unglückselig verdammt. Sharon Lee

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unglückselig verdammt - Sharon Lee

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wäre.

      Ihre Großeltern hatten damals eine schwere Zeit und unter dem Schicksalsschlag gelitten. Josef Hartmann arbeitete unaufhörlich, um sich von seinem Schmerz abzulenken, und auch seine Frau war nie über den Verlust hinweggekommen. Lange Jahre war sie depressiv gewesen und irgendwann hatte sie aufgehört mit dem Essen. Maya und ihr Großvater standen der Situation hilflos gegenüber und taten alles, um Großmutters Leiden zu lindern. Helfen konnten sie ihr nicht.

      In dieser Phase kamen bei Maya immer wieder die Gedanken an ihren leiblichen Vater auf. Sie sehnte sich nach ihm, obwohl sie ihn nicht kannte. Von ihm wusste sie nichts, weder wie er ausschaute noch wie alt er war. Sie vermutete, dass er einmal in Süditalien gelebt hatte. Aber auch das war nur eine Idee. Einmal hatte sie es gewagt und ihren Großvater auf das Thema angesprochen – und es gleich wieder bereut. So wütend hatte sie ihn noch nie erlebt.

      Erst Jahre später unternahm Maya einen weiteren Anlauf, um an Informationen über ihren Vater heranzukommen. Diesmal suchte sie das Gespräch mit ihrer Großmutter.

      Vielleicht hätte diese ihr etwas über ihren Vater erzählt, wenn Großvater nicht eingeschritten wäre.

      Auf die Frage, weshalb er wütend auf Mayas Vater sei, antwortete er knapp: «Der Mann ist für uns gestorben. Er existiert nicht.»

      Mit dieser Wahrheit hatte Maya ihr Leben lang gelebt: Ihre Mutter war tot und ihr Vater war für ihre Familie gestorben. Ob er wirklich tot war, das sollte sie nicht erfahren. So wollte es Mayas Großvater und dabei war es auch geblieben.

      Als wäre das alles nicht schon genug an Schicksalsschlägen gewesen: Einige Jahre später, als Maya gerade sechzehn war, starb ihre Großmutter an einem Herzstillstand. Sie war am Abend zuvor normal zu Bett gegangen und am nächsten Morgen einfach nicht mehr aufgewacht.

      Mit dem Tod seiner Frau änderte sich das Leben von Mayas Großvater schlagartig. Er war nie mehr derselbe. Mit seinem Gesundheitszustand ging es stetig abwärts. Zeitweise versank er im Alkohol, vernachlässigte soziale Kontakte und klagte über immense körperliche Schmerzen. Es kam soweit, dass Maya nach der Schule den Haushalt führen musste, neben dem, dass sie für ihre Prüfungen büffelte und sich stundenlang die Leiden ihres alkoholisierten Großvaters anhörte.

      Erst einige Jahre später hatte sie das Gröbste ihrer Krise hinter sich gebracht und neue Lebensfreude geschöpft. Mit dem Abschluss der Weiterbildung begann ein neuer Abschnitt und endlich schien es aufwärts zu gehen mit ihrem Leben. Maya war voller Zuversicht und stand mit ihren fünfundzwanzig Jahren auf eigenen Beinen. Sie war stolz auf das, was sie bisher erreicht und wofür sie sehr hart gearbeitet hatte: Ihre Unabhängigkeit. Zu dieser Zeit lernte Maya ihren Freund Thomas kennen und lieben. Thomas zählte zu den ganz wenigen, denen Maya wirklich vertraute. An ihm schätzte sie besonders seinen Humor und sein ausgeglichenes Wesen. Er war ein Ruhepol, ein Fels in der Brandung: Thomas war der wichtigste Teil in Mayas Leben.

      Trotz allem waren Stunden der Traurigkeit immer noch präsent. Stärker denn je sehnte sich Maya danach, mehr über ihren Vater und ihre Herkunft zu wissen. Auch auf die Gefahr hin, dass er bereits tot war - Mayas Fragen nach ihren Wurzeln nahmen schleichend überhand in ihrem Gefühlsleben. Zum Beispiel war sie sich sicher sie würde ihrem Vater sehr ähnlich sehen. Den südländischen Teint, die rehbraunen Augen und die kastanienbraune Mähne hatte sie zweifellos von ihm geerbt, wo doch ihre Mutter Karin hellhäutig war, blonde Haare und blaue Augen gehabt hatte.

      Auch wenn es darum ging, was er für ein Typ Mensch sein könnte, war Mayas Fantasie grenzenlos. Nach ihrem Wunschbild, das sie sich von ihm gemacht hatte, war ihr Vater ein sonniger Mensch, ein Mann mit dem typischen Temperament eines charmanten Italieners, vielleicht interessierte er sich für Fußball, oder Radfahren, war erfolgreich in seinem Beruf. In einem Punkt war sie sich sicher: Der unbekannte Mann würde ein liebevoller Vater sein.

