im kleinen Salon, wie sie es immer nannte, im Nähzimmer, wie Bessie sagte. Der Sessel will sie verschlingen wie das Maul eines Wals. Die Füße reichen nicht zum Boden. Ein Totenschädel mit ein wenig weißem Flaum.

      William! Kein Zögern nach all den Jahren. Ein Lächeln flackert über das Gesicht.

      Hallo Großmutter! Ich nehme die Hand, die sie nicht mehr richtig heben kann. Wie zerbrechliches Porzellan. Aber immer noch dieselbe Korallenkette, dieselbe Brille, dieselben Augen!

      Du warst lange weg, krächzt sie wie eine Krähe.

      Du weißt, wo ich war.

      Natürlich! Wie gefällt’s dir denn in Princeton?

      Ich bin nicht in Princeton, Großmutter. Ich hole einen Hocker und setze mich zu ihr. Ich war im Gefängnis.

      Ich wusste, es würde dir gefallen. Es ist so eine gute Schule! Die beste! Dein Urgroßvater hat ihr viel Geld vermacht, aber ich hoffe, du lässt es dir nicht anmerken. Bescheidenheit ist eine Zierde, hat er immer gesagt. Du musst bald fertig sein. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich dich das letzte Mal gesehen habe. War das bei Großvaters Begräbnis? Das muss bald vier Jahre her sein.

      Großvater ist vor über sieben Jahren gestorben.

      Alle sind sie gegangen: Erst deine Mutter, dann Bessie, dann Fredda, dann Großvater, dann du!

      Und Amy! Alle vergessen, vergessen ständig, nur ich nicht, kann nicht, will nicht, weil wir nichts sind ohne Schmerz.

      Richtig! Die kleine Amy! Sie schüttelt kurz den Kopf. Und du studierst fleißig? Jurisprudenz, nicht wahr? Wie Großvater dir geraten hat!

      Ich studier sie nicht, ich hab sie am eigenen Leib erfahren, die scheiß Jurisprudenz. Willkürliche Routine, welche die Menschen vor Überlastung und Wahnsinn schützt, sagte er. Meistere sie, um sie zu überwinden!

      Hast du etwa gerade geflucht? Das würde ich als höchst ungehörig empfinden in meiner Gegenwart.

      Das hab ich nie.

      Ich weiß, mein Liebling! Deshalb habe ich mich ja auch gewundert. Du warst schon immer höchst rücksichtsvoll. Was macht deine Gesundheit?

      Besser! Viel Besser! Nur ein paar Monate Kodein-Entzug, bis Doro auf den Dreh mit Bens Pillen verfallen ist.

      Das freut und erstaunt mich. Gibst du denn Acht auf dich? Du warst so empfindlich als Kind. Großvater hat sein Bestes versucht, aber deine Konstitution war so gar nicht die seine.

      Ich habe den Alkohol nicht so gut vertragen wie er, das ist alles. Mittelmaß sucht Mäßigung, der Mutige findet sein Maß im Unermesslichen, sagt er und stolpert mit dem Whiskeyglas in der Hand durch den Garten auf der Suche nach Sam.

      Es ist schade, dass er nicht miterleben darf, wie du dich entwickelt hast. Er wäre so stolz gewesen auf dich als seinen Erben.

      Da bin ich mir sicher. Betrug beim Krocket, Fehlspekulationen an der Börse und eine, wenn man Fredda glauben darf, unehrenhafte Entlassung aus der Marine sind ein gewichtiges Vermächtnis. Ein Auftrag geradezu!

      Dass Fredda einfach durchgebrannt ist, weißt du, oder? Von einem Tag auf den anderen! So undankbar! Die Vandenbergs, die inzwischen leider weggezogen sind, wie ja die Nachbarschaft überhaupt ziemlich gelitten hat, jedenfalls haben die Vandenbergs behauptet, ein Mann habe sie abgeholt. Spät nachts! Das sagt ja wohl alles.

      Man kann nur hoffen, dass er sie für was anderes als fürs Kochen geholt hat.

      Wie wahr! Sie kichert, und die Zähne ihres schlecht sitzenden Gebisses klappern. Aber was ist das für ein schrecklicher Haarschnitt? Ist das jetzt modern? Ich hatte gehofft, in Princeton würde man dir beibringen, den Launen der Mode zu widerstehen.

