Bittersüßer Rakomelo. Joachim Koller
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Читать онлайн книгу Bittersüßer Rakomelo - Joachim Koller страница 4
Eine zweite Tätowierung bedeckte seine rechte Schulter. Es sah aus, als hätte er ein Korbgeflecht über der Schulter, kunstvoll ineinander verwebt, wie ein Teil einer Rüstung.
»In dreißig, vierzig Minuten, wir werden in Bali sein. Dein Zimmer ist im Blue Horizon, ein Studio mit eigener Küche. Wie Du gewünscht hast, mit Blick auf die Villa«, meinte Tákis.
»Mein Schatz hat mir eigentlich alles erklärt, aber was ich nicht ganz verstanden habe, wieso gerade jetzt und wie Du überhaupt alles erfahren hast?«, fragte Despina nach, »Wir fahren noch etwas, da kannst Du mir das alles genauer erklären, oder?«
Ryan nahm einen großen Schluck Wasser und reichte ihr die Flasche. Er holte tief Luft, lehnte sich zurück und begann zu erzählen:
»Es begann alles vor mehr als einem Jahr. Kurz vor Elenis Hochzeit bekam ich eine Unterhaltung meines Chefs mit. Es ging dabei um Victor Granat. Ich kannte den Namen sofort, immerhin hat Tákis ihn oft erwähnt.«
»Ja, ich weiß«, auch Despina war der Name nur zu gut bekannt.
Tákis Vater Kostas war Bus und LKW-Fahrer. Er hatte an dem schicksalsträchtigen Tag mit einigen Männern aus Melidoni eine große Lieferung von Rethymnon nach Bali zu liefern. Am Hafen mussten sie mehrere schwere Kisten in den Wagen verladen und nach Bali in die Villa von Victor Granat bringen. Dabei wurden die Kisten im Keller verstaut, durften unter keinen Umständen geöffnet werden und jeder ihrer Schritte wurde von Granats Bodyguards überwacht.
Im letzten Telefonat zwischen Tákis und seinem Vater, erklärte dieser seinem Sohn, dass einer der Bodyguards, ein Chinese, sie zurückfahren würde. Kurz vor Melidoni kam es zu einer unerklärlichen Explosion. Der Wagen flog in die Luft, es gab keine Überlebenden.
Victor Granat lebte zurückgezogen in seiner großen Villa, die im Hinterland von Bali war und nur wenige Personen bekamen ihn zu Gesicht. Als einige Wochen nach dem Unglück sein chinesischer Bodyguard im Ort auftauchte, war Tákis überzeugt, dass es kein Unfall gewesen sein konnte. Diese Überzeugung ließ ihn nicht mehr los und seine Gedanken an Rache wuchsen von Tag zu Tag. Weder Despina, noch Ryan konnten ihn davon abbringen.
»Ich habe erfahren, dass die griechische Regierung versucht, an Victor Granat heranzukommen. Er wird mit Waffengeschäften zwischen Russland und dem Nahen Osten in Verbindung gebracht. Aber genauere Beweise gibt es nicht.
Dann kam vor einiger Zeit die Information, dass Granats Tochter, Maria, demnächst nach Kreta fliegt. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Granat sich nach Südamerika absetzen will. Scheinbar wird ihm der Boden in Europa zu heiß und einige russische Freunde dürften sich gegen ihn gewandt haben. Das alles sind aber nur Vermutungen, niemand hat handfeste Beweise und so kann auch niemand eingreifen.«
»Und da kommt mein Bruder Ryan in das Spiel«, warf Tákis ein.
»So ungefähr. Ich habe nur das Angebot gemacht, über Granats Tochter vielleicht etwas über die Geschäfte von Victor Granat in Erfahrung zu bringen. Von unserem eigentlichen Plan, es der Familie heimzuzahlen, habe ich nichts erwähnt.«
»Ich glaube, ich habe einen Punkt in der Geschichte versäumt. Wieso bist Du Dir so sicher, dass es damals kein Unfall war?«, wollte Despina wissen.
