Für Freiheit, Lincoln und Lee. Michael Schenk

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Für Freiheit, Lincoln und Lee - Michael Schenk

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keine ausgesprochenen Reittiere, die sie hinter der Böschung an einen Strauch gebunden hatten. Aber selbst diese Arbeitspferde, die es gewohnt waren, einen Wagen zu ziehen, waren weit schneller, als die Soldaten des Preußenkönigs den Brüdern folgen konnten. Diese würden zudem nur kurz rasten und wussten, dass die Soldaten in der Nacht kampierten. Das gab den Verfolgten die Zeit, um Wiesbaden zu erreichen und dem Hauptmann Wenzel noch ausreichend Gelegenheit, die Verteidigung zu organisieren.

      Sie ritten vom Taunus herunter, über das Nerotal nach Wiesbaden. Nicht weit von der Trompetereiche entfernt. Eigentlich hätte sie Postillioneiche heißen müssen. Einst war hier die Postkutsche von einer Räuberbande überfallen worden. Der Postillon hatte noch einmal in sein Posthorn blasen können. Die Räuber waren noch mit Plündern beschäftigt, als man sie erwischte und dann kurzerhand an die große Eiche hing. So sagte man jedenfalls. Den Brüdern gefielen die Geschichten, in denen man die Bösen einfach aufhing. Die Eiche ließ Karl allerdings mit Schaudern daran denken, dass der König mit ihnen auch nicht viel Federlesen machen würde. Doch der Wenzel war schlau. Er war Abgeordneter in Frankfurt gewesen, bevor die Nationalversammlung verlegt wurde und sich dann größtenteils auflöste. Er würde sicherlich einen Weg finden, um Zugeständnisse von den Königlichen zu erhalten.

      Sie kamen am frühen Morgen über die Taunusstraße herein und folgten ihr zum Kochbrunnenplatz.

      „Gott sei´s gedankt“, murmelte Karl erleichtert, als er sich vom Pferd gleiten ließ. Stöhnend rieb er sich den verlängerten Rücken.

      Hans grinste unverhohlen. „Bist doch nicht so fürs Pferd geboren, wie?“

      „Du hast gut reden.“ Karl sah sich um und blickte auf zwei Männer der Kompagnie, die in der Nähe des Brunnens standen. Dunst stieg aus dem Brunnenbecken auf. „Wisst ihr wo der Hauptmann steckt?“

      „Im Schloss oder im Rathaus“, erwiderte einer der Männer. „Habt ihr die Preußen gesehen?“

      Die beiden Männer der Freischärlerkompagnie wirkten nervös. Die Brüder konnten es ihnen nicht verdenken.

      „Gegen Mittag müssten sie da sein.“ Friedrich nahm die Zügel der Pferde und wartete bis seine Brüder getrunken hatten, dann wechselte er mit ihnen.

      „Dann werden wohl bald die Preußen hier saufen“, stellte einer der Männer fest. Er blickte begierig auf die Pferde und man konnte ahnen, was ihm und seinem Kameraden wohl durch den Kopf ging. Sie alle wussten, dass die Sache verloren war. Gegen die Kriegsmaschinerie des preußischen Königs kamen sie nicht an.

      Karl Baumgart schob den Zweispitz in den Nacken. Ein Stück geradeaus ging es zum königlichen Theater und dem Kurhaus. Wiesbaden war die Stadt der heißen und kalten Quellen. Über zwanzig gab es und schon die Römer hatten diese zu schätzen gewusst. Doch die Brüder mussten rechts hinunter, zum Rathausplatz. Sie tränkten die Pferde und saßen erneut auf. Karl glaubte, jeden Knochen in sich zu spüren und ein paar zusätzliche, die vorher noch nicht da gewesen waren. Er unterdrückte ein schmerzerfülltes Stöhnen als sie anritten und fragte sich, wie Friedrich und Hans die ungewohnte Tortur aushielten.

      Nach ein paar Minuten kamen sie auf dem Rathausplatz an.

      Karl war es, dem es als erstem auffiel. „Die Fahne. Sie ist weg.“

      Seine beiden Brüder blickten auf zu dem Eckbalkon des Rathauses. Die Stange war leer. Das schwarz-rot-goldene Tuch, das dort gehangen hatte und auf dessen Streifen die Worte Einigkeit, Recht und Freiheit gestanden hatten, war verschwunden. Der kopfsteingepflasterte Platz wirkte merkwürdig leer. Auch vor dem alten königlichen Schloss standen keine Männer der Kompagnie. An zwei der Straßen waren Barrikaden aufgebaut. Ein paar umgestürzte Wagen, Möbel und Pflastersteine. Doch die Hindernisse waren nicht bemannt. Sie stiegen von den Pferden und schlangen die Zügel um den Holm eines umgestürzten Heuwagens.