      Im Gefängnis kriegen alle die Köpfe rasiert.

      Wieso solltest du aussehen wollen wie jemand aus dem Gefängnis? Ich verstehe das nicht. Genauso wenig habe ich verstanden, wieso Fredda immer wie die Vorsteherin eines kirchlichen Armenhauses aussehen wollte. Dabei hatte sie weder mit den Armen noch mit der Kirche etwas am Hut! Ich muss sagen, ich war direkt erleichtert, als sie verschwunden ist. Eine entfernte Verwandte deines Großvaters, wie du weißt, aber hat uns unsere gute Bessie leider in keiner Weise ersetzen können. Oder sollte ich besser Berenice sagen? Sie hat uns ihren richtigen Namen ja immer verheimlicht. Auch dieser Boxer, den Großvater immer so bewundert hat, nennt sich jetzt anders. Sein Taufname ist ihm nicht mehr gut genug. Groß gewachsener, gut aussehender Kerl, aber ich weiß nicht, was die mit ihren Namen haben. Afrikanischer Aberglaube, den sie besser im Busch gelassen hätten wie einige andere Unsitten auch! Oder würdest du anders heißen wollen?

      Ich hätte nichts gegen einen neuen Nachnamen. Ich stehe wieder auf und sehe mich im Zimmer um. Neben ihrem Sessel steht ein niedriger Tisch mit einem gehäkelten Deckchen, einem silbernen, mit Halbedelsteinen besetzten Pillendöschen, einer geschliffenen Wasserkaraffe und einem dazu passenden, halb gefüllten Glas. Auf der anderen Seite des Sessels eine Art Tablett auf Rollen. Wie im Krankenhaus! Auf dem Sofa eine große, weiße Plastiktasche, aus der ein Blutdruckmesser ragt.

      Sei nicht so nachtragend! Dein Vater hatte wirklich keine Schuld daran, dass wir uns ein paar Jahre lang um dich kümmern durften. Davon abgesehen war es uns wirklich eine Freude, und wir haben es nie bereuen müssen, so brav, wie du immer gewesen bist. Es war allein die Schuld deiner Mutter. Erst hat sie sich den falschen Mann ausgesucht und dann ist sie lieber Ski gefahren, als sich um ihr Kind zu kümmern, aber du weißt ja, sie war von Anfang an ein schwieriger, geradezu rebellischer Mensch. Ganz anders als du! Eher wie Amy! Seltsam, wie das manchen Menschen ins Blut gelegt ist! Sie seufzt und entschließt sich dann doch zu einem Lächeln. Außerdem hast du dich doch mit deinem Vater längst ausgesöhnt! Ich habe es damals natürlich bedauert, dass du nach Alex’ Tod nicht mehr hier bleiben wolltest, gleichzeitig konnte ich aber verstehen, dass ein Haus voll alter Frauen nicht das richtige ist für einen Jungen, und hoffte, dass dir die Bergluft gut tun würde, kränklich wie du warst. Ich habe um Alex getrauert und hätte dir nicht mehr die Pflege zukommen lassen können, die du immer nötig hattest; und Fredda war in dieser Hinsicht leider so wenig zu gebrauchen wie in jeder anderen. Und es war ganz einfach das Richtige. Nichts ist seliger als Vergeben! Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient; und er hatte ja bereits einige Jahre lang der Flasche entsagt; und schon vorher bist du jedes Jahr am Ende der Sommerferien so braun und gesund und voller Energie von dort oben zurückgekommen, dass ich mich ohnehin manchmal gefragt hatte, ob dir das regnerische Klima bei uns hier unten nicht schadet. Ihre zitternde Hand erreicht gerade noch das Glas. Sie trinkt einen winzigen Schluck, als wäre das Wasser bittere Medizin, und stellt das Glas zurück. Es ist schön, dass sich am Ende doch alles gefunden hat. Du und dein Dad, deine Mutter und dieser Zahnarzt! Die beiden mussten sich halt erst noch die Hörner abstoßen, jeder für sich. Sie waren damals einfach noch zu jung gewesen. Zu jung für die Ehe und zu jung für ein Kind!

      Weißt du, was mit Amy los ist?

      Nein! Sie schüttelt den Kopf und blickt zum Fenster, das mit

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