Pit Summerby und die Magie des Pentagramms. Hans Günter Hess
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Читать онлайн книгу Pit Summerby und die Magie des Pentagramms - Hans Günter Hess страница 5
„Reinhard Katzmann“,
so lautete Stinkis richtiger Name, wurde aufgerufen. Er saß hinten allein auf der Bank.
„ Hier!“ rief er, meldete sich aber nicht. ‚Miss Piggy‘ sah sich suchend um.
„Bist du das da hinten?“,
fragte sie.
„Warum meldest du dich nicht?“
Er zuckte mit den Schultern.
„Komm vor und setz dich neben das Mädchen in der zweiten Reihe!“
„Iiih“;
schrieen Einige,
„der doch nicht, der stinkt!“
Am lautesten protestierte Locke. Zu ihr sollte er sich nämlich setzen.
„Wenn der vor kommt, haue ich ab“,
drohte sie. Ihr blonder Lockenschopf hatte ihr zu dem Beinamen verholfen. Eigentlich hieß sie Floriane Dietzel. Sie war nicht nur hübsch sondern auch gut entwickelt. Das wusste sie und betonte ihre körperlichen Reize mit entsprechenden Klamotten. Die Ohren und den Bauchnabel schmückten Piercings. In der Klasse suchte sie keine Freundschaften. Anscheinend legte sie auch keinen Wert darauf. Das Hauptfeld ihrer Aktivitäten lag bei den Jungen der Zehnten. Ihren Zwillingsbruder Florian, auch Flori genannt, mochten dagegen alle. Sein Herz gehörte dem Fußball. Er spielte in der hiesigen A-Jugend. Aufgebracht herrschte er seine Schwester an:
„Sei nicht so zickig, Locke, sonst gibt es Stress!“
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu, hielt aber den Mund. Ratlos verfolgte die Referendarin dem Geplänkelt. Für eine derartige Situation besaß sie kein Rezept. Im Studium wurden solche Probleme nicht besprochen. Mit der Fortsetzung der Anwesenheitskontrolle wollte sie jetzt ihre Unsicherheit überdecken. Deshalb rief sie Pit auf:
„Peter Summerby!“
Der saß geistesabwesend da, reagierte nicht. In Gedanken wiederholte er nämlich die Binomischen Formeln. Es klappte noch, das machte ihn froh. Fauli knuffte ihn in den Arm:
„Alter, du bist dran!“
Pit schaute verwundert auf. Er sollte gerade einen Abwesenheitsstrich bekommen.
„Hier bin ich“,
protestierte er,
„aber ich heiße Pit und nicht anders.“
„Gut“,
entgegnete sie,
„ich werde es mir merken.“
Nach einer Viertelstunde schloss sie endlich die Kontrolle ab. Die dadurch ausgelöste Unruhe in der Klasse steigerte sich inzwischen so, dass kaum einer merkte, wie eine Überschrift an die Tafel geschrieben wurde. Die junge Frau versuchte händeringend, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Jetzt, wo sie stand, wurde noch deutlicher, wie treffend die Bezeichnung ‚Miss Piggy‘ zu ihr passte. Nicht besonders groß, mit einer molligen Figur, ergänzte sie diesen Eindruck. Bei Sprechen schob sie ihren Mund vor. So hätte sie auch gut in die ‚Muppet- Show‘ gepasst. Irgendwie spürte man das auch. Plötzlich forderte sie mit schriller Stimme Ruhe ein. Erschrocken folgte ein Großteil der Klasse, und es wurde danach merklich leiser.
„Euer Klassenlehrer hat euch aufgetragen, die Binomischen Formeln übers Wochenende zu lernen “,
begann sie und schaute ins Klassenbuch.
„Giuseppe, wie lautet die Erste?“
„Pech für Fellini“,
dachte Pit,
„warum benimmt er sich immer so auffällig?“
Selbstgefällig tönte selbiger:
„Ich kann sie nicht, weil ich diesen Quatsch sowieso nicht brauche, wenn ich Schlagersänger werde.“
„Du musst es ja wissen. Dafür gibt es nur ein ‚ungenügend‘ “,
lautete die Konsequenz. Meli meldete sich. Miss Piggy, der Spitzname hatte inzwischen die Runde gemacht, hörte sie ab und lobte die fehlerfreie Ansage. Mia, ihre Banknachbarin, sollte sie an die Tafel schreiben. Nur zögernd, fast ängstlich bewegte sie sich nach vorne. Körperlich konnte sie mit den anderen Mädchen nicht mithalten. Klein und durch eine Krankheit geschwächt, litt sie fürchterlich unter diesem Makel. Das prägte auch ihr Selbstbewusstsein. Sie reichte kaum an die Stelle auf der Tafel, wo sie die Formel hinschreiben sollte. Meli sprang nach vorne, zog die Schreibfläche runter und blieb neben ihr stehen. Sie nickte und ermutigte ihre Banknachbarin mit einem aufmunternden Blick. Erst jetzt schrieb Mia die Gleichung sauber und einwandfrei an. Gleichzeitig senkten einige ihre Köpfe in der Hoffnung, nicht dran zu kommen. Pit meldete sich. Die Referendarin missachtete seinen erhobenen Finger und forderte stattdessen Stinki auf, die zweite Formel aufzusagen. Der trug sie fließend vor, er hatte ja die Tafel als Vorlage, ersetzte nur Plus durch Minus.
„Es gibt einen Fehler, denke nach!“
Der Erwähnte, überzeugt alles richtig gemacht zu haben, schaute verlegen auf seine Bank. Pit und Meli meldeten sich. Diesmal bekam er den Vorzug und sollte die Formel entsprechend berichtigen. Unbeholfen, ganz gegen seine Gewohnheit, hechtete er an nach vorne und wäre beinahe gestürzt. Mit krakeliger Schrift schrieb er die zweite an. „Richtig“,
lobte Miss Piggy,
„und nun du da hinten, hast du den Fehler erkannt?“
Stinki knurrte so etwas wie „Ja“. Er hätte auch gerne mal ein Lob kassiert. Die dritte Formel musste Anne ansagen. Weil sie richtig geantwortet hatte, durfte sie sie auch gleich anschreiben. Der Unterrichtsablauf normalisierte sich wieder. Offenbar übertrug sich das auch auf die junge Anwärterin, die wieder sicherer wurde. Sie ließ noch von Anne die Tafel schließen, um so den Anschrieb zu verdecken.
„Jetzt bin ich gespannt, wer die drei Formeln fehlerfrei zustande bringt“,
wandte sie sich erneut an die Klasse. Gespannte Ruhe. Pit und Meli hoben zögernd die Hände. Ihr Blick fiel wieder auf Pit. Mit einem wohlwollenden „Mach mal, Pit!“ forderte sie ihn diesmal auf. Leiernd und fehlerlos präsentierte er das mühsam Gelernte. Dass sie ihn Pit genannt hatte, schätzte er besonders.
„Das war eine sehr gute Leistung“,
lobte sie zudem,
„ich werde es Herrn Berg übermitteln.“
Sie ‚Miss Piggy‘ zu nennen, kam ihn nach den anerkennenden Worten plötzlich respektlos vor. Aufmerksam folgte er jetzt dem Unterricht, fand