»Weil genau dasselbe noch einmal geschah. Wieder wurden einige Männer angeheuert, um eine große Ladung von Rethymnon zur Villa von Granat zu bringen. Die Männer aus Asteri kamen nie in ihrem Dorf an, einige Tage später fand man einen ausgebrannten Wagen auf einer abgelegenen Straße, unweit des Dorfes.«
»Und nun willst Du über die Tochter dieses Manns herausfinden, was in der Villa vor sich geht und nebenbei einen vermeintlichen Schwerverbrecher hochgehen lassen?«
»So ungefähr, mein wilder Lockenkopf. Wenn Victor Granat Kreta verlässt, wird er niemals zurückkehren und er kommt mit allem durch, was er gemacht hat. Das werden wir nicht zulassen. Er wird dafür bezahlen, was er Tákis, was er meiner zweiten Familie angetan hat.«
Ryans Blick verriet, wie ernst es ihm war.
Kapitel 2
Drei Tage später saßen Despina und Ryan an der Strandbar ‚Porto Paradiso‘, direkt am kleinen Sandstrand von Bali. Die nach allen Seiten offene Bar hatte für sie eine besondere Bedeutung. Es war die Strandbar, in der sich Despina und Tákis das erste Mal über den Weg liefen und ihr gemeinsames Leben begann. Nebenbei war die Bar auch für Ryan und Tákis schon immer ihr liebstes Lokal gewesen. Inzwischen kannten sie den Besitzer Giannis, der seit fast zwanzig Jahren mit seiner Familie und einigen Freunden die Bar führte, sehr gut. Unzählige Nächte hatten sie an der Bar verbracht und nicht immer hatten sie das Lokal nüchtern verlassen.
Von der Frontseite der Strandbar aus konnte man den gesamten Strandabschnitt überblicken, der nur durch eine wenig befahrene Zufahrtsstraße von der Bar getrennt war. Zum ‚Porto Paradiso‘ gehörte auch das angeschlossene Restaurant, welches neben den griechischen Speisen für seine großen und vorzüglichen Pizzen bekannt war. Dort saß man auf gemütlichen Holzstühlen, während die Bar mit Rattansesseln, in die man sich richtig hineinfallen lassen konnte, und niedrigen Tischen ausgestattet war. Es gab auch einige sehr einladende Couches, die Platz für zwei boten. Das Herzstück der Strandbar war die kreisrunde Theke, das Reich von Giannis und seinem Freund Theo. Unter einem Bambusdach standen rund um die mittlere Säule alle möglichen Getränke. Von unterschiedlichen Whiskeys, mehreren Sorten Tequila und jede Menge Schnäpse bis zu Fruchtsäften fand sich alles hier. Rund um die Theke waren unterschiedlichste Dekorationen aufgebaut. Eine hölzerne Schildkröte mit einem Stößel im Maul, mehrere Shaker, ein Skelett auf einem Motorrad und eine Nachbildung des Fußball-Europameister-Pokals, den Griechenland gewonnen hatte, waren nur einige der Dinge. In einer Hängematte ruhte ein riesiger Plüschaffe mit einer überdimensionalen, aufgeblasenen Banane und blickte auf die Massen an Touristen, die den ganzen Sommer über vorbeikamen.
Kaum hatten es sich Despina und Ryan in einem der grünen Rattansessel bequem gemacht, brachte Giannis ihnen beiden je ein großes 'Mythos', das bekannteste, griechische Bier auf Kreta.
Ryan hatte sich von seiner langen Jeans verabschiedet und trug nun knielange Badeshorts. Im Gegensatz zur durchgehend braun gebrannten Despina war Ryans Körper noch recht blass. Despina trug einen sehr stoffarmen Bikini, das dunkelblaue Oberteil verdeckte nahezu nichts. Sie bemerkte Ryans Blicke und lächelte ihn süffisant an.
»Gefallen sie Dir? Wenn Du nicht Tákis bester Freund wärst …«
»Ich weiß, Du und Tákis habt eine sehr …, sagen wir, offene Beziehung. Tákis hat mir einige nette Details geschrieben. Ich muss schon sagen, ich kenne meinen Freund schon so lange, aber Dank Dir, erfahre ich immer neue Seiten an ihm.«
»Wir machen einfach, was uns Spaß macht. Ich glaube, dagegen kann niemand etwas einwenden, oder?«
»Garantiert nicht.« Ryan hob sein gekühltes Glas.
»Auf Tákis, Dich und Eure wirklich einzigartige Beziehung.«
»Das klingt fast, als wärst Du ein klein wenig neidisch, Ryan.«
Ryan antwortete ihr nicht und blickte auf den Strand hinaus. Einige Sekunden später sah er wieder zu Despina.
»Vorerst dreht sich alles um den Plan«, meinte er entschlossen.
Sie stießen mit ihren Biergläsern an und nahmen