Insonnia. Jay Baldwyn

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Insonnia - Jay Baldwyn

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haben das zusammen entschieden, amore. Vergiss das nicht. Ich habe es auf mich genommen, jedes Mal eine Stunde bis zum Flughafen in Pisa zu brauchen. Aber wer kann schon von sich sagen, in einer mittelalterlichen Stadt zu wohnen, die jedes Jahr von Tausenden Touristen besucht wird? Und unser Haus liegt ganz ruhig, im Garten gibt es Olivenbäume und sogar eine eigene Kapelle. Viele beneiden uns um dieses Domizil.<<

      >>Ich weiß, aber trotzdem ...<<

      >>Was ist denn passiert? Wollte jemand ins Haus eindringen?<<

      >>Ja, und es ist ihm, oder besser ihr, auch gelungen. Ich habe eine fremde, ältere Frau in meinem Schlafzimmer gesehen.<<

      >>Du hast geträumt, amore.<<

      >>Eben nicht … Ach, ich wusste schon, warum ich dir das eigentlich nicht erzählen wollte.<<

      >>Übermorgen bin ich ja wieder da, tesoro. Und dann machen wir der Alten gemeinsam den Garaus. Einverstanden?<<

      >>Was bleibt mir anderes übrig. Aber lach du nur. Das wird dir bestimmt noch vergehen.<<

      >>Jetzt mach mal einen Punkt. Dich hat ein Schatten erschreckt. Wenn das alles ist? So etwas kann immer mal vorkommen. Aber deshalb gleich alles in Frage zu stellen?<<

      >>Ich sehe schon, bei dir finde ich kein Verständnis. Wie läuft es in Roma?<<

      >>Schwierig. Die Herrschaften sind sehr anspruchsvoll. Bisher hatten sie an jeder Wohnung etwas auszusetzen. Aber morgen spiele ich noch meinen letzten Trumpf aus. Wenn es dann nicht klappt, können sie mich mal. Also, schlaf gut! Vielleicht solltest du eine Tablette nehmen.<<

      >>Ja, vielleicht sollte ich ...<<

      >>Ciao, amore. Ma ti voglio bene, tesoro.<<

      Velia saß weinend auf einer der Steinbänke im Garten, als Gianna sie fand.

      >>Du weinst ja schon wieder. Oder immer noch?<<, sagte sie beinahe streng, aber ihr Lächeln zeigte, dass sie es nicht so meinte.

      >>Es ist alles so furchtbar. Man hat mich endlos untersucht und mir peinliche Fragen gestellt. Und der Zahnarzt hat mir sehr weh getan. Und dann habe ich dich an zwei Tagen in deinem Zimmer gesucht, aber du warst nicht da. Ich dachte schon, sie haben dich verlegt oder entlassen.<<

      >>Glaubst du, ich wäre einfach so gegangen, ohne mich von dir zu verabschieden? Nein, ich habe auch einige Untersuchungen über mich ergehen lassen müssen.<<

      >>Und dann hat man mir auch noch Babo weggenommen. Sie sagen, ich sei zu alt, um ein derart intensives Verhältnis zu einem Kuscheltier zu haben. Dabei haben wir immer gemeinsam so schöne Lieder gesungen.<<

      >>Ich weiß auch ein paar Kinderlieder. Kennst du das hier? „Aus dem Wald, aus dem Wald ruft der Kuckuck ...<<

      >>Ja das ist schön. Aus dem Wald, aus dem Wald ruft der Kuckuck. Cuculino, cuculo. Cuculino, cuculo.<<

      Eine Bank weiter saßen zwei Frauen, eine junge und eine ältere.

      >>Du, das ist doch die Kleine aus unserem Zimmer. Mit wem spricht sie denn da?<<

      >>Ich weiß nicht<<, meinte die Ältere. >>Hach, und jetzt singt sie auch noch. Für Kinderlieder ist sie schon ein paar Jahre zu alt.<<

      >>Vor der müssen wir uns in Acht nehmen. Die scheint wirklich eine Schraube locker zu haben.<<

      Velia ging es gleich etwas besser nach dem Duett mit Gianna. Das war unübersehbar.