      „Verschwindet.“

      Die drei Baumgarts wandten sich um. Über ihnen hatte sich ein Fenster geöffnet und eine Frau sah zu ihnen herunter, winkte eifrig mit der Hand. „Nun verschwindet schon. Geht heim. Es ist vorbei. Wollt ihr, dass wir Scherereien mit den Preußen bekommen?“

      Karl sah die Frau mit offenem Mund an, bis Friedrich ihn am Ärmel packte. „Komm schon, der Wenzel wird wissen, was los ist.“

      Ihre Schritte klangen seltsam hohl auf den breiten Stufen, die zwischen den Säulen hindurch ins Rathaus führten. Sie traten durch die massive Doppelflügeltür. Hier waren Männer zu sehen und es herrschte Unruhe.

      „Wo ist der Wenzel?“, fragte Karl erregt. „Die Königstruppen kommen von Weilburg herunter.“

      Einer der Männer blickte kurz auf. Er war dabei, Papiere auf ein kleines Feuer zu werfen. „Der Wenzel? Hinten.“

      Der Mann beachtete sie nicht weiter. Die drei Brüder gingen an ihm vorbei zu einem der hinteren Zimmer, in dem sie einst, bei ihrer Anwerbung zur Kompagnie, den Hauptmann kennengelernt hatten.

      „Herr Hauptmann?“

      Wenzel blickte hinter seinem massiven Schreibtisch auf. Er wirkte müde. Dunkle Ringe waren um seine Augen. Friedrich fiel auf, das die schwarz-rot-goldene Schärpe, die der Hauptmann stets getragen hatte, fehlte. „Ah, ihr seid es. Ich dachte, ihr seid heim und packt.“

      „Heim?“ Karl schob sich an Friedrich vorbei. „Wieso heim? Die Truppen kommen das Nerotal herunter. Wir müssen die Barrikaden besetzen. Wir müssen die Soldaten beschwören, uns brüderlich im Kampf um die Freiheit beizustehen. Wie die Badischen, die den Großherzog vertrieben haben.“

      Wenzel lachte leise auf. Es klang resigniert. „Wie die Badischen, ja. Sie haben sich ergeben, die Badischen. Rastatt ist gefallen. Die Königlichen haben es eingenommen und unsere Leute gefangen.“

      „Rastatt ist gefallen?“ Die drei Brüder sahen sich betroffen an. Es traf sie wie ein Schock. Die badischen Soldaten in Rastatt hatten sich mit der Demokratiebewegung solidarisiert. So wie auch andere. Soldaten und Freischärlerscharen hatten sich erhoben, um gegen die Bundestruppen von König Friedrich Wilhelm IV. zu kämpfen. Und jetzt war die Festung Rastatt von den Truppen jenes Königs genommen worden?

      „Was ist mit unseren Leuten?“, fragte Friedrich bedächtig.

      „Man sagt, dass 19 hingerichtet worden seien.“ Wenzel zuckte die Achseln. „Geht nach Hause. Es ist vorbei. Und haltet euch zurück. Man wird jetzt nach den Rädelsführern suchen und nach jenen, die mitgemacht haben. Die Adligen werden nicht zulassen, dass es nochmals eine Erhebung gibt. Wenn es zu arg wird, geht in die Republik. Viele sind schon dort. Oder nach Amerika.“

      „Amerika?“

      Wenzel nickte. „Der Lenz soll schon rüber sein. Aber man sagt ja viel. Hierzubleiben ist gefährlich. Gerade für euch. Ihr wart in Frankfurt dabei.“

      Die Barrikaden in Frankfurt. Die Kämpfe. Die drei konnten sich noch gut daran erinnern. Sie hatten aber nicht geschossen oder überhaupt gekämpft. Sie waren gar nicht dazu gekommen, waren viel zu sehr mit Laufen beschäftigt gewesen. Aber man hatte sie erkannt. Der Sohn vom alten Haldemann, dem Köhler. Der hatte sie angeschwärzt.

      „Und wenn wir heimgehen?“

      „Als sei nichts geschehen?“ Wenzel lachte auf. „Ich lasse alle Papiere verbrennen, damit die Bundestruppen die Listen nicht finden. Aber es gibt genug Leute, welche die unseren denunzieren werden. Für Geld, für Brot, fürs Überleben.“

      „Das

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