Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer
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Читать онлайн книгу Das Erbe der Ax´lán - Hans Nordländer страница 8
„Die Überfahrt ist nicht ungefährlich. Der Sturm wird wenigstens noch zwei oder drei Tage andauern und gegen Abend wieder zunehmen. Vielleicht wollt ihr ja auch warten, aber dann bin ich wahrscheinlich schon wieder weg.“
„Hm, vier Baant, wenn wir drüben ankommen und fünf, wenn wir wieder hier sind.“
Marbuk überlegte.
„Einverstanden, aber ohne Verpflegung.“
„Keine Sorge, wir bringen unseren eigenen Proviant mit.“
Meneas war sicher, dass bei unruhiger See sowieso keiner etwas essen würde, solange sie auf dem Boot fuhren.
„Wie lange werden wir unterwegs sein?“, fragte Meneas.
„Der Wind steht nicht günstig und der Weg ist weit. Acht bis zehn Stunden, wenn sich das Wetter nicht sehr verschlechtert.“
„Und Ihr glaubt, Euer Boot hält das aus?“
Marbuk lachte.
„Es hat schon mehr standgehalten. Hätte unsere Verhandlung sonst einen Sinn gehabt? Ich werde aber erst morgen früh ablegen, sonst kommen wir zu tief in Nacht. Ich kenne das Gebiet dort nicht sehr gut.“
„Wir werden morgen in der Dämmerung hier sein.“
„Ich werde auf euch warten. Also neun Baant, vier drüben, fünf, wenn wir wieder hier ankommen.“
Meneas reichte ihm die Hand. Nach päridonischem Brauch war damit das Geschäft verbindlich. Dann ging er wieder an Land.
„Morgen früh legen wir ab“, meinte er lächelnd. „Esst nicht so viel vorher. Marbuk sagt, der Sturm geht noch einpaar Tage so weiter.“
„Marbuk?“, fragte Solvyn.
„So heißt unser Skipper.“
Sie winkten ihm kurz zu und gingen zurück zum Wirtshaus.
Kilrod war ein wenig überrascht, als seine Gäste ihn baten, ihre Pferde für einpaar weitere Tage unterzustellen, und er war noch überraschter, als er erfuhr, dass sie für diese Zeit zur Insel Kaphreigh hinüberfahren wollten. Allerdings überraschte es ihn weniger, dass sie ihm den Grund auch dafür nicht nennen wollten. Natürlich war es ihr Geschäft und es ging ihn nichts an, aber trotzdem hätte er gern mehr darüber gewusst.
Immerhin versprach ihr Besuch aber eine ungewöhnlich gute Einnahme, denn viele Gäste kamen nicht nach Landsende und einundzwanzig Übernachtungen, die Mahlzeiten und zusätzlich die Stellplätze für die Pferde würden ein ansehnliches Sümmchen ergeben. Er hoffte nur, dass sie heil von ihrer Bootstour zurückkehren würden. Wenn er gewusst hätte, wie einige der Abenteuer seiner Gäste ausgegangen waren, hätte er wohl einen Vorschuss gefordert, aber den erhielt er unerwartet am folgenden Morgen freiwillig von ihnen. Dafür war er nicht knauserig mit dem Proviant, den er ihnen mitgab.
Vermutlich war der Roboter seit der letzten Nacht nicht mehr in ihrer Nähe gewesen, denn das Warnamulett hatte nicht noch einmal aufgeleuchtet. Dass das ein gutes Zeichen war, bezweifelten sie, denn er hatte bestimmt nicht von ihnen abgelassen. Sicher hatte er Alben Sur die Bilder aus dem Hafen übertragen, als sie das Boot angeheuert hatten und die Schlüsse, die man daraus ziehen konnte, waren nicht besonders schwierig zu ziehen. Kaphreigh musste das Ziel sein, denn dort lag das Versteck eines weiteren Kristallfragmentes. So nahmen sie an, dass der Roboter, sie nannten ihn jetzt selbst Dragur, ihnen schon vorausgegangen war, und auf der Insel auf sie wartete. Dort war er dem Orden zweifellos nützlicher als in Landsende.
Das konnte für sie von Vorteil sein, denn schließlich war die Insel unbewohnt und er musste sich schon sehr geschickt anstellen, um ihnen nicht aufzufallen. Allerdings war Kaphreigh nicht kahl. Tjerulf war aber sicher, dass, wenn sie selbst Dragur nicht entdeckten, es die Drachen tun würden. Trotz allem wollten sie in ihrer Vorsicht nicht nachlassen, denn sie mochten sich ja auch irren und er war noch in der Stadt. Ihre Absicht, ihn außer Gefecht zu setzen, hatten sie noch nicht aufgeben. So trug Valea das Amulett weiterhin offen und auch in der folgenden Nacht wachte immer einer von ihnen.