      >>Na, siehst du. Jetzt sehen deine Augen gleich nicht mehr so traurig aus. Weißt du, das war hier einmal ein viel schönerer Ort. Man hat die Anstalt schon 1888 als Krankenhausstation für “Verrückte” gegründet. In dem ehemaligen Armenhaus des damaligen San Girolamo Klosters. Im 20. Jahrhundert wurde es dann unter der Leitung von Dr. Luigi Scabia vergrößert und zur Psychiatrischen Anstalt umbenannt Zusätzlich zu dem Krankenhaus wurden Geschäfte, verschiedene Services wie eine Wäscherei und eine Schneiderei eröffnet. Es wurden auch Stoffe hergestellt und sogar Seidenraupen gezüchtet. Es gab ein Ziegelwerk und sogar einen gerichtlichen Bereich. Ziel war es, ein unabhängiges Dorf zu bauen, wo die Patienten sich frei fühlen können. Man wollte eine Parallelwelt aufbauen. Alles, was es draußen gab, wollten sie auch drinnen machen, um die Patienten irgendwann aus dem Krankenhaus entlassen und in die Gesellschaft integrieren zu können. Aber das ist alles lange her. Nachdem Scabia 1934 verstarb, bekam das Krankenhaus immer wieder eine neue Leitung.<<

      >>Und wo war dieser gerichtliche Bereich? Weißt du das?<<

      >>Ja, im Charcot Pavillon. Genauer gesagt, war es ein "Zweig" des wichtigsten Justizministeriums Ferri. Der Charcot Pavillon wurde 1927 erbaut. Im Keller gab es den Orange Room. Da war was los. Der wurde auch für Veranstaltungen und Tanzpartys von Patienten und Krankenhauspersonal gemeinsam genutzt.. Der sogenannte "Karneval der Madman - Karneval dei pazzi" war berühmt. Organisiert von Dottore Scabia und Anlass zum Jubeln für die Patienten.<<

      >>Da wäre ich gern dabei gewesen<<, sagte Velia.

      >>Ja, ich auch. Doch das ist lange vorbei. Der Krieg hat alles verändert. Und mit der Überbelegung fingen die schlimmen Zustände an. Ist dir schon mal aufgefallen, dass es nur zwanzig Waschbecken gibt? Die müssen sich zweihundert Patienten teilen. Die Gesamtzahl der Patienten muss inzwischen in die Tausende gehen. Und man munkelt hinter vorgehaltener Hand: „Wer nach Volterra geht, kommt nie wieder.“<<

      Velia fing wieder an zu weinen. Die Aussicht, für immer dort bleiben zu müssen, erschütterte sie zutiefst.

      >>Oh, entschuldige. Ich bin eine dumme Kuh<<, sagte Gianna. >>Ich wollte dir keine Angst machen.<<

      >>Warum bist du eigentlich hier?<<

      >>Sie sagen, ich hätte mein neugeborenes Kind getötet. Nur habe ich überhaupt keine Erinnerung daran. Etwas so Schreckliches müsste mir doch im Gedächtnis geblieben sein, nicht wahr?<<

      Velia wusste nicht, was sie sagen sollte. >>Und wie lange bist du hier schon eingesperrt?<<, rang sie sich schließlich ab.

      >>Das müssen schon einige Jährchen sein. Ich weiß gar nicht mehr, wie lange genau. Dabei bin ich alle Abteilungen durchwandert. Von der geschlossenen, über die mittlere, bis zu der für die leichteren Fälle, in der wir jetzt beide sind. Ich halte das für ein gutes Zeichen. Vielleicht komme ich ja doch mal raus. Auf jeden Fall habe ich gelernt, ihnen zu sagen, was sie hören wollen. Eine Strategie, die ich dir auch empfehle. Was wirklich in dir vorgeht, behalte für dich. Das geht keinen etwas an. Und vor allem kann man es nicht gegen dich verwenden.<<

      >>Ich habe mamma geschrieben, dass es mir leid tut, ein böses Mädchen gewesen zu sein. Ob ich wohl jemals Antwort bekomme?<<

      >>Darauf hoffe lieber nicht. Wo hast du denn den Brief hingebracht?<<

      >>In die Poststelle.<<

      >>Dann hättest du ihn auch gleich in den Papierkorb werfen

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