Bill & Bill. Xaver Engelhard

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Bill & Bill - Xaver Engelhard

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ist kurz vor Weihnachten wegen Unzucht in einem Rettungsboot entlassen worden.“ Bill blickte zu Bernardo. „War doch ein Rettungsboot, oder?“

      Bernardo zuckte nur mit den Achseln. Er war der mittlere dreier Söhne eines Großgrundbesitzers aus dem Oriente. Der Älteste würde die Hacienda übernehmen; der Jüngste sollte studieren und Arzt oder Anwalt werden; und Bernardo musste der Familientradition entsprechend zum Militär. Es hatte ihn schon alle Kraft gekostet, wenigstens die Erlaubnis zu einer Laufbahn in der Marine anstatt der Armee zu erhalten. Sein Großvater, der Oberst, verachtete ihn seither unverhohlen; sein Vater hatte sich nach verbittertem Schweigen erst von der auf Knien weinenden Mutter dazu erweichen lassen, ihn nicht zu enterben: Alle Matrosen waren in seinen Augen Deserteure, die nur auf eine Gelegenheit warteten, sich nach Miami abzusetzen. Kein Kubaner hätte Schwimmen gelernt, wenn es nach ihm gegangen wäre. Er machte die Vereinigten Staaten und ihre geografische Nähe für alle Übel im eigenen Land verantwortlich.

      „Das Boot hat dich vor einem Leben als Soldat gerettet. Darauf sollten wir anstoßen.“ Bill füllte ein paar große Gläser mit Rum. „Auf die Freiheit!“

      Bernardo nahm eines der Gläser, zuckte aber unwillig mit dem Kopf.

      „Wenn jeder tut, was er will, ist das nicht Freiheit, sondern ihr genaues Gegenteil. Schau dich doch um!“ Er machte eine große, trunkene Geste. „Wir denken nur an uns. Wir haben nie gelernt, frei zu sein, weil wir uns nicht beherrschen können.“

      „Das Militär hat dich rausgeschmissen, deine Familie tut es sicher auch bald: Wie viel freier willst du denn sein? Verkauf Schuhe oder Bücher! Fahr zur See! Werd Schauspieler!“ Bill wirkte ganz beglückt von diesen Möglichkeiten und schlug Bernardo, der kaum jünger war als er selbst, kräftig auf den Rücken.

      „Es würde meine Mutter umbringen“, murmelte Bernardo und kratzte an einem Wachsfleck auf der Tischplatte.

      „Dann musst du es ihr halt schonend beibringen!“ Bill wandte sich an Pierre, der Isabella ein paar Zaubertricks vorführte. „Was hältst du von einem kleinen Ausflug in den Oriente? Ich war noch nie dort; und Bernardo hat Angst, alleine zu seinen Eltern zu fahren.“

      „Stimmt das?“ Pierre ließ eine Münze verschwinden und blickte verwundert zu Bernardo.

      „Schon, aber …“

      „Na also!“ Bill warf eine Hand in die Lust. „Wir fahren mit und erklären seinen Eltern die Sache mit dem Rettungsboot. Das wird viel lustiger als drei Tage Strand.“ Er sprang auf, packte Marianna am Handgelenk und zerrte sie lachend zu der Treppe, über die sie zur Dachterrasse und der dort unermüdlich plärrenden Victrola gelangten.

      Hätte mich auch gewundert, wenn jemand öffnet. Aber sie muss zu Hause sein, sonst wäre abgeschlossen. Dunkel und muffig, aber das war es vermutlich schon immer, zumindest so lange, wie ich mich erinnern kann; und das Licht strömt noch immer dunkelrot durch die Scheiben, die Eroberung des Westens als Legende vom Drachentöter, so hat er es mir zu erklären versucht, trotzdem ist es vor allem ein Blutbad, Ströme von Blut, welche die Prärien wässern und Mühlen treiben, und für mich war das riesige Buntglasfenster irgendwann ganz normal, aber für Amy war es ein Schock und sie hat geweint, weil Mutter ihr doch erzählt hatte, dass Indianer lieb sind und naturverbundene Heiler und Seher und nicht dreckige Alkoholiker wie die, mit denen Dad im Sägewerk gearbeitet hat. Irgendwer kümmert sich um sie, Essen auf Rädern, immerhin, aber die ganzen Zeitungen sind ein echtes Brandrisiko. Ich frage mich, ob Winston das weiß. Man sollte ihn zwingen, hier auszumisten für das ganze Geld, das er gestohlen hat.