Wie abgemacht, war Marbuks Segler bei Einbruch der Dämmerung seeklar. Mit gemischten Gefühlen betrachteten Meneas und seine Freunde die aufgewühlte See. Der Sturm blies zwar nicht so stark wie am Abend ihrer Ankunft in Landsende, aber immer noch heftig genug, um eine sehr unruhige Überfahrt zu verheißen. Immerhin hatte es nicht wieder angefangen zu regnen und der Wind hatte sich gedreht und kam jetzt aus einer günstigeren Richtung. Vielleicht konnten sie es tatsächlich in acht Stunden schaffen. Aber selbst dann würden einige noch reichlich seekrank werden.
Marbuk grinste, als er sah, wie unbeholfen einige in das schwankende Boot einstiegen.
„Na“, meinte er. „Sehr viele Seefahrten habt ihr bestimmt noch nicht gemacht, oder?“
Er erhielt keine Antwort, denn sie hatten genug damit zu tun, einigermaßen geradeaus in die Kajüte zu kommen. Als alle an Bord waren, löste Marbuk die Trosse und stieß das Boot von der Reede ab. Dann zog er das kleine Segel auf, bei diesem Wind war es groß genug und ließ das Boot auf die offene See treiben.
Kaum hatten sie das verhältnismäßig ruhige Wasser des Hafens verlassen, begann das Elend. Solvyn und Freno waren die Ersten, die seekrank wurden. Um ein größeres Malheur unter Deck zu vermeiden, gingen sie nach draußen. Aber bei dem Auf und Ab des Horizontes wurde ihr Zustand nicht besser. Vielleicht brachte die frische Luft Linderung, aber einen Unterschied zu erkennen, ließ ihr Befinden nicht zu.
Das Boot rollte und schlingerte und obwohl es nicht regnete, warf die Gischt so viel Wasser über Deck, dass die Passagiere und der Skipper bald genauso nass waren wie nach einem heftigen Regenguss.
Während Marbuk zusah, wie sich immer mehr seiner Gäste an Deck versammelten, hielt er schmunzelnd und unbeeindruckt vom Wetter sein Boot auf Kurs. Mehr als einmal wiederholte er seine Aufforderung, sich gut festzuhalten, denn bei dieser See würde es nicht leicht sein, jemanden wieder an Bord zu holen, der ins Wasser gefallen war.
Von Land her war die Insel Kaphreigh kaum mehr als ein dünner, grauer Streifen am Horizont und nur an sehr klaren Tagen konnte man die Berge auf ihr erkennen. Dieser Tag jedoch war kein klarer Tag und nicht einmal der Streifen war in der diesigen Luft aufgewirbelten Wassers zu sehen. Aber im Laufe des Vormittags zeichnete sich ihr Ziel immer deutlicher ab. Tjerulf, dem es von allen noch am besten ging, bewunderte die Fähigkeit Marbuks, bei diesem Wetter so zielsicher Kurs zu halten. Am Morgen hatte er sich schon gefragt, ob es nicht besser gewesen wäre, die wenigen Tage abzuwarten, bis der Sturm sich legte, aber sich dann doch entschieden, seine Einwände für sich zu behalten. Wenn Marbuk kein Selbstmörder war und unter diesen Umständen bereit, in See zu stechen, dann würde eine Überfahrt wohl möglich sein. Der Tar hatte auf ihn den Eindruck eines erfahrenen Seebären gemacht, der wohl wusste, was er tat, und dem man vertrauen konnte.
Meneas Rat und Vermutung waren richtig gewesen, nämlich die Vermutung, dass keiner auf der Überfahrt etwas essen würde, und der Rat, nicht allzu viel zu frühstücken. Allen, die ihn nicht befolgt hatten, also Freno und Anuim, schien es außer Solvyn noch ein wenig schlechter zu gehen als den anderen. Und das Boot des Elends setzte unbeirrt seinen Kurs fort.
Dann schlug das Schicksal zu. Eine beachtliche Welle schlug über sie hinweg und alle hielten sich unwillkürlich an Seilen und Haken und was immer sie zu fassen bekamen fest. Aber als sie vorüber war, fehlte Anuim. Kurz vorher hatte er sich in einem neuen Übelkeitsanfall über die Reling gebeugt