Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Das Erbe der Ax´lán - Hans Nordländer

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sie den Waldsaum und zwischen den Bäumen erwarteten sie die beiden Drachen.

      „Jetzt seid ihr fast in der Stadt“, meinte Kerlon. „Wir haben die Gegend nach Spähern abgesucht. Es scheinen keine in der Nähe zu sein, zumindest sind Ithlor und mir keine aufgefallen, die wir kennen.“

      „Vielleicht lassen sie uns endlich einmal in Ruhe“, meinte Meneas.

      „Wir werden euch jetzt für einige Zeit wieder verlassen. Kaphreigh ist unbewohnt. Dort werden wir auf euch warten.“

      „Ist gut“, sagte Tjerulf. „Die Insel ist eine Tagesreise vom Festland entfernt. Wenn wir morgen schon ein Boot bekommen, könnten wir in der Nacht auf Übermorgen ankommen. Das ist der früheste Zeitpunkt.“

      „Falls der Sturm sich legt“, wandte Meneas ein. „Ich glaube nicht, dass uns jemand unter diesen Umständen hinüberfährt.“

      „Wir werden warten“, versprach Ithlor. „Ihr werdet uns nicht entgehen, wenn ihr dort ankommt. Bis dahin haben wir ein wenig Zeit, uns gründlicher auf der Insel umzusehen, als wir es bisher tun konnten. Vielleicht entdecken wir ja einen Hinweis.“

      Tjerulf nickte.

      „Das würde uns einiges erleichtern. Gut, wir treffen uns auf Kaphreigh wieder. Einen guten Flug und lasst euch nicht wegblasen.“

      Die beiden Drachen lachten. Verließen den Wald und tauchten kurz darauf in die Wolken ein.

      „Und wir sollten zusehen, dass wir endlich ein Wirtshaus finden“, sagte Anuim mit regennassem Gesicht. „Allmählich wird es ungemütlich. Außerdem muss bald die Dämmerung einsetzen.“

      Bis nach Landsende war es kaum mehr eine Meile und der Sturm wehte jetzt wieder scharf und böig über das Land. Der Regen peitschte in ihre Gesichter.

      Landsende besaß keine Stadtmauer und auch keine Stadtwache, so konnten sie ungestört hineinreiten. Es war das erste Mal, das sie dort waren. Bis dahin hatte keinen von ihnen eine Reise jemals nach Landsende verschlagen.

      Wie der Name der Stadt andeutete, lag es weit entfernt von allem. Und sie war eine ruhige Stadt, nicht nur, weil an diesem Abend kaum jemand in den Straßen unterwegs war. Landsende war zwar eine Hafenstadt, nahm an dem Handelsverkehr an der Ostküste aber nur wenig teil, denn die meisten Güter wurden in Sprotthausen angelandet oder verschifft. Und diesen Umstand konnte man der Stadt ansehen. Landsende war sichtbar ärmer als Sprotthausen und die Häuser in einem erkennbar schlechteren Zustand. Es war keine Stadt, in der Fremde länger blieben als unvermeidlich und an diesem Abend bot sie infolge des Wetters einen noch trostloseren Eindruck.

      Sie mussten einige Zeit nach einem Gasthaus suchen und erst, nachdem sie einen Einwohner, der sich dick vermummt durch die Straßen schlich, befragt hatten, fanden sie das einzige der Stadt. Seine Fassade sah nicht gerade einladend aus, aber auch nicht so übel, wie sie es befürchtet hatten. Und trotzdem erwartete sie eine unangenehme Überraschung.

      „Ob der Wirt überhaupt weiß, nach wem er sein Wirtshaus benannt hat?“, fragte Anuim finster.

      Auf einem großen Holzschild über der Eingangstür stand in abblätternden Buchstaben »Ax´láner-Klause«. Verständlich, dass dieser Name bei den Ankömmlingen ein deutliches Unbehagen hervorrief.

      „Bestimmt nicht“, sagte Valea. „Es sei denn, er hat eine ganz besondere Art von Geschichtsverständnis.“

      „Ob der Orden von Enkhór-mûl auch Wirtshäuser betreibt?“, fragte Freno.

      „Das hätte uns noch gefehlt“, meinte Solvyn.

