unglückselig verdammt. Sharon Lee

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unglückselig verdammt - Sharon Lee

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diskret, denn über diesen Raum galt es konsequent zu schweigen. Niemand wagte, die Machenschaften hinter der verschlossenen Tür zu hinterfragen. Das war nur eine der Regeln.

       Matteo ließ Graziano den Vortritt und schloss die Tür hinter sich zu. Im Nebenzimmer warteten bereits Giulio und ein weiterer seiner Neffen, Angelo Bonfortuni. Matteo grüßte kühl und setzte sich scheinbar desinteressiert an den runden Salontisch aus massiver Eiche.

       Der Bonfortuni-Clan war weit über Santa Berta hinaus berüchtigt, die Familie hatte provinzweit einen gefürchteten Ruf. Auch die Beziehung zwischen den Familien Bonfortuni und Russo gründete auf einer langjährigen Verbindung ihrer Vorfahren. Gerüchte kursierten in der Gemeinde, Graziano Russo hätte seine Wahl zum Bürgermeister hauptsächlich der Familie Bonfortuni – allen voran Signore Giovanni – und deren starkem Einfluss auf die Dorfbevölkerung zu verdanken.

      In Santa Berta traute sich kaum einer über die Intrige zu sprechen, die zur Abwahl von Russos Vorgänger geführt hatte. Man sagte dem abgewählten Bürgermeister nach, er hätte seine Position missbraucht und sich persönlich bereichert. Es wurde ihm angelastet, für mehrere Transaktionen auf ein Schweizer Konto verantwortlich zu sein. Aufgrund des Verdachts auf Betrug, so hieß es weiter, sei er als Bürgermeister untragbar geworden.

      Währenddessen schlugen Leute aus den Reihen der Familien Bonfortuni Graziano Russo für die Nachfolge des Amtes vor.

      Insgeheim war jedem Bewohner klar, dass sich eine beachtliche Menge der Leute ihrer Stimme enthalten hatte und Graziano Russo nur deswegen zum Bürgermeister gewählt worden war. Darüber aber hüllte man sich in Schweigen.

      In seiner Dankesrede hatte er kein Wort über seinen Vorgänger, den abtretenden Bürgermeister, verloren. Die Bewohner standen geschlossen hinter Russo und ignorierten die Umstände der Wahl. Sie hatten andere Probleme. Was die Bevölkerung von ihm erwartete, waren Taten und eine begründete Hoffnung auf bessere Zeiten. Sie brauchten Lösungen, Arbeitsplätze und Perspektiven. Dieses Versprechen sollte Russo ihnen geben.

      Er hatte es in seiner Ansprache eine positive Erfahrung genannt, dass die Gemeinschaft seine Werte teile und seinen Schutz anerkenne. Anschließend erinnerte er die Bevölkerung an ihre Rechte und Pflichten und an die Regeln des Zusammenlebens, die sie alle erfüllen sollten. Beendet hatte er seine Rede mit dem Versprechen, er werde mit dem Norden verhandeln und sähe es als seine Aufgabe, die Provinz in einen wirtschaftlich attraktiven Standort zu wandeln.

      Das war es, was das Volk hören wollte. Seither wurde Graziano Russo als Hoffnungsträger in Santa Berta geachtet und gefeiert.

      Kapitel 3 - Giulio Bonfortuni

       Graziano Russo räusperte sich und gab bekannt, er habe die Herren Bonfortuni in dringender Angelegenheit um dieses Gespräch ersucht.

      «Signori», sprach er eindringlich im düsteren Licht der Tischleuchte und wandte sich Matteo zu: «Es gibt ein Problem!»

      Russo informierte, dass eine hochvertrauliche Information in die falschen Hände geraten sei und die Polizei von der geplanten «Operation Glücksspiel» erfahren hätte.

       Angelo wirkte schläfrig und unbeeindruckt. Ganz anders Giulio, der sich die Hände vors Gesicht schlug. Er fluchte in süditalienischem Dialekt: «Von wem kam der Tipp?»

      Das wollten auch Matteo und Angelo wissen. Längst war ihnen klar: Jemand aus den eigenen Reihen hatte sie verpfiffen; ein Eingeweihter, der ihr Vertrauen genoss, denn nur eine Handvoll Leute hatte von der Operation gewusst.

       Graziano Russo hüllte sich jedoch beharrlich in Schweigen. Endlich bemerkte er beiläufig, dass dieses Treffen nun beendet sei und warf Giulio Bonfortuni einen auffordernden Blick zu.

