Pit Summerby und die Magie des Pentagramms. Hans Günter Hess
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sollte sie jetzt darlegen.
„Ich habe gehört, dass die Jungen da unten an ihrem Ding etwas haben, was man auch Eichel nennt, oder?“
Sie schaute herausfordernd in die Runde und kicherte. Einige Kerle johlten kurz, hörten aber sofort wieder auf, weil sie auf die Antwort der Lehrerin lauerten.
„Eigentlich müsstest du Bescheid wissen, Floriane. In der sechsten Klasse haben wir bereits über die Geschlechtsmerkmale von Mann und Frau gesprochen. Das Ding da unten heißt Penis, und der vordere Teil wird wegen seiner Form Eichel genannt. Möglicherweise hast du da gefehlt oder nicht aufgepasst“,
antwortete sie im sachlichen Ton. Locke errötete und senkte beschämt ihren Kopf. Sie schwieg. Die Blamage schien ihr unter die Haut gefahren zu sein. Mit einem Lächeln lenkte Frau Zacher das Gespräch auf die in Deutschland am meisten beheimatete Eichenart. Sie schrieb an die Tafel ‚Die Stieleiche‘ und darunter in Klammern ‚lat. Quercus robur'. Dann erklärte sie, dass dieser Baum wegen seiner Robustheit als Symbol für Stärke, Ausdauer und Standfestigkeit galt und gilt, daher auch die Bezeichnung ‚robur’; und dass es darüber auch deutsches Liedgut gäbe und dass er bereits im 12. Jahrhundert zum deutschen Wappenbaum erklärt wurde. Kaum Einer wusste darüber etwas. Ein Großteil davon interessierte sich vermutlich auch jetzt nicht für diese Tatsache. Davon ging ebenfalls die Lehrerin aus. Sie forderte deshalb im nächsten Stundenabschnitt von der Klasse, mittels Lehrbuch folgende Schwerpunkte herauszuarbeiten:
-Kurze Beschreibung der Stieleiche
-Verbreitungsgebiete in Deutschland
-Nutzung früher und heute
Die Aufgabe erwies sich nicht als besonders schwierig, weil im Buch sowieso nur das Wesentlichste stand. Die Mehrzahl bearbeitete schon den zweiten Punkt, als sich Meli meldete.
„Frau Zacher, was ich nicht verstehe“,
fragte sie,
„wenn die Stieleiche eine typischen deutsche Eiche ist und noch dazu Symbolbaum der Deutschen, warum gibt es bis auf die ‚Alte Eiche' in der Werlaaue weit und breit keine Eichen?“
„Das stimmt so nicht, in den Laubwäldern des nahen Kurlandes ist sie vereinzelt vertreten. Dass es hier keine Eichenwälder mehr gibt, hat einen Grund. Die Eiche galt bei den Germanen als Sitz des Donnergottes Donar und wurde als religiöser Baum verehrt. Im Zuge der Christianisierung ließ der ‚Heilige Bonifatius‘ als Apostel der Deutschen im Jahr 725 die so genannte Donareiche bei Fritzlar fällen, um den zu bekehrenden heidnischen Germanen zu beweisen, dass ihr Gott ohnmächtig sei und sie nicht schützen könne. Danach wurden noch viele Eichen gefällt, so dass man sie in manchen Regionen gar nicht oder nur selten antrifft.“
Diese Antwort hatte keiner erwartet. Bei einigen erweckte sie deshalb Neugier und Interesse. Für Pit eröffnete sich eine neue Dimension. Er wollte sofort noch weitere Fragen stellen. Die Lehrerin blockte aber ab, ließ sich von Anne, Bingo und Fauli den Inhalt ihrer Ausarbeitungen vortragen, korrigierte kurz und ordnete an, zu Hause das Ganze noch einmal gründlich in Augenschein zu nehmen. Dann kündigte sie an, in der Projektwoche wäre es bestimmt von Bedeutung, wenn man zu dem von ihr geplanten Vorhaben ‚Alte Eiche' solide Grundkenntnisse zusammen trüge. Sie würde es selbst betreuen und dazu die entsprechenden Aufgaben im Schaukasten des Flures aushängen. Flori sollte als Klassensprecher Interessierte in einer Liste erfassen und diese bis Freitag bei ihr abliefern. Damit beendete sie die Stunde. Keiner maulte darüber, dass die Stunde bereits mit zwei Minuten über der Zeit lag.
Henning von Schambach stürzte zur Klassentür und hielt Frau Zacher auf.