      In der Küche alles beim Alten. Tante Fredda war die letzte, die sie benutzt hat. Hat sie entweiht und geschändet mit ihrer Unfähigkeit, ihrem Unwillen. Man muss sicher erst einmal einen Exorzisten kommen lassen, bevor man hier auch nur ein Ei brät, so schrecklich war der Fraß. Sie hat nicht gekocht, sondern sich an den Lebensmitteln vergangen. Die Lieblosigkeit in Person! Lebte der Welt zum Vorwurf. Wollte verhindern, dass irgendwer Gefallen finden könnte am Essen. Ich hab nie herausgefunden, wessen Verwandte sie eigentlich war. Nicht meine Tante, soviel steht fest. Sie ist gleich nach Großvaters Tod spurlos verschwunden, heißt es, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie freiwillig gegangen ist. Kein Beruf, keine Ausbildung, kein Geld! Dabei war sie nicht hässlich. Nur ihre Kleider! Schwer zu sagen, wie alt sie war. In den Klamotten hätte jede wie 50 ausgesehen, andererseits hat diese Frisur vielleicht die lose Haut nach hinten gezogen wie bei einem Lifting. Eine Haushälterin, die nicht kochen kann, nicht putzen mag und den ganzen Tag in Büchern schmökert, auf deren Umschlag eine halb entblößte Heldin von einem Typ mit Muskeln und Bartstoppeln aus dem brennenden Schloss gerettet wird. Sie ist nie ausgegangen, ihre Brille war ein halbes Jahr mit Leukoplast repariert, als könnte sie sich keine neue leisten, und sie hat Bessie verachtet, deren Job sie dann übernehmen musste, eine perfide Strafe, aber leider nicht nur für sie, sondern auch für uns, die jetzt das Essen vorgesetzt bekamen, das sie in der Küche grausam hingerichtet hatte. Immerhin hat es mich abgehärtet gegen den Gefängnisfraß. Und Großmutter und Großvater sagten nichts. Nahmen es hin wie eine biblische Prüfung.

      Der Kalender ist vier Jahre alt. Als würde die Zeit hier genauso wenig vergehen wie im Knast. Großvaters alter Traum! Sein Arbeitszimmer - wie ein Museum! Alles eingemottet. Als wäre er bloß verreist und könnte jederzeit wiederkommen. Bräuchte bloß die Laken wegzureißen, die ausschauen, als hätte irgendwer drauf gepisst.

      Großartig! Als wenn es keinen Schuppen gäbe! Ein Traktor im Wohnzimmer! Großvater würde einen seiner Anfälle kriegen. Besser, er bleibt, wo er ist. Frag mich allmählich, was sie wohl mit meinem Zimmer angestellt haben.

      Seltsam, wie die Beine nach all den Jahren noch immer jede Stufe kennen! Könnte sie immer noch blind hochsteigen und weiß genau, welche knarzen und welche nicht. Welche man besser vermeidet, wenn man heimlich wieder runter schleicht zu Bessie und dem Fernseher. Wussten es vermutlich eh, aber es genügte ihnen, so tun zu dürfen, als ob. Das Dekorum wahren, während um einen herum die Welt untergeht, die Rassenschranken brechen und ich und Bessie auf der Küchenbank sitzen, Kekse futtern und Gilligan’s Island oder Batman anschauen! Ihr war es völlig egal, was sie sagten. Sie hat gekocht, was sie wollte, und jeden Sommer ist sie für vier Wochen verschwunden, und nach ihrem Tod kommt raus, dass sie gar nicht Bessie hieß, sondern Berenice und einen Haufen Verwandte in Louisiana hatte und das Geld, das sie aus der Haushaltskasse klaute, während ihrer Urlaube auf Casino-Schiffen verspielte. Großvater hat nur gelacht, als er das erfahren hat, und gesagt, dass das Leben auf Betrug beruhe und der Tod die große Desillusionierung sei. Seiner war es auf jeden Fall. Ich hatte nie auch nur darüber nachgedacht, ob er vielleicht sterblich sein könnte, so sehr ähnelte er in meinen Augen einer Naturgewalt oder einer antiken Gottheit, da kommt er einfach nicht vom Mittagsschlaf zurück, obwohl ich auf ihn warte mit den Schlägern und einem Aufsatz über die Dinosaurier in der Mongolei und die Suche nach ihren Knochen. Sein Kinn ist herabgesunken, eine karierte Decke liegt auf den Knien; und ich renne hinaus und werfe die Schläger in die Rosen und reiße die Tore aus dem Rasen, die ideale Prüfung für Herz und Charakter, aber er hilft immer mit dem Fuß nach, als wäre ich blind, als wäre es ihm egal, ob ich es sehe, weil es sein spezielles, in keinem Regelbuch festgelegtes Privileg ist, und ich werfe sie in das Gebüsch und renne nach oben und schlüpfe in den besten meiner drei schwarzen Anzüge, den Fredda schon für mich bereitgelegt hat, und lasse mich von Großmutter umarmen und renne hinaus und sammle die Schläger wieder ein und die Bälle und zerhacke sie und verbrenne sie im Franklin-Ofen im Schuppen, während die Frauen Likör schlürfen und Whiskeypflaumen naschen mit dem Priester, seinem besten Freund, der jeden Donnerstag zu Besuch kam und mit ihm Schach spielte und die Existenz Gottes disputierte, so nannten sie das, und immer in allem verlor und Haltung bewahrte, woran ich mir ein Beispiel nehmen sollte, aber mir war es egal: Ich renne nach oben mit dem Beil und zerhacke das Theater und die Kulissen und köpfe die Puppen eine nach der anderen; und der Priester kommt nach oben, um mir in meiner Trauer beizustehen, dabei ist es Wut, Wut auf den Tod und

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