      Aber war dieser Gedanke wirklich so abwegig? Der Orden war wie jeder andere mehr oder weniger geheime Bund auf Nachrichten auch aus dem Volk angewiesen und wo konnte er sie leichter erlangen als dort, wo sich viele Menschen trafen. Und dazu gehörten eben auch Wirtshäuser. Unabhängig davon mochte auch manch ein Gastwirt heimlich diesem Orden angehören, ohne dass je irgendwer davon erfuhr.

      Als sie die Gaststube betraten, lag sie in einem trüben Licht. Was der Name versprach, schien das Innere des Hauses zu halten. Nur zwei armselige Öllampen verbreiteten eine kümmerliche Helligkeit. Wenn ihnen der Fußgänger nicht gesagt hätte, dass es in ganz Landsende nur ein Gasthaus gab, wären sie auf dem Fuße umgedreht und wieder hinausgegangen. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als es mit diesem zu versuchen.

      Sie konnten keinen anderen Gast erblicken. Es dauerte einige Zeit, bis jemand auf sie aufmerksam wurde. Nachdem sie sich ein wenig lauter als gewöhnlich verhalten hatten, hörten sie Schritte. Dann öffnete sich eine Tür jenseits des Schanktisches und ein kleines, kahles Männchen kam herein.

      „Oh, Gäste“, stellte er mit ungewöhnlich hoher Stimme fest. „Verzeiht, dass ihr warten musstet, aber ich war hinten im Haus beschäftigt. Was kann ich für euch tun?“

      Wie sich herausstellte, waren sie außer einem anderen Reisenden die einzigen Gäste zu dieser Zeit. Nachdem der Wirt ihnen ihre Zimmer zugeteilt hatte, ging er mit Anuim und Meneas nach draußen, um die Pferde unterzustellen. Es war weniger aus Hilfsbereitschaft, dass die beiden ihn begleiteten, sondern mehr aus Misstrauen, denn sie wollten sichergehen, dass die Tiere vernünftig untergebracht waren. Sie hatten den Wirt noch nicht wissen lassen, dass sie die Stellplätze wahrscheinlich für mehrere Tage benötigten, und ehe sie es ihm sagten, wollten sie die Gegebenheiten überprüfen.

      Aus einer dunklen Ecke blickte ihnen der Mann hinterher, der vor ihnen im Gasthaus abgestiegen war. Der Tisch vor ihm war leer. Er trank nicht, hatte sich nichts zu essen bestellt und rauchte nicht. Ein leises, kaum vernehmbares Summen war zu hören, als er den eintretenden Gästen sein Gesicht zuwandte.

      Es war sicher nicht der beste Stall, aber er war einigermaßen sauber und nicht erfüllt von stickiger Luft. So sehr der Sturm draußen auch tobte, es zog nicht.

      „Es war bestimmt kein Vergnügen, durch den Sturm zu reiten“, meinte der Gastwirt.

      Er hatte sich zwischendurch als Kilrod vorgestellt.

      „Bestimmt nicht“, gab ihm Meneas Recht.

      „Darf ich fragen, was ihr in dieser Gegend vorhabt?“

      „Wir sind in einer geschäftlichen Angelegenheit hier“, antwortete Meneas.

      Kilrod nickte und gab sich mit der Antwort zufrieden.

      Sie erfuhren von ihm den Grund für den Namen des Gasthauses und er war nicht so schicksalsträchtig, wie sie angenommen hatten.

      Das Meer vor der Ostküste Päridons hieß seit alters her das Meer von Ax´lûm und niemand kannte den Ursprung dieses Namens. Doch die Seefahrer, die von Süden herkommend die Stadt Landsende erreichten, hießen bei den Einwohnern Ax´láner, weil sie eben das Meer von Ax´lûm befuhren. Das hatten Meneas und seine Freunde nicht gewusst. Und immer wieder kehrten welche von ihnen in dieses Wirtshaus ein. Daher trug es den Name »Ax´láner-Klause«. Dass diese Namensgebung für seine Gäste eine weitaus dramatischere Bedeutung hatte, davon ahnte wiederum der Wirt nichts und er erfuhr es auch nicht.

      So trostlos ihnen das Wirtshaus vorgekommen war, und der heulende Sturm und der gegen die Fenster schlagende Regen trugen ihren Teil dazu bei, so sehr schien sich der Wirt zu bemühen, den Wünschen seiner Gäste gerecht zu werden. Er ließ Badewasser zubereiten und ebenso ein nicht zu knappes Abendessen. Alles in allem wurde ihr erster Eindruck durch die Umstände schließlich

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