      Giulio hatte den Wink verstanden und hielt den Augenkontakt für wenige Sekunden aufrecht. Dann holte er ein gefaltetes Bündel Euronoten aus seiner Hosentasche und schob etwa die Hälfte davon wortlos über die Tischplatte. Graziano Russo griff in selbstverständlicher Manier nach den Noten, zählte sie durch und verzog dann verächtlich den Mund. Er mimte den Beleidigten. Giulio kannte Graziano zu gut und interpretierte die Mimik unmittelbar: Somit schob er auch die zweite Hälfte des Bündels über den Tisch.

      Graziano Russo grinste vor sich hin und steckte das Geld zufrieden weg. Anschließend stand er auf, klopfte Giulio versöhnlich auf die Schultern und gab zu verstehen, dass er zum Gehen bereit sei.

       Kaum war Russo verschwunden, kam alles plötzlich. Giulio erfasste gerade noch den Moment, als vier Polizisten durch den Haupteingang in die Espressobar und direkt auf Matteo Bonfortuni losstürmten. Ein Polizist packte ihn an der Schulter, der andere drehte ihm den Arm auf den Rücken und drückte ihn hart gegen die Wand. Einer der Polizisten kontrollierte den Eingang, ein weiterer eilte herbei und schloss ihm die Handschellen ums Handgelenk.

      Alle Augenpaare der anwesenden Gäste waren auf Matteo gerichtet. Dieser genoss die Aufmerksamkeit und ließ die Verhaftung kommentarlos geschehen. Als ihm seine Rechte erläutert wurden, war seine einzige Reaktion ein hämisches Grinsen. Er war sich sicher, dass er demnächst wieder auf freiem Fuß sein werde.

       Währenddessen beobachtete Giulio den Bürgermeister Russo, wie er sich seinen Hut aufsetzte und elegant und mit gesenktem Kopf fluchtartig die Espressobar verließ. Giulio wunderte sich über die Eile, und er hegte den Verdacht, dass Russo eine gewisse Rolle bei Matteos Verhaftung spielte. Möglich war, dass er vom Polizeieinsatz gewusst hatte. Nun aber galt Giulios Interesse Matteo.

      «Kein Problem, Matteo! Du bist bald wieder draußen», war das Letzte, was Giulio seinem Neffen zurufen konnte, bevor dieser in den Polizeiwagen gedrückt wurde.

      Er selbst war es gewesen, der Matteo vor fünfzehn Jahren in den Clan eingeführt und ihn bei den wichtigsten Funktionären vorstellig gemacht hatte. Wer zur Familie dazugehören wollte, musste sich erst beweisen. Diese eiserne Regel galt für jeden, auch für Matteo. Erst, wer diese Prüfungen bestanden hatte, wurde als Mitglied des Clans aufgenommen. Eine von Matteos Prüfungen war die «Operation Kino» gewesen. Matteo war in ein Kino der nahegelegenen Stadt eingestiegen und hatte den Tresor mit den Einnahmen vom Wochenende mitgehen lassen. Doch als er sich mit der Beute hatte abseilen wollen, hatte sich ihm ein Mitglied des verfeindeten Clans in den Weg gestellt. Ob es sich um einen Zufall handelte oder nicht, Matteo hatte sich nach den Regeln der Mafia-Familie verhalten.

      Ein einziger Kopfschuss hatte gereicht. Der Mann war sofort tot gewesen.

      Dass Matteo einen Schalldämpfer benutzt hatte, war ein kluger Zug gewesen und wurde von den ranghohen Mitgliedern des Clans mit Anerkennung goutiert. Niemand hatte den Mord danach mit den Bonfortuni in Verbindung gebracht.

      Giulio erinnerte sich an jenen Tag zurück, als Matteo ein offizielles Mitglied geworden war und sich gefreut hatte, dass er nun endlich dazu gehörte. Das war lange her. Inzwischen hatte sich Matteo zu einem führenden Mitglied der «Familie» etabliert.

       Die Organisation bestand aus dem Zusammenschluss einflussreicher Familien und breitete sich über die gesamte süditalienische Küste aus. Hier galt es, den klaren hierarchischen Strukturen zu folgen und nach den Gesetzen des Clans zu leben. Matteos Stufe war direkt unter dem Boss, mit dem auch Giulio in einem engen Austausch stand. Bis heute war er sein Informant und Vertrauter geblieben.

       Angelo hingegen hatte länger im Ausland gelebt und verdiente sein Geld als Türsteher an den verbotenen Glücksspielabenden.

      

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