Bittersüßer Rakomelo. Joachim Koller
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Читать онлайн книгу Bittersüßer Rakomelo - Joachim Koller страница 5
»Den ersten Schritt macht Tákis gerade am Flughafen, danach werde ich mein Bestes geben. Ein paar Kleinigkeiten werden auch auf Dich zukommen, Lockenkopf.«
»Keine Sorge, ich bin voll und ganz dabei«, versicherte Despina ihm.
Unterdessen hatte Tákis am Flughafen den Mann ausfindig gemacht, der Victor Granats Tochter abholen sollte. Es war einer von Granats Bodyguards, ein russischer Koloss, der trotz der Hitze im Anzug in der Ankunftshalle stand. Tákis sah sich etwas um, unter seinem Arm hielt er eine Tafel mit einem erfundenen Namen. Er selbst war nicht wieder zu erkennen. Er trug Ryans Jeans, ein langes, viel zu großes Hemd, das er bis zum Hals zugeknöpft hatte und eine Krawatte. Seine langen Haare waren rotblond gefärbt, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und eine schwarze Sonnenbrille verdeckte seine Augen. Sogar sein Paracord-Armband hatte er abgelegt.
Scheinbar gelangweilt schlenderte er herum, blickte immer wieder auf die Anzeigetafel und kam dabei dem russischen Mann näher. Die Uhr an der Wand zeigte zwei Minuten vor vierzehn Uhr. Tákis griff in seine Hosentasche und fischte eine kleine längliche Glasphiole heraus, die in seiner Handfläche verschwand. Aus einer Seitentür erschienen mehrere Polizisten mit Spürhunden. Genau wie von Eleni versprochen, bereiteten sich die Drogenspürhunde für ihre routinemäßige Runde vor. Den Männern war anzusehen, dass sie gelangweilt von der Patrouille waren. Bislang hatten ihre Hunde nur bei selbst versteckten Drogenpäckchen Erfolge verzeichnen können. Im Gegensatz zur Drogenabteilung am Hafen war es am Flughafen relativ ruhig.
Tákis machte einen Schritt auf den Bodyguard zu, stand dicht an seinem Rücken und blickte sich noch einmal um. Blitzschnell öffnete er die Phiole, sehr darauf bedacht, nicht mit der Flüssigkeit darin in Kontakt zu kommen. Im Vorbeigehen schüttete er die klare Flüssigkeit auf den Anzug des Mannes. Gleich beim nächsten Mülleimer warf er die Phiole fest verschlossen weg und stellte sich zum Ausgang.
Tákis blickte zwischen dem russischen Mann, der nichts mitbekommen hatte, und der kleinen Hundestaffel hin und her. Plötzlich erkannte er, wie der erste Hund die Witterung aufnahm, gleich darauf der nächste.
»Überraschung!«, flüsterte Tákis triumphierend.
Die Hundeführer reagierten zuerst überrascht, einer fragte, ob es eine Übung sei. Als diese Frage verneint wurde, wurde es hektisch.
Drei Hunde wurden von der Leine gelassen, gleichzeitig zogen die Polizisten ihre Waffen. Alle drei Schäferhunde stürmten auf den Bodyguard zu, der immer noch nichts bemerkte. Erst als der erste Hund ihn ansprang, schreckte er hoch und griff nach dem vierbeinigen Angreifer. Im nächsten Moment biss der zweite Hund in das Bein des Mannes. Er fluchte laut auf Russisch. Durch den Hundeangriff auf die Knie gezwungen sah er sich plötzlich vier bewaffneten Polizisten gegenüber, die ihre Dienstwaffen auf ihn richteten.
»Keine Bewegung, Hände hoch!«, schrien sie ihn an.
Der Mann wusste nicht, wie ihm geschah, und fluchte weiterhin, auch als zwei Männer ihn festhielten und ihm die Hände am Rücken mit Handschellen fixiert wurden. Binnen einer Minute war das Schauspiel vorüber und der russische Bodyguard verschwand in einem der Hinterräume.
Tákis sah erneut zur Anzeigetafel. Das Flugzeug aus Wien mit Maria Granat an Bord würde in zehn Minuten landen.
Bis die ersten Passagiere des Fluges aus Wien mit ihren Koffern erschienen, vergingen noch weitere fünfundzwanzig Minuten. Tákis hatte inzwischen versucht, Despina zu erreichen, die aber nicht ans Telefon ging. Er vermutete, dass sie zusammen mit Ryan im Meer schwamm und damit lag er auch richtig. Sein Schild hatte er inzwischen ausgetauscht, nun stand darauf »Ms. Maria Granat«.
