Im Schatten des Deiches. Fee-Christine Aks

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Im Schatten des Deiches - Fee-Christine Aks StrandtGuth

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derselbe sein muss wie der ungehobelte Mensch an der Fähre. Nicht nur, dass er ihr mit seiner Tretmühle beinah die Hacken gebrochen hat; sie erinnert sich dunkel, dass er auch etwas zu ihr gesagt hat. Es hat wie ein Name geklungen, „Nena“ oder „Lena“. Was er wohl damit gemeint hat?

      Gedankenverloren nimmt sie einen Schluck blumig duftenden Tee, der durch den Zucker jedoch unerträglich süß geworden ist. Rasch kippt sie einen guten Schluck davon in den Ausfluss und schenkt ungesüßten Tee nach.

      Ihr Blick fällt auf das moderne Smartphone, das mit totem Display neben der leeren Obstschale auf dem Küchentisch liegt. Sie hat vergessen die Jungs zu fragen, ob sie ein passendes Ladegerät haben. Am besten wird es sein, wenn sie gleich nachdem sie den Tee ausgetrunken hat, einen kurzen Besuch in der Ferienwohnung der beiden macht und nachfragt. Die ehemalige Signalstation wird ja so schwer nicht zu finden sein.

      ‚Außerdem wollte ich sowieso mal zum Strand runterschauen‘, ergänzt sie in Gedanken und mit Nachdruck. ‚Solange der Wind heute noch nicht so stark ist.‘ Aktuell muss es etwa Windstärke Sieben sein, eine gute Gelegenheit für einen kurzen Spaziergang bevor der Wind, laut Zeitung erst am Nachmittag, wieder auffrischen und erneut Geschwindigkeiten um die neunzig Stundenkilometer erreichen soll.

      *****

      Frauenlogik

       Der Wind frischte auf, als der Mann auf die einsame Strandpromenade einbog. Er wandte sich aus Gewohnheit nach links, um am Kurpark entlang in Richtung Südstrand zu gehen. Doch auf Höhe des Gezeitenlandes entschied er sich anders und betrat den Kurpark, genau wie an jenem Abend.

       Hier im Schatten des Deiches war das Vorankommen einfacher, da der Wind über ihn hinwegblies. Weit und breit war kein lebendes Wesen zu sehen, nicht einmal eines der zahlreichen Kaninchen, die den Deich untergruben. Der Weg lag wie ausgestorben vor ihm, kein Grund zur Sorge.

       Erst als er sich der besagten Stelle näherte und das Grün des Streusalzbehälters am Wegesrand aufblitzen sah, bemerkte er, was sich hier verändert hatte. Rings um das Grün des Behälters und die umliegenden Büsche am Fuße des Deiches war orange-weiß gestreiftes Absperrband gespannt, das im abgeschwächten Wind leise flatterte.

       Mit so etwas wie Kreide waren verwischte weiße Markierungen auf den Weg gemalt, der auf der Deichseite mit einer wetterfesten Abdeckplane bedeckt war. Grobes graues Klebeband hielt sie an den Pflastersteinen fest.

      „Guten Morgen“, wurde der Mann plötzlich von hinten angesprochen. „Bitte gehen Sie weiter und halten Sie ausreichend Sicherheitsabstand. Hier muss der Deich befestigt werden.“

       Der Mann nickte Juki Akkermann, der in seiner rotblauen Feuerwehrjacke mit einem dicken Sandsack über der Schulter herangekommen war, gleichmütig zu und ging wie befohlen weiter. Direkt vor der besagten Stelle sah er drei weitere Männer aus dem Gebüsch auftauchen: Dachdeckermeister Steven Byl mitsamt seinem Lehrling Jaan Osterhuis und Polizeihauptmeister Claas Berends, der mit einem Kopfschütteln leise „unerklärlich“ murmelte.

       Sie alle nickten dem Mann freundlich zu und sahen dann zu, wie Juki Akkermann den Sandsack am Streusalzbehälter ablud. Der Mann ging langsam weiter und bemerkte erstaunt, dass auf dem für gewöhnlich verlassenen Weg an diesem Sonntagmorgen viel Betrieb war.

      Jukis Vater Claas kam mit einer Sackkarre heran, auf der sich weitere Sandsäcke stapelten. Ihm folgte Polizeimeister Raake, der sich leise mit seiner Schwester, der Chefredakteurin der Borkumer Zeitung, unterhielt.