„Zu Hause haben wir noch eine große Scheibe, die irgendjemand mal aus einem Eichenstamm geschnitten hat. Kann ich die zur Projektwoche mitbringen.“ „Selbstverständlich, damit kann man viele Dinge über den Baum erfahren.“
„Bingo, das mach ich!“,
lautete seine übliche Reaktion und öffnete ihr galant die Tür. Er quittierte alles, was er verstanden hatte oder seine Zustimmung fand, mit ‚Bingo’. Folgerichtig gab man ihn diesen Beinamen, den er auch widerspruchslos akzeptierte. Ansonsten forderte er nichts ein, was auf seine adlige Herkunft schließen ließ. Er trug ziemlich abgewetzte Jeans und zerschlissene Sportschuhe. Seine T-Shirts, oft genauso ausgewaschen und zerknittert wie die der anderen, deuteten eher auf eine ärmliche Abstammung. Seine natürliche Art kam bei Gleichaltrigen und Lehrern sehr gut an. Heimlich versuchten einige Mädchen und Jungen, seine Höflichkeit und galante Art zu übernehmen, was mitunter in einer lächerlichen Pose endete. Seinem Vater, Baron Baldur von Schambach, gehörte das Rittergut, etwas außerhalb des Dorfes gelegen. Seine Mutter stammte aus dem Dorf. Im Ort sprach man immer noch respektvoll von Herrn Baron und Frau Baronin, so wie man es von früher kannte. Bingos Eltern hörten das gar nicht gern, sie wollten Gleiche unter Gleichen und für die Kinder im Dorf Herr und Frau Schambach sein sowie für die Älteren Baldur und Ruth. Auf ihren Äckern betrieben sie ökologischen Landbau und hatten den größten Teil der Ländereien in der Gemarkung Burgroda unterm Pflug. Außerdem besaßen sie im Kurland einige Hektar Laub- und Nadelwald. In ihrem schönen großen Anwesen gab es schon seit einigen Jahren einen Hofladen, in dem sie ihre eigenen landwirtschaftlichen und auch Ökoprodukte anderer Erzeuger der Region anboten. Der Laden erfreute sich inzwischen einer großen Beliebtheit. Viele Kunden von außerhalb des Kreises kamen jetzt häufiger zum Einkaufen. Auch Pits Eltern und seine Großmutter gehörten zu der Käuferschar. Seine Oma holte jeden Montag frische Milch und Sahne von dort.
Doch zurück zur Schule. Die vierte Stunde verlief wie immer. Frau Helmer, sie unterrichtete Religion und das Fach Wirtschaft/Technik, beabsichtigte heute im Rahmen des W -Te-Unterrichts die gesunde Ernährung zu thematisieren. Zunächst lamentierte sie über das maßlose Essen vieler Menschen in der heutigen Zeit und die damit verbundenen gesundheitlichen Schäden. Es würde Milliarden kosten, um die Spätfolgen dieser falschen Ernährungsweise zu behandeln. Die Ausgaben müssten ja alle tragen, auch die Vernünftigen. Sie schickte einen strafenden Blick in Dickis Richtung. Außerdem ergänzten Bewegungsmangel und der zunehmende Konsum von Alkohol und Tabak diese Tendenz. Die drei rauchenden Mädchen aus der Frühstückspause guckten sich viel sagend an. Nicki errötete, das fiel sogar der Lehrerin auf.
„Dich plagt wohl dein schlechtes Gewissen, Nicola?“,
mahnte sie mit ironischem Unterton, wollte dieses Problem aber nicht weiter ausbauen. Vielmehr leitete sie über zum eigentlichen Ziel der Stunde. Als Beitrag zur gesunden Ernährung hatte sie ‚Müsli’ ausgesucht. Wer es erfunden hatte, wusste keiner, auch die Lehrerin nicht. Einige aßen es als erstes Frühstück mit Milch oder Fruchtsaft. Sie schrieben die Zutaten, die sie kannten, an die Tafel. Man könne auch Frischobst und Möhren ergänzen, schlug Nicki vor, um ihr schlechtes Gewissen zu erleichtern. Dieser Hinweis wurde von der Lehrerin lobend quittiert. Sie lenkte dann weiter auf die Frage, mit welchen Bestandteilen man bestimmte Wirkungen erzielen könne. Die Schüler rätselten, eine befriedigende Lösung wurde nicht gefunden. Deshalb unterbreitete sie der Klasse einen Vorschlag. Im Rahmen einer Projektarbeit könne man doch Müsli-Rezepte entwickeln. Sie regte an, eins für Kraft und eins für gute Laune zu erfinden, die man am Ende der Projektwoche mit einer großen Verkostung vorstellen könne. Wider Erwarten stieß dieser Vorschlag sofort auf Begeisterung. Nicki, Dicki und Bingo erklärten sich sofort zum Mitmachen bereit.
„Ich habe schon eine interessante Idee“,
verkündete Bingo ungefragt. So euphorisch, wie er sich aufführte, schenkte ihm Frau Helmer entgegen allen Regeln Gehör.
„Erzähle!“,
forderte