Als Maria die Ankunftshalle betrat, erkannte Tákis sie sofort. Er kannte die Bilder, die Ryan von ihrer Festplatte kopiert hatte.
Die junge Frau sah noch jünger aus, als ihre eigentlich sechsundzwanzig Jahre. Sie trug ihre langen blonden Haare offen und war geschminkt, auffällig aber dennoch nicht übertrieben. Sowohl die weiße eng anliegende Hose als auch ihr blumiges Oberteil schienen wie zugeschnitten zu sein und betonten ihre dünne Figur und ihre, für Tákis Geschmack viel zu kleine, Brust. Ihr makelloses Gesicht und ihre gesamte Ausstrahlung sorgten dafür, dass sich einige Männer in der Halle nach ihr umdrehten und mehr als nur einen schnellen Blick riskierten. An den Finger waren zwei Ringe mit funkelnden Steinen zu erkennen, eine goldene Armbanduhr glänzte auffällig am Handgelenk. Sie sah sich mit ihren graugrünen Augen um und versuchte ein vertrautes Gesicht zu finden. Als sie Tákis und die Tafel mit ihrem Namen sah, spazierte sie auf Stöckelschuhen zu ihm.
»Sie sind mein Chauffeur, der mich zu meinem Vater bringt?«, fragte sie mit heller, bestimmender Tonlage. Ohne auf eine Antwort zu warten, stellte sie die Koffer vor Tákis und musterte ihn leicht herablassend.
Ein reiches, verzogenes Mädchen, genau wie erwartet, dachte Tákis.
»Jawohl Fräulein Granat. Wenn Sie mir bitte folgen würden und ich ihren Koffer tragen darf?«, antwortete er, wie er es die letzten Tage gelernt hatte. Er griff nach ihren beiden großen, sichtlich vollgestopften Koffern und ging voran aus der Halle in Richtung seiner ausgeborgten Limousine. Zu seinem Glück hatten beide Koffer Räder, da sie richtig schwer waren, sogar für einen durchtrainierten, kräftigen Mann wie Tákis. Ohne weitere Worte folgte Maria ihm, ließ sich die Tür aufhalten und setzte sich auf die Rückbank der großen Limousine. Tákis verstaute die Koffer und fuhr sofort los.
Despina und Ryan hatten unterdessen ihren Spaß im Meer. Sie schwammen, redeten und alberten ausgelassen herum. Als Unwissender musste man glauben, dass es sich hier um ein glückliches Pärchen auf Urlaub handelte.
Despina fragte Ryan weiter aus, warum er lieber alleine war, als eine ernsthafte Beziehung zu wagen.
»Du bist doch ein guter Fang, also wo liegt das Problem?«
»Ich genieße einfach meine Freiheit und solange nicht die richtige Frau für mich...«
»Ich glaube, damit suchst Du nur eine Ausrede, um flüchten zu können, wenn es Dir zu ernst wird«, konterte Despina.
»Willst Du jetzt die Psychologin spielen? Das ist eigentlich meine Aufgabe hier.«
Despina blickte auf ihre Uhr.
»Apropos Aufgabe, wir sollten uns auf den Weg machen. Wenn alles wie geplant geklappt hat, sind mein Schatz und diese Maria schon unterwegs.«
Hinter der Strandbar zog sich Ryan bei seinem Mietwagen um. Dass Despina ihm dabei zusah, störte ihn nicht. Als er ihren Blick bemerkte, grinste Ryan sie an.
»Gefällt Dir, was Du siehst?«, fragte er sie spöttisch.
»Ein sehr nettes, gut gebautes Spielzeug. Es wird eindeutig Zeit, dass ich meinen Schatz wieder in die Finger bekomme, ich bin schon sehr …«, sie überlegte, wie das richtige Wort auf Deutsch hieß, »läufig?«
Ryan lachte auf.
»Läufig heißt es eigentlich nur bei Tieren, aber ich weiß schon, was Du meinst, lüsterner Lockenkopf.«
»Neidisch?«
»Um ehrlich zu sein, vielleicht etwas. Es kommt nicht oft vor, dass sich zwei Menschen finden, die so perfekt zusammenpassen, wie Tákis und Du.«
Mit trockener Kleidung am Körper spazierten sie in Richtung des Aparthotels, wo sie in Ryans Zimmer auf Tákis warten wollten.
Tákis