       Weiter unten auf dem Weg kamen dem Mann noch fünf weitere Personen entgegen: Pastor Teese von der reformierten Kirche, der krummbeinige Gus Terling mit seinem Friesennerz und der für ihn typischen abgetragenen Kapitänsmütze, der alte Polizeihauptmeister a.D. Edwin Berends, der Junge von Metzgermeister Henry Bakker und der rüstige Jannes Moog, der vor Jahrzehnten in der Signalstation an der Süderstraße seinen Dienst verrichtet hatte.

       Der Mann erwiderte im Vorbeigehen ihren Gruß mit stummem Kopfnicken und ging in unauffälligem Tempo den Weg hinunter bis zur Deichstraße. Dort traf er auf den Jungen Niklas Berends, der soeben die Bäckerei verließ, in der seine Mutter Gitta, die Frau des Polizeihauptmeisters, Tochter von Claas und Enkelin vom alten Werner Akkermann, hinter dem Verkaufstresen stand und eifrig mit ihren Kunden schnackte.

       Eigentlich wollte der Mann an ‚Haus Brotzeit‘ vorbeigehen und nebenan die Tür zur Werkstatt aufschließen, um im Anbau unter seinem sportlichen Firmenschild die neu eingetroffene Ware auszupacken; aber dann siegte doch seine Neugier.

       Kurz entschlossen betrat der Mann die Bäckerei, stellte sich in die kurze Warteschlange und hörte mit gespitzten Ohren, aber nach außen hin uninteressierter Miene dem Gespräch zu, das Gitta Berends mit der rundlichen Frau Raake am Anfang der Schlange führte, während die restlichen drei Frauen mit Einkaufskorb am Arm aufmerksam zuhörten.

      „Sie hat nicht leiden müssen“, sagte Frau Raake gerade. „Gerrit meint, sie war sofort tot.“

      „Hat Janny sie untersucht?“ fragte eine ältere Frau aus der Schlange, die der Mann als Jannes Moogs Frau Tilde erkannte. „Hat er was herausgefunden, wie es passieren konnte? Margit ist doch bei Sturm nie auf die Promenade raus gegangen, sondern hat ihren Spaziergang nur durch den Kurpark gemacht. Wie soll sie sich da so schlimm verletzt haben?“

      „Dazu hat Gerrit nichts gesagt“, antwortete Frau Raake, während sie mit einem Kopfnicken das geschnittene Lotsenbrot von Gitta Berends entgegen nahm, die augenblicklich ergänzte: „Es muss irgendwo etwas Schweres heruntergefallen sein, denke ich. Claas hat da sowas angedeutet. Vielleicht vom Kletterpark.“

      „Bestimmt nicht!“ widersprach eine jüngere Frau vehement, die der Mann auf den zweiten Blick als Anni Freese von der Kurverwaltung erkannte. „Da haben Juki, Steven und Jaan Osterhuis erst am Dienstag nach dem Rechten gesehen. Da ist alles sturmfest.“

      „Hätte mich auch sehr gewundert“, sagte Frau Raake mit einem Lächeln in Anni Freeses Richtung, „so gewissenhaft wie dein Juki arbeitet…“

      „Nun, was ich nicht verstehe, Heimke“, wandte sich Gitta Berends an die Tierärztin Duur, die hinter Frau Raake in der Schlange stand, „wie konnte der Hund so schlimm verletzt werden?“

      „Das ist eine gute Frage“, antwortete die Mittvierzigerin nachdenklich, während Frau Raake ihren Einkauf bezahlte und einen Schritt zur Seite trat. „Ein halbes Lotsen, bitte. Und einen Stuten ohne alles. Es sieht so aus, als ob Pelle mit etwas Hartem geschlagen wurde. Der Schädelknochen ist angebrochen und er hat eine furchtbare Fleischwunde hinterm linken Ohr gehabt.“

      „Der arme Dackel!“ kam es im Chor von den Frauen, was der Mann tonlos mit formte, um nicht durch seine unbeteiligte Distanz aufzufallen.

      „Danke, Gitta, das wäre alles“, sagte die Tierärztin, legte Geld auf die Theke und trat zur Seite, um Anni Freese Platz zu machen.

       Während diese ihre Bestellung aufgab und Tilde Moog „wer macht denn nur sowas?“ murmelte, schob sich der Mann langsam vorwärts und bemühte sich um einen betroffenen, mitleidenden Gesichtsausdruck. Gerade als Anni Freese fertig war und sich zur Tür wandte, sagte Gitta Berends klar und deutlich:

      „Also, wenn ihr

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