      Maya war inzwischen erwachsen und ihr innigster Wunsch reifte in einen glasklaren Plan: Sie wollte endlich wissen, wer ihr Vater war.

      Kapitel 2 - Verkauft

      Die Herren aus Santa Berta trafen sich in Matteos Espressobar und debattierten aufgebraucht über die ortsansässige Telefongesellschaft, bei der einige unter ihnen arbeiteten. Die heutige Nachricht in der Tageszeitung traf sie wie eine Wucht. Ihr Arbeitgeber hatte in den Medien die Geschäftsaufgabe verlauten lassen. Damit war die Existenz einiger Familien der Gemeinde bedroht.

      Schuld waren nach Meinung der Männer wie immer die unfähigen lokalen Politiker, die in ihren Augen einmal mehr versagt hatten.

      Ein Älterer schlug mit seinem Gehstock auf den Tresen und fluchte: «Was an unserer Küste geschieht, bleibt an unserer Küste. Es ist unsere Küste! Nostra costa! Wir lassen uns von der Landesregierung nichts vorschreiben!»

      Giulio Bonfortuni nahm den Ruf auf: «Nostra costa!», gefolgt von dem Echo der Männer: «Nostra costa!»

      «Wer Geld hat, dem wird es genommen, und wer keines hat, wird von der Regierung im Stich gelassen! So einer Regierung sind wir nichts schuldig. Wir haben unsere eigenen Regeln!» Giulio Bonfortuni hatte das Wort übernommen und erntete Beifall für seine Parolen.

      Gerade als er seinem Neffen über den Bartresen zurief: «Matteo! Grappa für alle, bitte!», betrat Graziano Russo, der Bürgermeister, die Espressobar. Die Stimmen verstummten, alle Augenpaare waren nun auf ihn gerichtet.

      Und keiner außer Matteo bemerkte, wie Giulio heimlich durch die Tür ins Nebenzimmer verschwand.

      Russo nickte dem Dorfältesten zu, dann den Herren in der hinteren Ecke und grüßte anschließend freundlich in die Runde. Er war ein auffälliger Mann mit Charisma. Seine Gesichtszüge waren kantig, gezeichnet durch einen kräftigen Unterkieferknochen und ein ausgeprägtes Nasenbein. Eher untypisch für Menschen aus der Gegend waren seine stahlblauen Augen und sein hellbraunes Haar, das er mittellang gelockt und mit starkem Gel nach hinten gekämmt trug.

      Von den Anwesenden erntete der Bürgermeister gleichermaßen hochachtsame, wenn nicht unterwürfige Blicke. Er gesellte sich zu Matteo Bonfortuni und klopfte ihm brüderlich auf die Schultern.

      Matteo und Graziano waren im selben Alter und kannten sich von Kindesbeinen an. Obwohl sie in dieselbe Schule gegangen waren und sich sehr nahe gestanden hatten, waren ihre beruflichen Wege in zwei komplett verschiedene Richtungen verlaufen. Matteo kam in puncto Sturheit zwar ganz nach seinem Vater Giovanni Bonfortuni, allerdings nicht, wenn es um seine Karriere als Politiker ging. Das Politisieren überließ Matteo seinem Vater, der früher eine zentrale Rolle in der Provinz-Partei innegehabt hatte und noch heute enge Kontakte zu hochrangigen Vertretern aus Politik und Wirtschaft pflegte.

      Da sich Matteo nicht für eine solche Karriere interessierte, hatte Graziano Russo seine Chance gewittert. In der Jugendzeit hatte Matteo seinen Kumpel oft mit nach Hause genommen, und Graziano hatte die Familie bei den Mittagessen mit seinen Meinungen vollgelabert. Das war über Jahre so gegangen. Irgendwann hatte Matteos Vater den ambitiösen Graziano zu einer politischen Versammlung mitgenommen und ab dann war dessen Weg geebnet gewesen. Graziano Russo war sozusagen ein Zögling von Signore Giovanni, ganz zu dessen eigenem Vorteil, denn damit blieben seine Interessen gewahrt und vertreten.

      Der Dorfälteste bestellte eine dritte Runde Grappa. Verstohlen guckte er hinter den beschlagenen Brillengläsern hervor, beobachtete erst eine leichte Nervosität bei Matteo, dann, wie dieser sich erhob und mit Graziano Russo zur Türe ging, die in einen besonderen Raum führte. Der Zutritt zu diesem Nebenzimmer war nur einem erlauchten Kreis vorbehalten und auch nur mit ausdrücklicher

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